Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)

dass es keinen Nutzen in der Zazen-Übung gibt. Ich bin immer noch ein Feigling und bin nie auch nur ein bisschen wie Sawaki Roshi geworden. Ein Veilchen erblüht als ein Veilchen und eine Rose erblüht als Rose. Für ein Veilchen gibt es keinen Grund, Rosenblüten hervorzubringen.

    Sawaki Roshi : Jeder trägt sein eigenes Karma, doch es ist wichtig, dass wir alle von Buddha geführt werden. Shinjin datsuraku (Körper und Geist abwerfen) bedeutet, dass wir unsere Egos wegwerfen, Buddhas Lehre glauben und von Buddha geführt werden.

Momentane Eingebungen

    Sawaki Roshi : Manchmal sieht das Verhalten derselben Person liebenswert, ein anderes Mal schrecklich aus. Am Neujahrstag und Neujahrsabend geht dieselbe Sonne auf und unter.

    Uchiyama Roshi : Wenn ein Mann sich in eine Frau verliebt, sind sogar ihre Makel schön. Was auch immer sie tut, es erscheint ihm liebenswert. Doch nach Beginn der Ehe mit ihr wird er langsam ein paar Aspekten ihres Verhaltens überdrüssig. Er beobachtet sie und denkt: „Nun wird sie das tun und dann das.“ Dann tut sie genau das Erwartete, und er fühlt sich von ihr angeekelt. Seine Sicht von ihr beginnt sich zu ändern und auch ihre Sicht auf ihn. Wenn sie gefühlsmäßig unausgereift sind, wird ihre Beziehung einbrechen. Sie haben all ihre Anziehung während der Flitterwochen aufgebraucht und als Ergebnis ihres selbstsüchtigen Verhaltens werden sie sich – unter Hinweis auf die Unvereinbarkeit ihrer Temperamente – scheiden lassen oder Affären mit anderen haben. Es ist sehr schwierig, nicht nur ein bisschen betört von jemandem zu sein, sondern ihn richtig zu lieben. Romantische Liebe ist Ekstase und Vergiftung, doch die Ehe ist Leben wie auf einer langen Reise. Du musst eine Million Wellen überwinden und aufhalten. Was sind die Million Wellen? Es sind die Wellen in deinem eigenen Geist. Wenn du dich nur treiben lässt und nach momentanen Eingebungen handelst, wirst du schlichtweg versinken.
       Ein religiöses Leben in Zazen zu führen heißt, deinen Geist ständig im Wandel zu sehen und die Festigkeit zu besitzen, nicht zu schwanken. Am Neujahrstag und Neujahrsabend geht keine unterschiedliche Sonne auf und unter. Wenn du mit jemandem im Clinch liegst, solltest du besser erkennen, dass dieser Konflikt nur ein Gedanke ist, dich neu orientieren und einen neuen Tag willkommen heißen.

    Sawaki Roshi : Wenn die Haut auf deinem Kopf zu dick ist, wie die einer Pampelmuse, kannst du gar nichts aufnehmen. Wenn dein Hirn zu schlicht ist, wie das eines Soldaten, kannst du nicht flexibel reagieren. Das Leben muss intensiv und beweglich sein.

Eine Rose ist eine Rose

    Sawaki Roshi : Der Buddha-Weg soll nicht verwässert werden. Er muss bis in deine Knochen deine Rolle werden. Diese Haltung wird samadhi oder shikan genannt. Wir essen nicht, um scheißen zu können. Wir scheißen nicht, um Dünger zu machen. Doch in den letzten Jahren denken die meisten Menschen, dass man in die Oberschule geht, um auf die Uni zu kommen, und in die Uni, um einen guten Job zu kriegen.

    Uchiyama Roshi : Es ist ein großer Fehler zu denken, dass Begeisterung für Erziehung bedeutet, Kinder zu drängen, mit anderen zu wetteifern oder dass es bedeutet, Druck auf sie auszuüben, damit sie eifrig für gute Noten lernen und als Belohnung für ihre Anstrengungen Examen bestehen. Im Falle frühreifer Kinder könnten diese erkennen, dass Wettbewerb dumm ist und das Studieren ganz aufgeben. Im Falle empfindsamer und furchtsamer Kinder könnten diese durch ein solches Verhalten der Eltern entmutigt und neurotisch werden. Kinder, die unter den Daumen ihrer Eltern und Lehrer lernen, sind mehr oder weniger einfach gestrickt. Sie sind wie die Kinder von wilden Tieren.
       Wenn ich Lehrer wäre, würde ich meinen Schülern gern erzählen, dass sie keine guten Noten bekommen und keine angesehene Schule besuchen müssen, dass sie aber das Bestmögliche geben sollten. Es ist natürlich, dass ein Veilchen als Veilchen blüht und eine Rose als Rose. Es gibt keinen Grund, sich mit dem Gedanken abzumühen: „Ich bin wie ein Veilchen, aber ich bin unzufrieden damit, Veilchenblüten zu erzeugen; ich will Rosenblüten haben.“ Wenn ein Veilchen keine Veilchenblüte hervorbringen kann, ist sein Leben verdreht und nicht gut. Wenn du mich fragst, ob du ein Veilchen oder eine Rose bist – ich weiß es nicht. Du musst das nicht entscheiden. Dein Leben besteht aus unbekannten Möglichkeiten. Ich würde meinen Schülern erzählen,