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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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kamen. Ganz gleich, wie graziös und leichtfüßig sich eine Kreatur auch bewegen mochte, brachte sie tausend und mehr Pfund auf die Waage und hatte Füße aus Stein. Somit zählte lautloses Schleichen sicher nicht zu ihren besonderen Stärken.
    Die Geräusche der Garderunden deuteten darauf hin, dass jenseits der Tür ein kurzer Gang war, einer mit Treppen auf der einen und einigen Türen auf der anderen Seite, die von der Elite kontrolliert werden mussten. Die Türen waren vermutlich magisch gesichert oder mit klappernden Türgriffen gerüstet. Nachdem ich das Geschehen ungefähr eine Stunde verfolgt hatte, beschloss ich, einen Versuch mit der Eckhelle zu riskieren, um mehr zu erfahren. Ich wartete, bis der Steinhund die Tür knapp passiert hatte, und schob das Gerät ein winziges Stück weit unter der Tür durch.
    Ich konnte einen schmalen Streifen Korridor und eine andere Tür ebenso sehen wie die sich entfernenden Kehrseiten eines jungen Eliteleutnants und seines Vertrauten. Als ich den Streifen so weit drehte, wie es der Türspalt zuließ, konnte ich die Schritte der beiden bis zum Fuß einer Treppe verfolgen, wo sie jemandem nach oben zuwinkten – vermutlich einem zweiten Elitesoldaten auf dem nächsthöheren Treppenabsatz. Dann zog ich die Eckhelle schnell zurück, ehe sie sich umdrehen und sie entdecken konnten.
    Neben der Tür drehte ich mich auf den Rücken und wartete, bis die beiden wieder vorübergingen. Die schweren, knirschenden Schritte des Steinhundes kamen näher und näher. Obwohl ich wusste, dass er mich nicht gewittert haben konnte, musste ich schwer daran arbeiten, meinen Herzschlag am Davonrennen zu hindern.
    Bisher war alles glatt gelaufen. Alles lief glatt. Und das würde es auch weiterhin tun. Das wiederholte ich in Gedanken wieder und wieder. Ich glaubte es sogar.
    Genau bis zu dem Moment, in dem der Kopf des steinernen Hundes zwei Fuß über meinem Gesicht durch die Wand brach. Meine Haut brannte vor Kälte, als der Schock mich wie eine Lawine in den Bergen Dalridias überrollte. Jeder Muskel in meinem Körper wurde steif – tief ins Mark gesickerte Reflexe, die von mir verlangten, kreischend aufzuspringen, stritten sich mit dem lebenslangen Training in listigem Verhalten.
    Das Training war es, was mich rettete. Mein Training ebenso wie das von Triss. Statt vor den mächtigen Steinkieferknochen zurückzuzucken oder nach dem Messer zu greifen, um mich zu verteidigen, hielt ich den Atem an und rührte mich nicht. In exakt dem gleichen Moment brach Triss über meiner Haut hervor und erfasste uns beide mit seiner umhüllenden Dunkelheit. Die nächsten paar Augenblicke schienen so lange zu dauern wie mein ganzes Leben bisher. Ich konnte den Steinhund einen oderzwei Fuß über meinem Gesicht herumschnüffeln hören, konnte, wann immer er ausatmete, durch die Schatten, die mich umfingen, seinen kalten, feuchten Atem spüren. Vorsichtig drehte ich den Kopf zur Seite, damit er meinen Atem nicht wahrnehmen konnte.
    So unauffällig ich nur konnte, schob ich eine Hand an das Heft des Auges der Göttin, zog es langsam aus der Scheide an meiner Brust und hielt es für alle Fälle bereit. Wenn ich in Aktion trat, ehe er mich entdeckte, konnte ich dem Steinhund die Klinge vermutlich in den Hals rammen. Das Auge war wie meine Schwerter eine magische Klinge und unter den erreichbaren Waffen die einzige, von der ich zumindest hoffen konnte, dass sie imstande wäre, einen steinernen Hund zu töten.
    Vor meinem geistigen Auge stellte ich mir die Position des Kopfes der Bestie vor, niedriger als in dem Moment, in dem ich ihn durch die rohe Steinoberfläche der Wand hatte stoßen sehen. So wie ein Seehund in der Bucht von Tien aus dem Wasser schießen würde. Meine größte Chance, diese Nacht lebendig zu überstehen, lag darin, sofort zuzuschlagen, ehe er mich entdecken konnte. Aber wenn ich das tat, war die Chance, meine Mission zu vollenden und Ashvik zu töten, zunichtegemacht, einerseits, weil die Elite vorgewarnt wäre, andererseits, weil ich das Auge der Göttin entweiht hätte.
    Das Schnüffeln wurde lauter, als der Hundekopf tiefer sank. Ich umklammerte fest das Heft des Auges. Fester. Hielt inne. Ließ wieder los. Sowohl den Griff um das Messer als auch meine Furcht. Die Göttin hatte mich auf eine Mission entsandt. Tötete ich diesen Hund jetzt, würde ich vielleicht überleben, aber ich würde meinen Auftrag nicht erfüllen können. Hielt ich aber still und überließ mich Namaras Händen, so

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