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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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westlichen Steilhang des Channaryhügels schmiegte, hielten wir inne. Das aus Sandsteinblöcken bestehende Gebäude, gewidmet Govana, der Göttin der Herden, war weitaus massiver als all die Bauten der Umgebung. Devins Spur hatte oben auf dem kleinen Turm des Tempels überraschend geendet. Wir hatten jedes Dach in Segelsprungdistanz überprüft und nichts anderes gefunden als die Spur, die uns hergeführt hatte.
    »Das ist, als wäre er durch das Dach des Turms aufgestiegen.« Triss flatterte auf den beinahe fugenlos vermauerten Steinen hin und her, schnüffelte und kostete mit der Zunge. Als wir nach unserer ergebnislosen Suche auf den Dächern der Umgebung auf den Turm zurückgekehrt waren, hatte er wieder seine Drachengestalt eingenommen, und ich hatte nicht die Energie, mich mit ihm darüber zu streiten, ob das nun gerade klug war. »Entweder das, oder er ist einfach vom Himmel gefallen.«
    »Wenn das nicht ein unschöner Gedanke ist.« Ich blickte den Steilhang empor. »Und einer, der mir hätte kommen müssen, bevor du etwas gesagt hast.«
    Sieben oder acht alternde, unmoderne große Häuser klammerten sich an den Rand der Klippe, etwa hundertfünfzig Fuß über uns, und das waren nur die, die von unten zu sehen waren und in Anbetracht der Höhe in gemütlicher Segelentfernung lagen. Wahrscheinlich gab es außer Sichtweite noch ein Dutzend weiterer Häuser, die es Devin gestattet hätten, auf den Tempel hinunterzuspringen. Anders als die Häuser rund um den Palast oder das Marchon-Anwesen, wo Edelleute und Handelsherren die ganze Nachbarschaft exklusiv für sich beanspruchten, konnten die großen Häuser auf dem Channaryhügel praktisch jedem gehören.
    Alle vier Hügel von Tien waren im Zuge der über tausendjährigen Existenz der Stadt vom Adel kolonisiert worden. Der Großteil der Adelshäuser, die immer noch in Gebrauch waren, sammelte sich auf dem Palasthügel. An zweiter Stelle, weit abgeschlagen, lag der Sovannhügel, auf dem auch das Haus Marchon stand. Die verlassenen großen Häuser auf dem gleichermaßen verlassenen Kanatheahügel waren vor langer Zeit eingerissen worden, ihre Mauersteine eingebunden in die Straßen und Häuser der Alten Stallungen, des Färberhangs und etlicher anderer Stadtviertel.
    Der Channaryhügel bot hingegen eine recht bunte Mischung. Auf den östlichen Hängen, von denen der Blick auf das Meer und den Hafen hinausführte, gab es einerseits eine erkleckliche Anzahl Adliger, die nicht gar zu tief in die böse Stadt vordringen wollten, andererseits auch bankrotte Stadtedelleute, die sich mit den Fingernägeln an diesen billigsten, großen Häusern Tiens festklammerten. Dagegen erfreuten sich die verbliebenen Häuser am Westhang einer etwas angestaubten Beliebtheit bei jenen, die die soziale Leiter hinaufgeklettert waren und einen Ausblick wie aus einem Palast beanspruchten, aber auch bei Schattenhauptmännern, die sich für einen Teil ihres Gewerbes mit einem Hauch von Legitimität zu umgeben trachteten.
    Kurz gesagt, der Hang war die perfekte Umgebung für eine abtrünnige Klinge auf der Suche nach einem Unterschlupf, vorausgesetzt, sie verfügte über die nötigen Mittel. Da ich wusste, wie viel Geld ich als Löhner hätte einnehmen können, hegte ich keinerlei Zweifel daran, dass das Gewerbe des freischaffenden Assassinen Devin ein bequemes finanzielles Polster verschafft hatte. Es war Zeit, nach dem schnellsten Weg hangaufwärts Ausschau zu halten.
    »Komm, Triss, wir klettern rauf und sehen uns da oben einmal um.«
    »Wir haben nicht genug Zeit, um auch nur ein halbes Dutzend dieser Häuser da oben zu kontrollieren, ehe die Sonne Zass’ Spur verbrennt«, entgegnete Triss mit düsterem Ton.
    »Dann tun wir eben, was wir können, und hoffen, dass wir Glück haben.«
    Wir hatten kein Glück, jedenfalls nicht, soweit es darum ging, Devins Spur zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen. Es gab dort einfach zu viele geeignete Absprungplätze auf zu vielen großen Häusern, als dass wir eine akzeptable Chance gehabt hätten, sie zu überprüfen. Jedes Fenster im dritten Stock, das in Richtung Klippe zeigte, gab einen potentiellen Ausgangspunkt ab. Es hätte schon Stunden gedauert, ein einziges Haus zu kontrollieren, und Tage, sie alle in Augenschein zu nehmen, vermutlich sogar noch länger. Nein, es war nahezu unmöglich, Devins Unterschlupf auf diese Weise zu finden. Andererseits, die Krongardisten zu finden, die Devins Unterschlupf beobachteten ...
    Über die stolperte ich mehr

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