Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
werden von bestimmten Zuhörern kritisiert. Sie sagen, meine Reden seien hohl, nicht heilig. Ich stimme ihnen zu, denn ich bin selbst nicht heilig. Buddhas Lehre führt Menschen an den Ort, wo nichts Besonderes ist.
Menschen missverstehen Glauben oft als eine Art Ekstase oder Vergiftung. Es gibt Illusionen und Vergiftungen, die heilig erscheinen. Wahrer Glaube bedeutet, sich von solcher Vergiftung zu erholen.
Uchiyama Roshi : Was ist das Wichtigste im Leben? Viele Menschen werden antworten: „Geld!“ Aber Geld ist nicht das wichtigste für uns. Zuerst kommt Luft; dann Wasser, Temperatur, Licht, Essen und so weiter. Geld steht weiter unten auf der Liste. Weil unser Land mit Luft und Wasser gesegnet ist, vergessen wir Japaner ganz den Wert von Luft und Wasser. Diese Luft und dieses Wasser müssen rein, ohne Geruch oder Geschmack sein. Sie müssen Dinge sein, in denen nichts Besonderes ist. Dieses „nichts Besonderes“ ist so natürlich, dass wir es nicht als das Allerwichtigste im Leben erkennen.
Unser Leben als lebendig und rein zu manifestieren, ohne beschmutzt oder von irgendetwas angezogen oder abgestoßen zu werden, das ist die essentielle Lehre des Buddhismus. Kurz, Buddhas Lehre führt Menschen an den Ort, wo nichts von Bedeutung ist. Eine Existenz, die auf dem Buddha-Dharma beruht, bedeutet zu leben und sich von allen Formen der Vergiftung zu erholen.
Bedingte Sichtweise
Sawaki Roshi : Im Joyuishiki-ron [23] heißt es: „ Naishiki (die Funktion des Geistes, Willens, Bewusstseins) ändert sich und es scheint, als würde das Universum sich zweiteilen.“ Wenn das Bewusstsein auftaucht, scheinen Subjekt („Ich“) und Objekt (die Welt) getrennt zu existieren. Wir machen ein großes Tamtam darum und jagen dem Objekt nach oder flüchten vor ihm. Selbsttäuschung ist ein seltsames Ding.
Uchiyama Roshi : Ich höre Bürofrauen oft sagen: „Das Problem sind nicht die Aufgaben, sondern die menschlichen Beziehungen im Büro.“ Ich vermute, das ist wahr. Die Schwierigkeit der Büroarbeit liegt nicht nur im Ausmaß der Arbeit. Wenn du viel zu tun hast, kannst du damit fertig werden, indem du nachts und an Feiertagen arbeitest. Doch was die menschlichen Beziehungen angeht, so stehen die Menschen, die du nicht leiden kannst, jeden Tag vor deinen Augen, und das kannst du nicht durch Überstunden beseitigen.
Ich denke, es gibt zwei Arten von Menschen, die wir nicht leiden können. Die eine Art ist der Typ Mensch, über den andere sagen: „Ich fühle mich bei dem, was er tut, unwohl, denn er versucht immer, dem Chef zu gefallen.“ Über die andere Art von Mensch sagen die Leute: „Er hasst alles, was ich tue.“ Jedenfalls kommst du jeden Tag mit Menschen in Kontakt, die dich irritieren. Schließlich hältst du es nicht länger aus und bekommst einen Wutausbruch oder du behältst deine chronische Unzufriedenheit für dich und machst dich selbst verrückt. Wenn dich ein Mensch nervt ist das nicht nur, weil er existiert, sondern auch wegen deiner bedingten Sichtweise.
Wenn wir einen guten Appetit haben, zieht uns köstliches Essen an. Wenn wir sexuelle Wünsche hegen, zieht uns das andere Geschlecht an. Mit anderen Worten, nur wenn Appetit und sexuelle Wünsche bestehen, wird die Welt, die ihnen entspricht, vor uns erscheinen. Wenn naishiki (die individuelle Lebenskraft, die „Ich“ genannt wird) auftaucht, wird die Welt, die „Ich“ sehe, gemäß meines bedingten Bewusstseins erscheinen und ich werde bei ihrem Anblick den Objekten, die ich in ihr wahrnehme, folgen oder vor ihnen fliehen.
Die Aktualität
Sawaki Roshi : Wir sagen oft: „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen“ oder „Ich habe es mit meinen eigenen Ohren gehört“, doch diese Augen und Ohren sind nicht zuverlässig. Wir sind alle von unseren Augen, Ohren, Nasen, Zungen, Körpern und Gedanken besessen. Wir reden oft über Glück und Unglück, doch das sind nur vorübergehende Gefühle.
Uchiyama Roshi : Es gab mal einen Studenten, der uns hier besuchte. Er begann mit der Frage, ob ich das Kaisersystem unterstütze. In diesem Moment verstand ich, dass er ein einfach gestrickter Typ war, von rechtem Gedankengut infiziert. Heutzutage gibt es kein richtig oder falsch in Bezug aufs Kaisersystem, doch die Haltung dieses Studenten schien zu sein, dass das Kaisersystem das Grundproblem darstelle und dass nur nachdem er meine Einstellung dazu bestimmt hätte, wir über andere Dinge würden reden können. Das brachte mich
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