Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
dass sie während der Studiendauer diese Zeit als Studienzeit erblühen lassen sollten, weil dann, wenn sie schlafen, einen Comic lesen oder ihr Mittagessen frühzeitig einnehmen, die Blume ihrer Schulstunden sich nicht öffnet.
Unreinheit und Unfreundlichkeit
Sawaki Roshi : Im Buddhismus ist das Schlimmste zenna , die Unreinheit. Zu prahlen wie der Direktor eines Unternehmens ist Unreinheit. Diese Unreinheit zu reinigen heißt samadhi.
Uchiyama Roshi : Eines Abends im letzten Winter, ein paar Tage vor dem Jahrestag von Sawaki Roshis Tod, kam ein Schüler, der im Antaiji lebte und Mönch werden wollte, zu mir und sagte: „Ein Priester steht vor der Tür.“ Ich ging zum Eingang und sah dort Taiko Furukawa Roshi stehen, den kancho [18] des Myoshinji. Ich sagte: „Das ist sehr freundlich von Ihnen, kommen Sie herein.“ Er antwortete: „Ich habe schon Weihrauch für Sawaki Roshi geopfert; es tut mir sehr leid, aber ich muss nun gehen.“ Beschämt begleitete ich ihn zum Auto.
Furukawa Roshi kam und tröstete Sawaki Roshi, kurz nachdem er sich im Antaiji eingeschlossen hatte. Nach Sawaki Roshis Tod tauchte er wieder auf und brachte zweimal Weihrauch für ihn dar. Das letzte Mal, als er vorbeikam, war ich nicht hier und schrieb dennoch keinen Entschuldigungsbrief an ihn. Antaiji ist ein bescheidener kleiner Tempel, der selten wichtige Besucher empfängt. Als Furukawa Roshi das erste Mal kam, um Sawaki Roshi zu sehen, sagte ich zu ihm: „Ich muss ihnen gestehen, dass wir nicht darauf vorbereitet sind, einen kancho im Antaiji zu empfangen“, doch er kümmerte sich nicht darum. Ich konnte nicht umhin, von seiner fuzenna , seiner Unschuld, überrascht zu sein. Vielleicht war es aufgrund seines Alters (er war über Neunzig). Zugleich war ich von dem Schüler überrascht. Als ich mich beschwerte: „Er ist der kancho vom Myoshinji, das hättest du mir gleich sagen sollen!“, antwortete er unschuldig: „Was ist ein kancho ?“ Irgendwie schien ich der am meisten Beschmutzte zu sein, und darüber war ich sehr traurig.
Im Zen sagt man: „Der hohe Ort sollte als hoher Ort beständig sein, der niedrige Ort als niedriger Ort.“ Wenn jemand zu rein ist, wird er wohl die Ordnung der menschlichen Gesellschaft stören und zu den Menschen rüde sein. Kurz, auch wenn fuzenna (Nicht-Beschmutzung) das Ideal ist, werden wir immer befleckt sein. In der menschlichen Gesellschaft hören wir nie auf, unsere Unreinheiten zu bereuen, stimmt’s?
Sawaki Roshi : Wer keine Unterschiede sieht, ist ein Narr. Diejenigen, die immer Angst vor Unterschieden haben, sind mittelmäßige Leute. [19]
Eine erfundene Geschichte
Sawaki Roshi : Es gibt immer etwas Verklumptes in einem menschlichen Geist. Irgendeinem „Ismus“ zu folgen ist bigott. Wenn du bigott bist, kannst du den Buddha-Dharma nicht sehen, egal von wie nahe du ihn betrachtest.
Ein Gedanke ist nichts als eine erfundene Geschichte. Buddha-Dharma ist alles, bevor wir Geschichten erfinden.
Uchiyama Roshi : Sawaki Roshi bemühte sich sehr, das Buddha-Dharma mit lebendigen, modernen, alltäglichen Ausdrücken zu lehren. Er sagte uns immer: „Dank der boshaften Schüler der Fünften Oberschule von Kumamoto wurde ich kein Priester des buddhistischen Establishments.“ Wenn ich mit jungen Studenten zusammen bin, fangen die an zu gähnen, sobald ich buddhistische Ausdrücke benutze oder Abschnitte aus den buddhistischen Schriften zitiere. Wenn ich so weitermache und ihre Reaktionen verkenne, werden sie sich von mir fernhalten.
Buddhistische Ausdrücke und Zitate aus den buddhistischen Schriften sind nur Aufzählungen von Zeichen, nur die Gedanken anderer Menschen, ausgedrückt mit Worten. Deshalb spüren die Studenten nicht einen Hauch von Leben darin. Der Grund für den Verfall des japanischen Buddhismus ist, dass er nur noch diese starren Formen lehrte. Jeder „Ismus“ oder jede Ideologie ist nur ein starr formalisiertes System von Gedanken, obwohl manche von ihnen nicht so verschlüsselt und stereotypisiert sind wie der Buddhismus in Japan.
Das ursprüngliche Buddha-Dharma ist nichts, was von menschlichem Denken geschaffen wurde. Bevor wir versuchen kreativ zu sein, sollten wir das Selbst entdecken und unsere Handlungen mit Festigkeit verfolgen. Im Buddhismus sagt man: „Klebe nicht einmal am Buddha oder Dharma.“ Buddha-Dharma zu praktizieren heißt, vom Haften an irgendeiner Idee oder einem „Ismus“ frei zu sein und unser Leben frei zu nutzen,
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