Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
aus seinem Garten mitbringt und sie in der ersten Etage abgibt. Auch Nachbar Werner Prüfer schließt Beate Zschäpe eines Tages im Sommer in sein Herz.
Als er und ein paar Freunde hinter dem Haus sitzen und Bier trinken, kommt Zschäpe überraschend vorbei und spendiert der Runde eine Familienpizza. «In der Folgezeit hat sie sich dann des Öfteren zu uns gesetzt und ist auch in meinen Keller gekommen. Sie hat nie Bier getrunken, meistens Prosecco oder irgendwelchen Schaumwein, den sie selbst mitgebracht hat», sagt Prüfer.
Die Männer des Trios gehen nie auf die Stadtteilfeste, Beate Zschäpe schaut hingegen gern vorbei, spendiert ihren Nachbarn auch mal eine Runde Bier und grillt mit ihnen. Mundlos und Böhnhardt bleiben stets im Hintergrund. «Die waren sehr unscheinbar. Alles, was Öffentlichkeitsarbeit war, hat die Frau gemacht. Die Männer waren immer zurückhaltend, haben einem nie direkt in die Augen geschaut, nie gegrüßt», erinnert sich der Nachbar Jörg Bauer aus dem Haus gegenüber.
Durch Partys oder störenden Krach fallen die drei Bewohner nie negativ auf. Nachbar Bauer erinnert sich nur, «dass manchmal die Musik laut war. Das war aber nie lange oder sehr belästigend.» Vielleicht hörten sie dann «Come Over Me» von der finnischen Metallband «Nightwish» – das Lieblingslied von Uwe Böhnhardt im Internetmusikdienst Last.fm. In seinen persönlichen «Top 10»-Charts seines Accounts «Gerri10» finden sich aber auch die deutsche Symphonic-Metal-Band «Krypteria», die Schweizer Gothic-Metaller von «Legenda Aurea», die Gruppe «Amerbian Dawn» und die holländische Metal-Band «Within Temptation». Es ist harte Gitarrenmusik mit einer Note düsterer, nordisch-melancholischer Mystik. Eine zärtliche Frauenstimme streichelt über die lauten Riffs der Metallgitarren. Eines der von Böhnhardt meistgehörten Lieder heißt «Sacrament Of Wilderness».
Doch nicht nur nach außen hin stützt Beate Zschäpe das Terrortrio. Auch auf den Zusammenhalt der drei hat sie entscheidenden Einfluss: «Wir gehen davon aus, dass Frau Zschäpe eine führende Rolle innerhalb des Trios gespielt hat. Sie war eine Art emotionaler Mittelpunkt dieser Gruppe», sagt der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum. «Aus unseren Ermittlungen können wir schließen, dass sie wesentlichen Einfluss hatte zum Beispiel auf die finanziellen Regelungen innerhalb der Gruppe und dass sie aber auch die Ideologie der Gruppe stark vertreten hat.»
«Frau Zschäpe benahm sich den Männern gegenüber wie eine Ehefrau – nur für zwei Männer», sagt Holger G. «Offiziell war sie mit keinem mehr liiert. Mein Eindruck war, dass die drei in einem sehr harmonischen Verhältnis zueinander stehen.»
Tagsüber wäscht Beate Zschäpe die Sachen der drei und hängt sie auf der Leine hinter dem Haus auf. Ein Nachbar sieht Zschäpe zwischendrin öfter am Fenster rauchen, am liebsten kauft sie die Marken «Pall Mall» und «Power Red» vom Discounter Netto. Auch Kochen, Einkäufe und Besorgungen sind die Aufgabengebiete von Beate Zschäpe.
Sie wird Mitglied in einer Videothek des «Deutschen Video Rings», Kundennummer 5273. In den Jahren in der Frühlingsstraße leiht sie für das Trio über 300 Horrorfilme und Thriller, aber auch Komödien und Kinderstreifen aus. Manchmal nehmen die drei Sendungen aus dem Fernsehen auf. Im abgebrannten Haus finden Polizisten eine DVD, auf der handschriftlich der Name einer Fernsehshow vermerkt ist: «Biggest Loser Finale». Das ist eine Abspeck-Spielshow, bei der seit 2009 regelmäßig übergewichtige Menschen ihre Pfunde verlieren sollen. Der Sender kabel eins schaut den Kandidaten dabei zu.
In den Jahren leiht Zschäpe aber auch sechs Computerspiele mit ihrer Videothekenkarte aus: Echtzeit-Strategiespiele, Kriegssimulationen und Ego-Shooter. Wahrscheinlich bringt sie die Games für Mundlos und Böhnhardt mit, die sich gern auf ihrer Nintendo-Konsole duellieren.
Eine besondere Vorliebe hat Beate Zschäpe für Schuhe. Im Asservatenverzeichnis des Bundeskriminalamtes, das auf 141 Seiten fein säuberlich jeden Gegenstand auflistet, den Polizeibeamte im Geröll des ausgebrannten Hauses fanden, führen sie auch 55 Paar Schuhe auf. Viele der Paare in den Größen 37,5 oder 38 scheinen Zschäpe gehört zu haben, darunter: acht Paar dunkelbraune Wildlederstiefel, Damensandalen «Up Fashion», braune adidas-Sportschuhe und ein Paar rosa Hausschuhe mit «Hello Kitty»-Aufdruck.
Oft ist Zschäpe
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