Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Rohanas forschendem Blick ausgewichen, und Rohana machte sich große Sorgen um sie. Diese Reise war viel zu lang, viel zu anstrengend für jede schwangere Frau.
    Die Sonne ging als große blutfarbene Scheibe unter, und am Horizont sammelten sich die ersten Wolken, die Rohana seit der Überquerung des Flusses bei Carthon gesehen hatte. Kindra, die an der Spitze ritt, hielt an, bis Rohana sie erreicht hatte, und wies auf den purpurnen Sonnenuntergang. »Diese Wolken hängen über Carthon, und hinter Carthon sind wir wieder in den Domänen. Wenn Jalak so weit käme, müßte er mit einer Armee kommen. Dort liegt die Sicherheit. Wie geht es Lady Melora?«
    »Nicht gut, fürchte ich«, antwortete Rohana ernst.
    Kindra nickte.
»Um ihretwillen werde ich froh sein, wenn wir den
Fluß überquert haben und mit einer Geschwindigkeit
reisen können, die ihrem Zustand besser Rechnung
trägt. Es widerstrebt mir, so zur Eile zu drängen, aber in
diesem Land sind wir alle ständig in Gefahr.«
»Ich weiß«, sagte Rohana, »und ich bin überzeugt,
Melora versteht es. Sie kennt die Gefahren, die Frauen
aus den Domänen hier im Trockenland drohen, besser
als wir.«
Kindra zeigte auf einen der großen schwarzen Felsen,
die wie zerklüftete Zähne vor dem Horizont aufragten.
»Dort werden wir lagern und, wenn die Göttin uns gnä
dig ist, warmes Essen kochen und vielleicht sogar den
Staub von unsern Gesichtern waschen können.« »Kennt Ihr jedes Wasserloch in diesem Gebiet, Kindra?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich bin zuvor noch nie
hiergewesen, aber ich sehe die kyorebni kreisen, wie sie
es nur über Wasser tun. Und vielleicht setzen wir morgen noch vor Mittag über den Fluß und sind sicher in
Carthon.« Sie verzog das Gesicht. »Ich lechze nach heißem gebratenem Fleisch und guter warmer Suppe anstelle dieses endlosen Breis mit Trockenfleisch und nach
frischem Brot anstelle des Reisezwiebacks.«
»Ich auch«, gestand Rohana, »und ich garantiere für
die beste Mahlzeit, die in der besten Garküche von Carthon zu bekommen ist!«
Kindra blickte zurück und meinte bedächtig: »Betet
zu Eurer Göttin, Lady, daß domna Melora imstande ist,
diese Mahlzeit zu genießen. Reitet zurück zu ihr, Lady
Rohana, und sagt ihr, daß wir ein kleines Stück weiter
unser Lager aufschlagen werden. Sie macht den Eindruck, als könne sie jeden Augenblick aus dem Sattel
fallen.« Kindras Gesicht sah in der zunehmenden Dunkelheit sehr besorgt aus.
Melora ritt neben der Dicken Rima. Als Rohana nä
her kam, sagte die Amazone mit gedämpfter Stimme:
»Kümmert Euch um Eure Verwandte, Lady. Nein, sie
hat sich nicht beklagt, aber ich habe mein Brot eine Zeitlang als Hebamme im Seenland verdient, und ihr Aussehen gefällt mir gar nicht.«
Es ist gut, zu wissen, daß wir eine Hebamme unter uns
haben. Rohana lenkte ihr Pferd neben das von Melora.
Melora hob langsam und müde den Kopf, und ihr Aussehen entsetzte Rohana. Ihr Gesicht war gedunsen und
bleich, sogar die Lippen waren farblos. Sie versuchte,
Rohana zuzulächeln, brachte es jedoch nicht ganz fertig.
Ihr Gesicht verkrampfte sich plötzlich vor Schmerz, und
Rohana erkannte sofort, was ihre Verwandte hatte verbergen wollen.
»Breda, die Wehen haben eingesetzt!«
»Vor ein paar Stunden leider schon«, antwortete Melora kleinlaut. »Ich hatte gehofft, wir könnten einen Lagerplatz in der Nähe einer Wasserstelle erreichen. Ich
habe großen Durst, Rohana.« Es war die erste Andeutung einer Beschwerde, die Rohana von ihr hörte. Sie beugte sich hinüber und ergriff Meloras Hände.
»Wir sind einer Wasserstelle sehr nahe, Liebes. Kannst
du noch ein kleines Stückchen reiten, nur noch ein paar
hundert Schritte? Siehst du?« Sie zeigte in die zunehmende Dunkelheit hinein. »Die ersten steigen schon ab;
siehst du sie? Horch! Ich höre Jaelle lachen.«
Melora sagte leise: »Sie ist wie ein Tierchen, das man
aus dem Käfig gelassen hat. Ich bin froh, daß sie so gut zu
ihr sind. Armes Häschen, ich hatte auf dieser Reise so
wenig Kraft für sie übrig…«
»Ich bin sicher, sie versteht es«, beruhigte Rohana sie. »Ich hoffe, sie versteht es nicht.« Meloras Gesic ht
zuckte. Sie waren der Stelle nahe, wo die anderen abstie
gen; wieder hörte Rohana das helle, fröhliche Lachen
Jaelles. Sie war in diesen Tagen zum Liebling der Amazonen geworden, lachte, plauderte, war voll von endlosen Fragen über die Welt und das Leben, das vor ihr lag.
Die Frauen hatten darin gewetteifert, sie zu sich auf den
Sattel zu

Weitere Kostenlose Bücher