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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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zerquetschte. Zwischen diesem Kragen und dem Streifen, der meine rechte Hand schützte, blieb von Triss nicht mehr viel übrig, mit dem er noch etwas hätte tun können.
    Wäre dieses Ding nur ein Zehntel so schlau wie stark gewesen, hätten Ashviks Sicherheitsmaßnahmen in dieser Nacht ihren vierten Schwertführer gefordert. Aber kaum hatte es meine Kehle ergriffen, schien es vollends zu vergessen, dass ich dadurch die Linke frei hatte. Ich griff über meine Schulter und zog eines meiner Schwerter – der Wächter wurde dabei über den Boden geschleift, was mit einem Knirschen einherging, das, verglichen mit der Ruhe des bisher nahezu tonlosen Kampfes, entsetzlich laut zu sein schien.
    Während sich die Ränder meiner Wahrnehmung purpurn färbten, als das Ding mir mit den Beinen die Luft aus der Lunge presste, brachte ich das Schwert hoch und hackte ihm den Kopf ab. Drei endlose Herzschläge lang glaubte ich, es würde einfach weiterpressen, aber dann ließ der Druck nach, und es fiel voran und landete auf meiner Brust. Ob die Enthauptung oder die Tugend des Schwertes der Göttin es erledigt hatte, wusste ich nicht zu sagen.
    Was ich mir in diesem Moment mehr als andere wünschte, war, einfach an Ort und Stelle für ein paar Minuten zusammenzubrechen und dann zurück nach Hause zu gehen, zurück zum Tempel. Stattdessen legte ich einen Arm auf eine tote Schulter und drückte das Ding fort, woraufhin es auseinanderfiel wie die verfaulte Strohpuppe eines Kindes.
    »Triss, Licht«, krächzte ich.
    Einen Moment später hielt ich die Diebeslampe in der Hand. Kurz ließ ich den Lichtschein über den Leichnam des Angreifers gleiten – irgendeine Variante der ruhelosen Toten, wie es aussah. Die Leute aus den Kvanas pflegten sich ihrer Gefallenen zu entledigen, indem sie sie auf hohen Plattformen zur Schau stellten. Was die Krähen nicht schnell holen, wird hart und trocknet ein, bis es die Konsistenz von Trockenfleisch bekommt.
    Dieses Ding sah aus, als hätte es sechs Monate auf einem Trockengestell zugebracht. Der allgemeine Zustand des Verfalls kennzeichnete es als einen der Auferstandenen – von manchenLeuten fälschlicherweise Zombies genannt – und als einen teuflisch cleveren Zug von Ashviks Seite. Diese Kreaturen waren nicht nur aus sich heraus gefährlich, sondern trugen überdies einen Fluch mit sich. Ohne den Schutz meiner Göttin, der in ihre Klingen eingelagert war, wäre ich womöglich schon auf dem besten Wege, um dieses Ding zu ersetzen. Schaudernd sprach ich ein rasches Dankesgebet für Namara.
    Gelegentlich sehe ich den Schrecken immer noch in meinen Alpträumen, aber damals packte ich ihn in eine kleine Kiste, wie ich es gelernt hatte. Furcht zu empfinden ist akzeptabel, an ihr festzuhalten eine Torheit. Dann ging ich in die Stube und lauschte an der Tür, um herauszufinden, ob das Licht die Aufmerksamkeit der Elitepatrouille geweckt hatte. Aber es war schnell erloschen, alles war leise abgelaufen, und ich hatte Glück. Niemand näherte sich.
    Ich sah mich zu dem Leichnam um und stellte fest, dass er jetzt aussah, als trocknete er bereits seit zehn Monaten. Ich stellte einen Absatz auf das ungeschützte Ende eines Oberschenkelknochens und verlagerte vorsichtig mein Gewicht. Ein entschiedener Abwassergestank breitete sich aus, als er zu Staub zerfiel, und ich beschloss, den mit Scheiße durchtränkten Auferstandenen aus der Geschichte rauszulassen, sollte ich je dazu kommen, sie jemandem zu erzählen. Vielleicht konnte ich ihn einfach unter dem Oberbegriff magischer Verteidigungsmaßnahmen einstufen und als animierten Bann bezeichnen.
    Aber ich eilte den Dingen langsam voraus. Ich hatte einen Auftrag zu erledigen, also stand ich fünf Minuten später schon wieder in dem verdammten Abort. Nachdem ich nachgesehen hatte, ob die Räucherkerze noch da war – sie war es, Namara sei auch für kleine Gefälligkeiten Dank –, benutzte ich rasch das Loch. Die Begegnung hatte mich recht gewaltsam an meine volle Blase erinnert – Furcht erzielt solch eine Wirkung. Dann stellte ich mich auf den Rand des Abtritts, der hoch genug war,dass ich den Putz unter der Decke auf einer Fläche von mehreren Fuß Durchmesser mit einer magischen Tinktur einreiben konnte.
    Als sich der Putz verflüssigte und auf den Teppich am Boden troff, machte er mehr Lärm, als mir lieb war, aber dagegen konnte ich nichts tun. Außerdem war es immerhin leiser als der verdammte Auferstandene. Als sich genug Putz aufgelöst hatte,

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