Die Zerbrochene Kette - 6
den
weiten Gebieten Darkovers aufrechterhielten, und die
Technologie der Sieben Domänen studiert.
Sie waren drei gewesen, alle im gleichen Alter: Rohana, Melora und Leonie Hastur, Schwester jenes Lorill
Hastur, der jetzt die Macht hinter dem Thron von Thendara verkörperte. Rohanas Familie hatte darauf bestanden, daß sie heiratete. Nicht ohne Bedauern hatte sie
ihre Arbeit im Turm verlassen und war die Frau des Erben der Domäne Ardais geworden, um die großen Gü
ter zu beaufsichtigen und diesem Clan Söhne und Töchter zu gebären. Leonie war zur Bewahrerin erwählt
worden. Sie, eine Telepathin von überragenden Fähigkeiten, herrschte nun im Turm von Arilinn und kontrollierte alle aktiven Telepathen auf Darkover. Aber Leonie hatte den Preis der Bewahrerin gezahlt; sie hatte auf Liebe und Ehe verzichten müssen und verbrachte ihr ganzes Leben in Abgeschlossenheit und als Jungfrau…
Melora hatte keine freie Wahl gehabt. Jalaks bewaffnete Männer hatten sie ergriffen und als Gefangene in Ketten weggeführt… zu Vergewaltigung und Sklaverei und langem Leiden.
Jaelles kleine Hand berührte leicht die ihre, und das Mädchen sagte: »Verwandte… Ihr seid so bleich…«
Schnell kehrte Rohana in die Wirklichkeit zurück und erklärte sachlich: »Ich habe nichts gegessen. Und bald muß ich deine Mutter wecken und dafür sorgen, daß auch sie etwas zu sich nimmt.« Sie ging mit Jaelle dahin, wo die Amazonen das Essen austeilten. Diesmal mischte Rohana den Wein mit Wasser aus dem Brunnen und fand ihn sauer, aber trinkbar. Kindra ging, um sich die schlafende Melora anzusehen, kehrte zurück und meinte: »Sie braucht die Ruhe notwendiger als Nahrung, Lady; sie kann essen, wenn sie aufwacht.« Zu Jaelle sagte sie: »Du wirst in diesem Nachthemd einen Sonnenbrand bekommen und dich wundreiten, chiya. Gwennis, Leeanne, Devra, ihr seid die Kleinsten, könnt ihr ein paar Sachen für das Mädchen finden?«
Jaelle ließ es zu, daß Rohana ihr das Nachthemd ausund die fremdartigen Kleidungsstücke anzog. Zwar sah sie zögernd zu ihrer Mutter hin, wollte sie aber offenbar nicht stören. Als Rohana die weiten, langen Hosen mit dem Gürtel zusammenzog und die hübschen Stiefel aus gefärbtem Leder zuschnürte, erklärte sie mit zitternder Stimme: »Mir ist immer gesagt worden, es schicke sich nicht für eine Frau, Hosen zu tragen, und – und ich bin doch beinahe alt genug, daß man mich eine Frau nennen könnte.«
»Besser in Hosen als nackt, Jaelle«, bemerkte Rohana kurz.
Camilla sah nach, ob die Stiefel paßten. »Wenn sie zu locker sitzen und Blasen machen, sag es mir, Kind, dann gebe ich dir ein zusätzliches Paar dicke Strümpfe.«
Gwennis fuhr mit der Hand über Jaelles langes, wirres Haar. »Es ist ein Jammer, daß es so verfilzt.«
Jaelles Augen füllten sich mit Tränen. Mit einem Blick auf Rohanas kurzgeschnittenes Haar fragte sie: »Müßt ihr es abschneiden?«
Rohana erklärte fest: »Nein! Laß es mich kämmen und fest einflechten, damit es sich beim Reiten nicht verwirrt.« Jaelle mußte sich hinsetzen, und Rohana begann, das taillenlange, feuerrote Haar zu kämmen. Wieder tat es ihr leid um ihr eigenes, das ihr Stolz, ihr einziger Anspruch auf Schönheit gewesen war. Gabriel wird zornig werden, wenn er sieht, daß man mir das Haar abgesäbelt hat wie einer Amazone. Als antworte sie ihrem Mann, verteidigte sie sich: Es blieb mir nichts anderes übrig, es war um Meloras willen. Doch Jaelles Haar durfte nicht geopfert werden.
Kindra trat zu ihnen. Sie betrachtete Jaelle in den zu großen Kleidungsstücken der Amazonen, bemerkte je doch nichts dazu. Sie zog Rohana beiseite. »Sagt dem Kind nichts davon und stört Eure Verwandte nicht – am Horizont ist eine kleine Staubwolke zu sehen. Wahrscheinlich geht sie uns nichts an – es ist nicht die Richtung nach Shainsa, von wo Verfolger kommen würden. Trotzdem muß ich meine Frauen warnen, und Ihr, Lady, solltet vorbereitet sein.«
»Müssen wir gleich wieder aufbrechen?«
Kindra schüttelte den Kopf. »Nein. Es wäre in der größten Tageshitze unsinnig; wir würden an der Hitze ebenso schmerzhaft sterben wie durch das Schwert eines Trockenstädters. Wir wollen uns zwischen den Felsen verstecken und hoffen, daß diese Staubwolke nichts mit uns oder mit Jalak und seinen Männern zu tun hat. Schlaft, wenn Ihr könnt, Lady, nur bleibt in der Nähe Meloras und der Kleinen.«
»Darf ich mein Brot mitnehmen und es aufessen, bevor ich schlafe?« fragte Jaelle.
»Natürlich«,
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