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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wenn sie nicht frei war und mit niemandem eine dauerhafte oder ernste Verbindung eingehen durfte. Jaelle hatte ihr Flirten mit der Behauptung gerechtfertigt, ihre Neckereien hätten noch nie einem Mann das Herz gebrochen. Auch das muß ich vermeiden, dachte Magda.
In der Unterkunft, die zu den größten gehörte, hatten die Gardisten, Peter unter ihnen, an einem Ende ein Feuer angezündet, Rohana, ihre Damen, Magda und Jaelle ein zweites am anderen Ende. Wie immer ließ Rohana Peter sagen, er solle sich ihnen anschließen und an ihrer Mahlzeit teilnehmen. Nach dem Essen sah sie zu Peter und Jaelle hin, die dicht beieinander saßen und sich in den Schatten bei den Händen hielten, und sagte zu Magda: »Aus purer Menschlichkeit sollten wir sie ein paar Minuten allein lassen.« Sie hob die Stimme ein bißchen. »Kommt, meine Damen, besuchen wir einmal die Gardisten am anderen Feuer und fragen nach, ob sie mit ihren Rationen zufrieden sind und es bequem haben.«
Rohanas Zofe, eine dicke, sentimentale alte Frau, sah auf dem Weg zu dem zweiten Feuer zurück und bedachte Jaelle mit einem ermutigenden Lächeln. Jaelle merkte, wie sie errötete. Dann vergaß sie die Frau, denn Peter nahm sie zu einem langen, leidenschaftlichen Kuß in die Arme. Dankbar schmiegte sie sich an ihn und segnete Rohana für diese kurzen Augenblicke, die sie mit ihrem Liebsten allein sein konnte. Es würde nicht länger als ein paar Minuten dauern, aber solange es dauerte, gab es ihr Trost in ihrer Unsicherheit…
Endlich ließ er sie los. »Mir ist schwindlig vor Verlangen nach dir. Wenigstens ist die Reise bald vorüber; morgen sind wir in Thendara. Liebst du mich noch, Jaelle?«
Sie sah in sein Gesicht hoch. »Kannst du daran zweifeln?«
»Du gehst mir aus dem Weg.«
»Ich dir? Bestimmt nicht, Liebster«, versicherte sie mit leisem Auflachen. »Du erwartest doch nicht, daß ich in Anwesenheit von einem halben Dutzend Gardisten und sämtlichen Frauen Rohanas mit dir schlafe!«
Ihre Direktheit war ihm peinlich, und er wandte den Blick ab. »Das meine ich nicht«, protestierte er. »Immerhin könnten wir unterwegs öfters zusammen sein. Du könntest neben mir reiten, mehr Zeit in meiner Gesellschaft verbringen! Während dieser ganzen Reise hast du mich behandelt wie jemanden, den du vielleicht beim Tanzunterricht kennengelernt hast, nicht wie deinen Liebhaber!« Er benutzte das Wort in der Form, die der Bedeutung »versprochener Gatte« am nächsten kam. Jaelle drückte ihm die Hand.
»Du bist mein Geliebter«, flüsterte sie, »und bald werden wir soviel zusammen sein, wie du möchtest. Aber ich bin eine Amazone, Piedro. Ich habe dir nur wenig über unsere Vorschriften und Sitten erzählt, aber unter anderem lehrt man uns, daß es nur eine Möglichkeit gibt, wie Frauen mit Männern reisen können, ohne Ärger und Streit hervorzurufen. Sie müssen sich wie menschliche Wesen verhalten, nicht wie Weibchen, deren wichtigste Funktion im Leben ist, Männer anzuziehen, um von ihnen beschützt und versorgt zu werden.«
»Oh, komm, Lady Rohana und ihre Begleiterinnen…«
»Rohana ist die Gattin ihres Lords, ein geheiligtes Pfand, das sie mit ihrem Leben schützen müssen. Und ihre Damen stehen unter ihrem – ihrem besonderen Charisma. Ich dagegen bin eine Amazone und habe auf meinen behüteten Status als Comynara verzichtet. Und ich arbeite mit ihnen; ich habe diese Reise organisiert. Deshalb darf ich vor ihnen nicht wie eine Frau auftreten, die – die frei ist, begehrt zu werden. Kannst du das nicht verstehen?« fragte sie bittend. »Wenn ich viel Zeit mit dir verbrächte, zur Schau trüge, daß ich deine Geliebte bin…« – auch sie benutzte das Wort in der Form, die »versprochene Gattin« bedeutete, und Peter drückte ihre Hand –, »… dann präsentiere ich mich ihnen als Frau. Und sie fangen an, von mir als einer Frau zu denken, und bald wetteifern sie in kleinen Dingen um meine Gunst und meine Aufmerksamkeit und spielen sich vor mir als Männer auf, und schon haben wir Uneinigkeit und schlechte Stimmung. Deshalb muß ich eine von ihnen, ein weiterer Gefährte sein. Sie müssen in meiner Gesellschaft ungezwungen sein, es nicht notwendig haben, ihre Reden auf die Ohren einer Dame abzustimmen, oder sich verpflichtet fühlen, mir die leichteste Arbeit zuzuschanzen.«
Ihre Erklärung enthielt nicht die leiseste Andeutung eines Vorwurfs. Peter erinnerte sich jedoch, daß sie ihn vor ein paar Tagen, als er ihr ungebeten mit einer schweren Last helfen

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