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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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Devin auf dumme Ideen bringen könnte, vorausgesetzt, er hatte den Wassertrick nicht längst selbst entdeckt.
    Hinter mir sprudelte das schmutzige Wasser des Kanals durch den langen Spalt, den ich in den Planken hinterlassen hatte, und brachte einen wahrlich ergötzlichen Geruch hervor. Die Entsorgung von Scheiße im Kanal konnte mit empfindlichen Geldstrafen geahndet werden, aber manche Leute hielt auch das nicht davon ab, und anders als im Fluss gab es im Kanal keine stete Strömung, die den ganzen Dreck ins Meer tragen konnte. Ehe ich die Hafenanlage hinter mir hatte, war mein kleines Ruderboot bereits bei den Fischen angekommen. Ich hätte mich deswegen schlechter gefühlt, hätte ich mein kleines Dingi nicht von einer pompösen, vor Reichtum nur so strotzenden Jacht gestohlen, die im Fluss zwischen dem Ismere und dem Palasthügel vor Anker gelegen hatte. Die Eigentümer würden den Verlust sicher verschmerzen können.
    Am Ende des Hafenbeckens hielt ich inne, borgte mir für einen Moment Triss’ Sinne, um über das Ende meiner Nasenspitze hinauszublicken, und sah mich ein zweites Mal um. Außer einem dösenden Wachmann am Tor des Jachthafens und einigen betrunkenen Tagelöhnern, die von den Tavernen nach Hause torkelten, um sich dort viel zu wenig Schlaf zu gönnen, war niemand zu sehen. Es war jetzt kurz nach vier Glocken, und die normalen Säufer waren schon seit Stunden daheim, währenddie Nachtarbeiter von der Schatten- wie von der Sonnenseite sich gerade erst zum Trinken niedergelassen hatten. Damit waren die Straßen überwiegend verlassen, ganz anders als bei Sonnenaufgang, wenn Zehntausende von Menschen sich ins Freie ergießen würden.
    Normalerweise würde diese relative Leere um mich herum es erleichtern, nach Gefahren Ausschau zu halten, aber sollte Devin hier und in Schatten gehüllt sein, so würde ich ihn nicht bemerken, ehe ich über ihn stolperte oder er zuschlug. Stellte er sich geschickt genug an, würde ich überhaupt nichts merken. Im Bewusstsein dieser Tatsache drehte ich das Schwert in der Hand, sodass die Klinge an meinem Arm entlangzeigte, und drückte es an meine Schulter, statt es wieder in die Scheide zu stecken. In diesem Licht würde der dunkle Stahl vor dem grauen Hemd kaum auffallen. Beide verdankten ihre dunkle Farbe dem Saft der Orispflanze.
    Solange niemand mir zu nahe kam oder mich mit einer zu hellen Magierlampe anleuchtete, konnte ich das Schwert in der Hand halten, ohne irgendwelche Passanten zu erschrecken. Irgendwie machte es mir das auch nicht leichter, zu der Gasse hinaufzusteigen. Bisher hatte ich mir noch nie Sorgen darüber machen müssen, dass mir eine andere Klinge auflauern könnte, und der Gedanke gefiel mir nicht sonderlich. Immerhin besaß ich den Anstand, mich zu fragen, ob meine Zielpersonen beim Gedanken an einen unsichtbaren Assassinen, der hinter ihnen her war, auch diese kleine Bleikugel in ihrem Magen gespürt hatten, die ich derzeit fühlte.
    Vermutlich. Ich drückte die Schultern durch und machte mich auf den Weg, schlich leise das halbe Dutzend Steinstufen hinauf, die vom Hafenbecken zu der Gasse führten. Oben wandte ich mich nach rechts und ging zu einer nicht gekennzeichneten Tür, die irgendwie in einer unwahrscheinlich kurzen Mauer zwischen einem Schneider und einem Schuster verkeilt war. Jenseits derTür führte eine Treppe steil hinab zum Katzendank. Die illegale Taverne verbarg sich in einem niedrigen Kellergewölbe und zeichnete sich durch trübes Licht, winzige Tische und Menschen, die lieber nicht erkannt werden wollten, aus.
    Ich machte mir nicht die Mühe, hineinzugehen, sondern ging in sechs Zoll Entfernung an der Tür vorbei, während Triss ein bisschen herumschnüffelte. Als er mir kein Signal gab, wusste ich, dass wir unser Ziel verfehlt hatten, also ging ich weiter bis zu einer kleinen Lücke zwischen zweien der Gebäude an der Straßenfront.
    Als ich hineinschlüpfte, schenkte mir das Scharren einer aufgeschreckt flüchtenden Ratte einen Augenblick der Entspannung, signalisierte sie mir doch, dass sich von ihr abgesehen nichts in der Finsternis verbarg. Nicht einmal ein Finsterling kann dich vor der Nase einer Ratte verstecken. Der Weg, die schmierige, stinkende Gasse hinter der Taverne entlang, führte zum nächsten Fehlschlag. Als ich mich schließlich auf den Weg zum nächsten Gassenklopfer – zwei Blocks vom Hafen entfernt und ein Stück weiter im Norden – machte, kehrte allmählich die Anspannung in Rücken und Schultern

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