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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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Schocken.
    Heute gehört der Familie Schocken eines der größten Medienunternehmen Israels, das unter anderem die Tageszeitung Haaretz herausgibt. Beim Einzug der neuen Mieter im Frühjahr 2008 erinnert hinter dem Haus in der Frühlingsstraße noch ein Gedenkstein an Simon Schocken.
    Gleich in den ersten Tagen, nachdem die Zelle eingezogen ist, stellt sich Beate Zschäpe bei den Nachbarn im Haus vor. Bevor es Tuscheleien gebe, möchte sie klarstellen, dass einer der beiden Mitbewohner ihr Freund ist und der andere Mann dessen Bruder. Für die 120 Quadratmeter zahlt das Trio 740 Euro Miete im Monat.
    Die Wohnung ist in zwei gleich große Teile getrennt. Für Fremde sind nur der Flur, die Küche, das Wohnzimmer sowie ein kleines Bad zugänglich. Den zweiten Teil der Wohnung mit Schlafzimmer, Sportraum, dem Katzenzimmer und einem zweiten Bad kennen nur wenige Menschen. Im Sportzimmer steht eine Hantelbank, eine Klimmzugstange ist zwischen zwei Wände montiert. An diesen Sportgeräten trainieren die Männer ihren Bizeps und die Bauchmuskeln. Im Katzenraum mit dem Kratzbaum kuschelt Beate Zschäpe mit Lilly und Heidi.
    Der Eingang zu diesem geheimen Teil der Wohnung ist hinter einem Garderobenregal im Flur versteckt.
    Aber auch der öffentliche Bereich der Wohnung verwundert Menschen, die einmal in den Räumen gestanden haben. So wie Ursula Busse aus Zwickau. Die Frau mit dem blond gefärbten Haar und dem weißen Strickpullover ist die Chefin vom «Tiertaxi Zwickau». Zusammen mit ihrem Mann betreut sie Hunde, Katzen und anderes Kleingetier in den Wohnungen ihrer Kunden, wenn diese verreisen.
    Seit Juli 2008 versorgt sie auch die beiden Katzen von Beate Zschäpe, wenn das Trio sechs Wochen auf Fehmarn ist. Täglich fährt Frau Busse dann mit ihrem weißen Kleintiertransporter mit der Aufschrift «Service rund ums Haus» in die Frühlingsstraße, stellt den Katzen Heidi und Lilly zwei Dosen Futter hin und säubert das Katzenklo. Als kleinen Extraservice lüftet sie die Zimmer durch und gießt die Blumen der Kundin. So steht es auf den Abrechnungen, die Beate Zschäpe von Ursula Busse nach jedem Urlaub erhält.
    Die Wohnung des Trios sei spärlich ausgestattet gewesen, zudem hätten die Bewohner die Zimmer mit den Holzfußböden untypisch genutzt, sagt Frau Busse: «In der Stube stand ein Hochbett, und in der Küche befand sich ein silberfarbener, auffallend großer Kühlschrank, der aber leer war.» Da sich in der Wohnung keine persönlichen Gegenstände befanden, konnte sich Busses Mann nie vorstellen, dass dort «jemand richtig wohnt».
    Im Schlafzimmer im geheimen Bereich der Wohnung entdeckt die Polizei 2011 ein Laufband und ein Fahrrad. Unweit davon liegen ein Revolver des Typs Ermawerke EGP 88 und eine Pistole F. B. Radom VIS. Vor dem Raum liegt eine Walther PP. Unmengen an Patronenhülsen, Munitionspackungen, Ladestreifen für Patronen und Schrotpatronen sind überall verstreut. Auch eine Ausgabe des Waffenmagazins «Visier» und CDs der unter Rechtsradikalen beliebten Bands «Bollwerk», «Störkraft», «Rabauken» und «Böhse Onkelz» lagern in diesem Teil der Wohnung.
    Die später dort aufgefundenen Bücher offenbaren einen eher ungewöhnlichen Lesekanon des Trios. Neben Waffentiteln wie «Revolver und Pistolen» oder der «Enzyklopädie der Pistolen und Revolver» stehen auch Bücher von Rechtsradikalen wie «Dritter Burenkrieg» aus dem rechten Verlag «Nation & Europa» im Regal. Dazwischen finden sich das «Grundsatzprogramm der Christlich-Sozialen Union in Bayern» von 2002, das Buch «Volle Deckung, Mr. Bush» des Dokumentarfilmers Michael Moore und «Der Verfassungsschutz. Organisation – Spitzel – Skandale» des Neonazis Claus Nordbruch.

    Fast jeden Tag trainieren die beiden Männer – egal bei welchem Wetter. Nachbarn sehen sie meist nur früh das Haus verlassen und oft mit ihren Mountainbikes in den Wald verschwinden. Die Wanderkarte «Zwickaus Wälder» scheint ihnen bei der Navigation zu helfen. Für die Fahrradtouren benutzen sie ein blaues Cannondale-Mountainbike, ein schwarzes Specialized-Rad, ein rotes Koonga-Mountainbike oder ein silbernes Bulls-Fahrrad, die alle im Keller startbereit stehen.
    Während Mundlos und Böhnhardt trainieren, organisiert Beate Zschäpe das Leben der Zelle. Im Gegensatz zu den Männern kennen viele sie im Viertel, stets stellt sie sich als Susann oder mit ihrem Spitznamen Liese vor. Sie ist so beliebt, dass ihr Nachbar Martin Lehmann immer mal frische Gurken

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