Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
um mich gewickelt hatte, griff ich nach dem Schloss.
Der Propellerfisch war eine gute Taverne in einer miesen Gegend. Er lag wenige Straßen von den Docks entfernt an dem Ende des Hafens, der Schmugglersruh genannt wurde, auch wenn niemand diese Gegend offiziell so bezeichnen würde. Jedenfalls nicht an einem Ort, an dem er gehört werden konnte. Aber jeder wusste, was da unten vor sich ging. Der Schattenhafen war einer von drei Gründen, warum der Propellerfisch so gut lief. Der zweite war Manny Dreifinger, der beste Meeresfrüchtekoch der Stadt. Und der letzte war Mannys Boss, Erk Endflott, ein ehemaliger Schattenhauptmann und schwarzer Löhner aus Oen im Magierland – er war ziemlich überstürzt von dort verschwunden, wäre doch die Alternative gewesen, eine Hofsondervorstellung am Galgen des Erzmagiers abzuliefern. Nun führte er den Propellerfisch als eine Art neutrale Zone, ein sicherer Ort oder auch einfach ein Rückzugsgebiet zur Erholung für all die Protagonisten in Tiens Schattengewerbe.
Außerdem war es ein guter Ort, um nach Informationen zu graben. Devins derzeitiger Umgang rückte ihn weit fort aus dem Gesichtsfeld der Art von Bummelanten und gesellschaftlichem Bodensatz, wie er im Greifen zu finden war. Zwar trieb ich mich üblicherweise nicht in den reicheren Kreisen der Schattenwelt herum, aber ich kannte die meisten Gesichter, und ich wusste, wie das Spiel auf dieser Ebene gespielt wurde. Vielleicht noch wichtiger: Ich hatte einen ausreichend guten Ruf als Rückgratlöhner, um ein paar verschlossene Türen zu öffnen.
Bei Sonnenuntergang traf ich am Propellerfisch ein, womit ich der Meute voraus war und Gelegenheit hatte, mir einen kleinen Tisch in einer Ecke des Gastraums zu schnappen. Als die Kellnerin kam, warf ich ihr einen Silberriel zu und sagte ihr, sie möge mir einen Vorrat Kyles mit einem sauberen Glas zu dem Fang des Tages servieren, was immer der auch sein mochte.
Das Lokal füllte sich etwa im gleichen Tempo mit Gästen wie mein Magen mit gepfeffertem Schnapper. Richtig was los war,als ich gerade meinen Teller zur Seite schob und mir das zweite Glas Whiskey aus der kleinen Flasche einschenkte. Ich hatte ihn ungefähr zur Hälfte weggenippt, als ich Erk persönlich entdeckte, wie er sich einen Weg zwischen den Tischen hindurchbahnte, hier winkte, sich dort zu einem kurzen Austausch herabbeugte und sich bei Hinz und Kunz nach dem Fisch erkundigte.
Er war groß, gut trainiert und braun von Kopf bis Fuß, vom Haar über die Haut bis hin zu seiner konservativen und kostspieligen Bekleidung. Am Gürtel trug er ganz offen zwei kleinere Macheten, gekrümmt und schwer – grausam effektive Waffen und an belebten, beengten Orten wie dem Propellerfisch weitaus besser nutzbar als ein Schwert. Als seine Runde durch den Raum ihn erneut an meinem Tisch zum Stehen brachte, war ich einigermaßen verwundert.
»Aral, wie ist es dir ergangen?«, fragte er mit einer Stimme, die hoch genug war, um auch an den nahen Tischen in der Umgebung verstanden zu werden. »Es ist eine Ewigkeit her. So nahe am Hafen habe ich dich nicht oft zu sehen bekommen. Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir geselle? Vielleicht habe ich sogar eine Aufgabe für einen Löhner, die ich dir anbieten kann.«
Ich leimte mir ein Lächeln ins Gesicht und deutete auf den anderen Stuhl, obgleich ich mich überaus unbehaglich dabei fühlte. »Für einen Mann, der Bedarf an einem Löhner hat, habe ich immer Zeit.« Ich wusste, dass Erk über meine Arbeit als Löhner im Bilde war, aber wir hatten nie einen lockeren Umgang gepflegt.
Als er sich setzte, holte er aus irgendeiner Innentasche eine kleine Bronzeglocke heraus und stellte sie mitten auf den Tisch. »Ohrgeläut.«
»Also eine heikle Angelegenheit?« Ich spürte, wie sich Triss, ganz geballte Aufmerksamkeit, fest an meinen Rücken schmiegte.
Die Glocke war ein kostspieliges kleines Stück Dauermagie.Wer immer zufällig aus ein paar Fuß Entfernung zu lauschen versuchte, bekam weiter nichts zu hören als fernes Glockengeläut. Sollte jemand zum Horchen Magie einsetzen, so würde das Geläut ein gutes Stück lauter werden. Möglicherweise sogar ohrenbetäubend laut, jedenfalls, wenn es sich um ein ausreichend kraftvolles Ohrgeläut handelte, was, der magischen Glut nach zu schließen, auf dieses zutreffen dürfte.
»Heikel genug«, antwortete Erk. »Ich muss dich um eine Gefälligkeit bitten.«
Eine meiner Brauen wanderte aufwärts. Gefälligkeiten waren im
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