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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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erklärte sich aber nicht und erhob auch keine weiteren Einwände. Er seufzte nur laut, als Maylien und ich vom Baum kletterten.

    Über den Graben deutete ich auf den Wachmann, der gemächlich auf dem nächsten Turm der kleinen Festung auf und ab ging. Alle Türme waren bewacht, aber dieser war am weitesten vom Tor entfernt und das schwächste Glied in der Kette der Sicherheitsmaßnahmen.
    »Das ist unsere erste Hürde. Wir kommen nicht über die Außenmauer, ohne uns etwas mit ihm einfallen zu lassen. Du so oder so nicht. Allein könnte ich mich vermutlich an ihm vorbeischleichen, aber wenn ich ein Loch graben soll, das groß genugist, damit du mir folgen kannst, muss er entweder sterben oder ein passendes Schläfchen halten. Das ist dein Besitz und deine Mission, also ist es auch deine Entscheidung.«
    Maylien verzog das Gesicht. »Wozu würdest du unter den gegebenen Umständen raten?«
    »Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Sein Tod wäre einfacher und dauerhafter. Es würde das Risiko ausschalten, dass der Mann erwacht und Alarm schlägt. Auf der anderen Seite wäre es nicht zu verheimlichen. Lassen wir eine Leiche zurück, werden sie wissen, dass jemand einen Wachmann getötet hat. Selbst wenn wir die Leiche wegschaffen, werden sie ziemlich sicher sein, dass jemand den Kerl umgebracht hat. Das Wichtigste ist vielleicht, dass wir ihn, sollte ich ihn töten, auf keinen Fall zurückholen können. Soweit wir es im Augenblick wissen, ist er lediglich schuldig, für deine Schwester zu arbeiten. Er könnte genauso böse sein wie die Folterknechte, die mich in Tien aufgespannt haben. Andererseits könnte er auch einfach ein Junge aus der Gegend sein, der irgendwie seinen Lebensunterhalt verdienen muss.«
    »Und wenn wir ihn schlafen legen?«
    »Das ist erheblich schwerer zu bewerkstelligen, soweit wir keine Magie einsetzen, was uns verraten würde, sollte deine Schwester hier noch so einen unbedeutenden Magier wie Lok stationiert haben. Ich müsste nahe an ihn heran, um ihn mit Opium oder Efik zu betäuben oder ihm vorübergehend die Atemluft abzuschneiden. Alle drei Methoden sind unpräzise. Er könnte sterben oder zu früh wieder aufwachen. Die beste Maßnahme gegen zu frühes Erwachen wäre, ihn zu fesseln, aber das würde uns genauso verraten wie sein Tod, sollte er gefunden werden oder eben zu früh aufwachen. Wir werden unsere Anwesenheit nicht verhehlen können, sollte er gefesselt und geknebelt entdeckt werden. Und selbst wenn nicht, könnte die Fesselung wunde Stellen und andere Spuren hinterlassen. Trotzdemwäre meine erste Wahl, ihn schlafen zu legen und zu fesseln. Ich würde nur ungern jemanden töten, der das vielleicht gar nicht verdient hat.«
    Maylien legte die Stirn in Falten. »Diesen Ort hat meine Schwester noch mehr geheimgehalten als den scheußlichen kleinen Kerker in Tien. Wenn man bedenkt, wozu sie den eingerichtet hat, und die ruchlosen ... Bestrebungen, denen sich meine Schwester in den letzten Jahren zugewendet hat, dann bezweifle ich sehr, dass es hier irgendetwas gibt, das man als unschuldig einstufen könnte. Aber du hast recht, ohne entsprechende Ermittlungen können wir das nicht sicher ausschließen.«
    Einen Moment lang schloss sie die Augen. Dann schlug sie sie wieder auf und drückte den Rücken durch. »Ich bin die rechtmäßige Baronin von Marchon. Dieser Mann dort drüben gehört zu meinen Leuten, auch wenn er derzeit für meine Schwester arbeitet. Er verdient es, dass ich im Zweifelsfalle zu seinen Gunsten entscheide. Wenn du ihn schlafen legen kannst, ohne dabei dein eigenes Leben zu riskieren, dann tu es. Wenn du das nicht kannst ... wenn es irgendeine ernstzunehmende Chance gibt, dass er uns verrät, dann töte ihn.«
    »Warte hier. Ich werfe ein Seil runter, wenn ich mit ihm fertig bin.« Ich glitt an den Rand des Grabens und betrachtete das Wasser.
    Es sah kalt aus und roch irgendwie falsch, schwammig und faulig, obgleich es sauber und klar wirkte. Im Grunde wollte ich nicht schwimmen, aber die Höhe der Mauern in Relation zu der der umstehenden Bäume machte einen Segelsprung unmöglich. Außerdem wäre ich viel schlechter zu erkennen, wenn ich mich schwimmend näherte. Also tastete ich mich an einer Wurzel entlang, um mich leise in das Wasser hinabzulassen. Fahler Mondschein warf meinen Schatten auf die Wasseroberfläche, und Triss gab ein Zischen von sich, ehe er rasch die Gestalt veränderte und die Drachenflügel zwischen mir und dem Wasser

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