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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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vernebelt.
    In der Annahme, dass ich gut beraten wäre, unbelastet und schnell vorzugehen, ließ ich mein großes Bündel hinter dem Schornstein des Ismere-Clubs. Dort war es einigermaßen sicher, und das Zeug war diesseits der Einrichtung einer neuen Zuflucht sowieso kaum von Bedeutung für mich. Als ich auf den kleinen Balkon der Bibliothek hinaustrat und mich nachlinks wandte, um auf den Fluss hinauszublicken, kam mir ein Gedanke.
    »Triss, könntest du einem Schatten über fließendes Wasser folgen?«
    »Das glaube ich nicht. Zumindest nicht lange. Wasser bindet das ...« Er zischte etwas in seiner eigenen Sprache. »Als wir in sehr stillen Nächten auf der Oberfläche des Sees Fangen gespielt haben, konnten Zass und ich und die anderen Finsterlinge einander mühelos folgen. Aber bei Wind oder auf einem Fluss würde die Bewegung das ...« Zischen »... zu schnell aufbrechen.«
    »Ich hatte gehofft, du würdest so etwas sagen.«
    Der Zien teilte Tien in zwei Teile. Er drang zwischen zweien der Hügel, auf denen die reicheren Wohnviertel beheimatet waren, in die Stadt vor und ließ sie im Hafen hinter sich. In den tieferen Teilen der Stadt breiteten sich etliche Kanäle von dem Knotenpunkt her aus, an dem der Fluss in die Bucht strömte. Ich musste nur ein Dingi stehlen, und schon konnte ich vom Fluss aus in den Channarykanal abbiegen, der mich geradewegs zur Schwelle von Klein-Varya tragen würde. Es würde etwas länger dauern als der Weg über die Schlotstraße, aber nicht sehr viel, und der Vorzug, keine Spur zu hinterlassen, machte die verlorene Zeit mehr als wett.

    »Es fühlt sich seltsam an, wieder nach Efik zu suchen, nach all diesen Jahren«, sagte Triss in einem beinahe ehrfürchtigen Ton. »Es ist beinahe wie in der alten Zeit.«
    »Wir suchen nicht nach Efik. Wir suchen nach Devin. Und jetzt sei still. Wir wollen schließlich nicht, dass jemand mithört, wenn ich mit mir selbst rede und mir mit einer anderen Stimme antworte.«
    Ich streckte mich, rollte mit den Schultern und griff widerstrebend erneut zu den Rudern. Für mich war das eine ungewohnte Übung, und jeder Ruderschlag erinnerte mich gewaltsam an die Wunde, die mir Wiesel auf der Rückseite der Rippen verpasst hatte. Meine übrigen Verletzungen waren auch nicht sehr davon angetan, aber die Rippen brachten mich ernsthaft ins Schwitzen.
    Selbst zu dieser Stunde herrschte auf Fluss und Kanälen eine Menge Verkehr. Bauern brachten früh geerntetes Grünzeug von Südwesten – Pok Choi, Erbsenschoten, Minidaikon ... Fischer schleppten den Spätfang zu den flussaufwärts gelegenen Restaurants und den großen Häusern. Verschiffer transportierten Ladungen, denen sie nicht vertrauten, im Gewühl des Verkehrs. Und natürlich waren da die Schmuggler, die so taten, als gingen sie dieser oder jener rechtmäßigen Arbeit auf dem Wasser nach. Der Regen hatte aufgehört, aber es war immer noch bewölkt und dunkel wie in der Brieftasche eines Geizkragens – perfektes Schmuggelwetter.
    Zweimal auf dem Weg nach Klein-Varya näherten sich mir Zollkutter und ließen den Lichtschein ihrer großen Magierlampen über mein Boot gleiten. Aber da gab es nichts zu sehen außer mir, meinem Schatten und einem kleinen Bündel unter der Ruderbank. Letzteres hätte in einer ruhigen Nacht vielleicht dazu führen können, dass man mich anhielt und durchsuchte, aber nicht heute. Nicht, wenn es so viel größere Beute aufzustöbern gab. Trotzdem war es eine Erleichterung, am Channarykanal in stillere Gewässer davonzuschlüpfen.
    Der Kanal endete am Fuß des Channaryhügels in einer künstlich angelegten Bucht, in der die Edelleute, die oben auf dem Hang wohnten, einen kleinen, aber schmucken Jachthafen unterhielten. Eine schmale Pflasterstraße verlief am westlichen Ufer und kennzeichnete die Grenze zu Klein-Varya, und genau dort befand sich auch der erste Gassenklopfer. Von der Wasseroberfläche aus wirkte das ganze Gebiet so früh am Morgen nahezu verlassen, beinahe trostlos und viel stiller als die Gewässer, die hinter mir lagen.
    Ich ruderte an der Westseite des Kanals ans Ufer, wenige Meter von den Toren des Jachthafens entfernt, wo die Umgebung bereits einen erheblich weniger schmucken Eindruck erweckte. Ich machte mir nicht die Mühe, das Boot zu vertäuen, denn das Letzte, was ich tat, ehe ich ans Ufer hüpfte, war, eine schattenverstärkte Schwertklinge über den Boden meines kleinen Bootes zu ziehen, um es zu versenken. Ich wollte nichts zurücklassen, was

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