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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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den Festplatten der Zelle, die Kriminaltechniker später finden, liegen Bilder der schwangeren Susann E. neben Fotos der erbeuteten Heckler-&-Koch-Pistole, die das Trio Michele Kiesewetter abgenommen hatte – die Fotos der Dienstwaffe tauchen auch in dem «Paulchen Panther»-Bekennervideo auf.
    Mit den Tarnidentitäten «Susann E.» und «André E.» werden Campingplätze für das Trio gemietet, DVDs in einer Zwickauer Videothek ausgeliehen und seit 2005 jährlich BahnCards beantragt. Die letzte Bahn-Rabattkarte, die auf den Namen «André E.» ausgestellt und am 4. November 2011 im ausgebrannten Wohnmobil in Eisenach gefunden wird, gilt bis zum 24. Juni 2012.

    Wenn Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nachmittags gegen 17 Uhr nach Hause kommen, gehen sie zügig die knarzenden Holzstufen ins erste Obergeschoss hinauf und verschwinden in der Wohnung.
    Die Abendstunden scheinen sie größtenteils vor Bildschirmen zu verbringen, jeder in seinem eigenen Raum. Beate Zschäpe bringt den Männern immer mal Thriller- und Horrorfilme aus der Videothek mit, sie hören Musik bei Last.fm im Internet und versenden SMS-Nachrichten über free-sms.de. Viel Zeit verbringen die Männer in virtuellen Welten. Auf dem Rechner von Beate Zschäpe ist das Computerspiel «Wer wird Millionär?» installiert. Von zehn Personen sind auf der Festplatte die Spielstände gespeichert – wahrscheinlich alles Gegner, die über das Internet gegen Zschäpe spielten. Unter den zehn Mitspielern befinden sich aber auch die Namen «Max» und «Gerri Mat», also Mundlos und Böhnhardt.
    Die Männer spielen aber nicht nur Wissensspiele. Uwe Böhnhardt ist begeisterter Actionspieler, er verbringt viel Zeit in der Online-Version von «World of Warcraft». Insgesamt ist er dort 36 Stunden eingeloggt, und seine Charaktere haben die höchste Spielstufe erreicht – das schaffen nur Spieler, die viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen.
    Auch Uwe Mundlos war stundenlang in virtuellen Welten unterwegs, bevorzugte aber Strategiespiele. Das berichtet ein junger Mann aus Koblenz, der sich bis kurz vor Mundlos’ Tod fast täglich mit dem Terroristen zum Spielen im Internet traf. Alles beginnt, als Thomas Westerboer im internen Spiel-Chat einer Kampfsimulation fragt: «Ist jemand hier des Deutschen mächtig?» Nach wenigen Minuten erhält er die Antwort: «Ja, hier!» Der Spieler, der ihm antwortet, hat sich den Nickname «Heatseeker» gegeben. Heatseeker, so wie der Song von AC/DC aus dem Jahr 1988, als Mundlos sich die ersten AC/DC-Vinylplatten gekauft hatte. Heatseeker ist Uwe Mundlos.
    Die beiden Online-Gamer verabreden sich in einem speziellen Chatprogramm, dem Teamspeak. Sie sprechen über ihre Games-Vorlieben und die Spielerfahrung. Thomas Westerboer gehörte einmal zu den zehn besten professionellen «Counter Strike»-Spielern Europas. Das scheint Uwe Mundlos gereizt zu haben. Ab Oktober 2010 verabreden sie sich fast jeden Abend von 19 bis 23:30 Uhr im Teamspeak-Chat. Zusammen spielen sie im Internet Autorennspiele, Zombie-Kampfspiele, Weltraumsimulationen, aber vor allem Kriegsflugzeugsimulatoren gegen andere Teams.
    Mundlos spielt am liebsten «Lock on Modern Air Combat», einen sehr realistischen Kampfflugsimulator. Jeder Spieler wählt sich eine Maschine und bekommt einen Auftrag – etwa den Transport von einem Ort zum anderen. Das andere Team muss versuchen, diesen Auftrag durch den Abschuss der Transportmaschine zu verhindern. Zur Auswahl stehen russische MiG-Jets oder russische SU-Kampfflugzeuge. Mundlos’ Lieblingsflugzeug ist die SU-27, ein Nahkampfjäger.
    «Er war ein perfekter Mitspieler», sagt Thomas Westerboer über Uwe Mundlos, «er hatte bei den Manövern immer die Fähigkeit, taktisch zu denken.» Seinen Gegnern war er stets drei bis vier Schritte voraus. Beide junge Männer sehen sich bei ihren Einsätzen als virtuelle Fliegerstaffel nicht, sie hören sich nur über das Chatprogramm. Obwohl sie fast jeden Tag mehrere Stunden miteinander verbringen, erfährt Westerboer nur sehr langsam etwas über seinen Online-Freund. Nach drei Wochen verrät er seinen Namen «Max», nach vielen Monaten sendet er ein Foto von sich. Nur durch häufiges Nachfragen weiß Westerboer, dass der ruhige Max im Außendienst arbeitet, seine Freundin «Lieschen» heißt, sein Bruder Gerri und dass Max jeden Tag mindestens 70 Kilometer mit dem Fahrrad fährt.
    Für den Sommer 2012 hatte Thomas Westerboer geplant, Max in Zwickau zu besuchen. Eine Einladung dazu hatte er

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