Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
diese Art von Glauben nur Aberglaube ist. Ein anderer sagte einmal: „Obwohl ich deine Reden höre, kann ich keinen Glauben an das entwickeln, was du sagst.“ Das heißt, er war nicht vom Aberglauben unterjocht.
Uchiyama Roshi : Ab und zu lassen Menschen Hunde und Katzen in unserem Tempel zurück. Wir können sie nicht hier behalten und sind gezwungen, sie woanders hinzuschicken. Diese verlassenen Tiere wedeln mit ihren Schwänzen und kuscheln sich an uns, als ob sie uns verführen wollten sie zu behalten. Das ist ein bedauernswerter Anblick. Sie sind so abhängig. Wenn ein Hund einen Besitzer hat und zu einem Spaziergang mitgenommen wird und anderen Hunden begegnet, will er mit ihnen kämpfen. Er wendet sich auch gegen Menschen. Wenn sein Besitzer wütend wird und ihn schlägt, wehrt er sich überhaupt nicht.
Auf die gleiche Art, mit der ein Hund nach einem Herrchen sucht, schauen viele Menschen sich nach einem heiligen Mann um, den sie anbeten können. Solange eine Nachfrage existiert, wird man sie befriedigen. So werden ehrwürdige Priester und heilige Gurus geschaffen. Doch leider nehmen sie für ihre Anhänger lediglich eine Pose ein. Religion ist nicht dazu da, die Bedürfnisse ihrer Gläubigen so zu befriedigen wie ein Herrchen die Bedürfnisse seines Hundes befriedigt. Religion ist für Menschen, die ein Leben in Freiheit und Integrität führen wollen. Im Christentum sagt man, dass ein Gottesdiener, der so groß ist, dass Gott in den Wolken verhüllt wird, ein schlechter Gottesdiener ist.
Sawaki Roshi : Einige religiöse Führer glauben, ihre Anziehungskraft auf Gläubige sei davon abhängig, dass sie sich selbst erhöhen.
Ein spiritueller Lehrer verkündet: „Ich werde mein ganzes Leben enthaltsam leben.“ Es gibt viele Arten von Masken.
Die Verzweiflung einer gewöhnlichen Person
Sawaki Roshi : Eine Religion zu praktizieren bedeutet, über dich selbst zu reflektieren und das eigene Leben kritisch zu untersuchen.
Uchiyama Roshi : Manchmal stelle ich mir vor, wie ich ins Gefängnis geschickt werde. Ich weiß nicht, wie die Gesellschaft in der Zukunft sein wird. Wenn ein Führer wie Hitler, Stalin oder Mao Tse-tung die Kontrolle erlangte, könnte ich ins Gefängnis gesteckt werden, falls die Herrschenden an mir etwas auszusetzen hätten.
Ich lese irgendwo: „Eine Minderheit ins Gefängnis zu stecken heißt, eine Mehrheit in dem Glauben zu wiegen: ‘Ich bin nicht so böse wie sie.’“ Ich zweifle daran, dass nur die Menschen im Gefängnis böse sind. Wenn ich persönlich ernsthaft mein Leben bewerte und mich dem absoluten Licht der Religion aussetze, kann ich mich nicht des Gedankens erwehren, dass ich zweifellos zur Hölle fahren werde wegen meines absurden Verhaltens. Habe ich irgendeine Entschuldigung? Nein! In der absoluten Welt habe ich keinerlei Entschuldigung. In einem Sutra heißt es „Wenn du bereuen willst, sitze richtig (in Zazenhaltung) und sehe die wirkliche Form.“
Ich verzweifle immer wieder an mir selbst. Doch ich mache es mir zur Regel, Zazen zu üben und sage mir, es sei nur die Verzweiflung eines gewöhnlichen Menschen. Könnt ihr sehen, dass Verzweiflung Nahrung für das Absolute ist?
Sawaki Roshi : Das Leben ist voller Widersprüche. Eine Person kritisiert eine andere: „Sieh, was er getan hat“, wo doch das, was jener getan hat, genau das ist, was der Kritiker tun möchte.
Je nüchterner du bist, desto kleiner siehst du dich selbst.
Shikantaza (Nur-Sitzen) ist der höchste Punkt, den ein Mensch erreichen kann.
Zazen und Selbsttäuschung
Sawaki Roshi : Wenn sie mitten in einem Streit sind, können ein Mann und seine Ehefrau nicht erkennen, dass ihr Streit auf ihrer Selbsttäuschung beruht. Wenn sie Zazen üben, werden sie klar verstehen lernen, dass sie sich wegen ihrer Selbsttäuschung streiten.
Uchiyama Roshi : Ich hatte echten Spaß an dem Cartoon von Katsuko Ikari, einem Studenten der Tokio Liberal Arts Universität, der an dem Uni-Cartoon-Wettbewerb der Zeitung Asahi teilnahm. In dem Bild versucht Adam das, was er gegessen hat, auszukotzen, während ihn Eva ängstlich anschaut und sagt: „Adam, ist dieser Apfel immer noch nicht draußen?“
Hätte Sawaki Roshi diesen Cartoon gesehen, hätte er gesagt: „Zazen ist die Haltung, aus der man den Apfel auskotzt.“ Wir sollten es nicht für etwas aus ferner Vergangenheit halten, sondern verstehen, dass wir ständig den Apfel essen und erbrechen, wie zum Beispiel in einem
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