Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
angefüllt, doch du wirst kein Buddha, wenn du seinem Beispiel nicht folgst. Du bist nur dann Buddha, wenn du Buddha praktizierst.
Religion ist kein Konzept, sondern eine Übung.
Die Übung der Religion ist etwas Reales. Sie ist nicht wie eine Anzeige für eine patentierte Medizin, die deren guten Wirkungen übertreibt.
Die Stabilität eines vollständigen Lebens
Sawaki Roshi : Wir üben kein Zazen, um erleuchtet zu werden; wir üben Zazen, um von Erleuchtung in jede mögliche Richtung gezogen zu werden.
Uchiyama Roshi : Sich zu verlieben ist Ekstase, doch die Ehe ist Alltag. Der Alltag kennt verregnete Tage, windige Tage und stürmische Tage. Du kannst also nicht immer glücklich sein. Das gleiche gilt für Zazen. In Japan werden zwei Arten von Zazen übermittelt. Eine versteht Zazen als Ekstase, die andere als Alltag.
Ein Grundkonzept im Buddhismus lautet, dass Subjekt und Objekt eins sind. Die Bedeutung dieses Konzeptes hängt davon ab, ob du das Samadhi des Einsseins als eine psychologische Bedingung der Ekstase ansiehst, die mystisch die Grenzen des „Alltagsbewusstseins“ überschreitet oder ob du dieses Einssein tatsächlich in deinem täglichen Leben praktizierst. Die Anhänger der ersten Sichtweise drücken das Samadhi des Einsseins oft durch Kunst und Literatur aus. Dem empfänglichen Betrachter oder Leser wird ein Blick auf die Ekstase gestattet. Das Zen, das D. T. Suzuki und andere Schreiber der Welt präsentierten, ist von dieser Sorte. Das Zazen, das von Dogen Zenji bis zu Sawaki Roshi weitergegeben wurde, ist das tatsächliche Fundament religiösen Lebens. Es ist die Übung andauernder Aufmerksamkeit mitten in der Verwirrung, ohne an Verwirrung oder Erleuchtung anzuhängen. Wie Shinran sagte: „Obwohl ich überhaupt nicht weiß, ob ich durch nenbutsu [15] in die Hölle oder in den Himmel komme, tue ich es einfach.“ Dies ist das Zazen, bei dem du nicht darüber nachdenken musst, ob du in den Himmel kommst oder erleuchtet wirst. Religiöse Übung ist keine Show und nicht bloß eine Form intellektueller Wertschätzung. Es ist das Selbst, das leidenschaftlich das Selbst zum Selbst macht. Im Leben gibt es verregnete, windige und stürmische Tage, doch was auch passiert, lass dich nieder zum Zazen!
Sawaki Roshi : Das Leben, in dem du von Zazen wütend angestarrt, gescholten, behindert, gezogen wirst und nur mit Tränen in den Augen vorankommst, ist das glücklichste Leben, nicht wahr?
Allzu selbstbewusst sein
Sawaki Roshi : Erwachsene können wegen eines einzigen Wortes ein Riesentamtam machen, weil sie verdreht sind. Babys kümmern sich nicht. Wenn du versuchst, ein Baby zu beschämen, kannst du es nicht. Nur ein Erwachsener kann beschämt oder wütend gemacht werden, weil er andere konfrontiert und von sich selbst hypnotisiert ist. Das mach dir besser mal klar.
Uchiyama Roshi : Auf den ersten Blick schien Sawaki Roshi immer das „große Bild“ zu sehen und von kleinen Dingen nicht berührt zu werden. Auf der anderen Seite war er eine fürsorgliche Person, sein Leben war tadellos. Ich handle immer unvorsichtig, wobei ich krankhaft nervös und wegen allem ängstlich bin. Inmitten einer feierlichen Zeremonie bin ich mir besonders meiner selbst bewusst und so verwirrt, dass ich große Unordnung veranstalte. Danach fühle ich mich beschämt und voller Reue. Doch seit meiner Kindheit bin ich so empfindsam, dass ich mich – in einem Akt der Selbstverteidigung – in der Stabilität des „Was immer passiert, ich bin ich“ niederließ. So lange, wie ich daran denke, mein Selbstbild zu erhalten und Scham zu vermeiden, kann ich nicht zur Ruhe kommen. Schüchtern ist schüchtern. Unvorsichtig ist unvorsichtig. Da ist nichts zu machen. Die Stabilität des „Was immer passiert, ich bin ich“ ist Zazen als Religion. Selbst wenn wir nicht gewandt und elegant werden wie ein Experte im Kendo oder ein Meister des Noh oder der Teezeremonie, macht das nichts, oder? Selbst wenn wir wie ein Baby torkeln oder wie ein alter Mann auf dem Lebensweg schleichen – solange wir Zazen üben, ist es okay.
Sawaki Roshi : Zu wissen, dass es nicht möglich ist, beim Buddhawerden zu versagen, ist issaichi (die Weisheit, die die ganze Welt der Phänomene versteht). Der Nachtzug trägt dich weiter, selbst wenn du schläfst.
Ein heiliger Mann
Sawaki Roshi : Einer sagte mal: „Wenn ich deine Vorträge höre, kühlt sich mein Glaube ab.“ Ich versuche den Glauben der Menschen absichtlich abzukühlen, weil
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