Die Zerbrochene Kette - 6
leid, daß er das Schicksal wird tragen müssen, das er selbst auf sich herabbeschworen hat.«
Magda rief entsetzt: »Sie wollen ihn doch nicht – einfach im Stich lassen, ihn abschreiben?«
Montray seufzte schwer. »Mir gefällt das auch nicht, Magda. Aber was können wir tun? Er kannte die Gefahr; ihr kennt sie alle.«
Magda fühlte ihr Rückgrat prickeln, als ständen alle Härchen ihres Körpers zu Berge. Ja, das war Gesetz im Nachrichtendienst. Die erste und die letzte Vorschrift ist die Geheimhaltung. Wenn Sie in Schwierigkeiten geraten, gibt es keine Möglichkeit, Sie wieder herauszuziehen.
»Wir können das Lösegeld zahlen!« flammte Magda auf. »Ich leiste Bürgschaft für den Betrag, wenn Sie zu geizig sind!«
»Magda, darum geht es doch nicht. Wir würden gern zahlen, um ihn freizubekommen, aber…«
»Unmöglich«, fiel Lorill Hastur ein. »Rumal di Scarp würde niemals mit Terranern verhandeln. In dem Augenblick, da er erfährt, daß sein Gefangener Terraner ist, tötet er ihn zum eigenen Vergnügen – mit Methoden, die ich vor weiblichen Ohren lieber nicht beschreiben möchte. Die einzige Hoffnung Eures Mannes besteht darin, daß er seine Abstammung verheimlicht.« Er richtete das Wort an Magda, wobei er sie höflich nicht ansah (eine Geste, die verriet, wie sehr er Magdas Kleidung und Benehmen anerkannte). »Wenn ich es nicht besser wüßte, hätte ich Euch für eine Frau aus den Hellers gehalten. Kennt Euer Freund unsere Sprachen und Sitten ebenso gut wie Ihr?«
»Besser«, antwortete Magda ehrlich. Ihre Gedanken rasten. Wir müssen uns etwas einfallen lassen! Wir müssen! »Lady Rohana, offenbar halten die Räuber ihn immer noch für Euren Sohn. Könnt Ihr mit ihnen um seine Freilassung verhandeln?«
»Das war mein erster Gedanke. Ich würde es gern tun, um ein Menschenleben zu retten. Doch mein Mann hat mir ein für allemal verboten, mich in einer solchen Angelegenheit in die Nähe von Sain Scarp zu wagen. Nur unter Schwierigkeiten habe ich seine Zustimmung gewonnen, hierherzureisen und Euch davon zu erzählen.«
»Magda, es hat keinen Zweck. Wir können nur hoffen, daß Peter die Flucht gelingt«, sagte Montray. »Wenn wir gehen und versuchen, ihn als Terraner loszukaufen, beschleunigen wir das Todesurteil nur.«
»Wenn ich ein Mann wäre«, entgegnete Magda grimmig, »würde ich selbst gehen! Kein Mensch in den Hellers würde mich für einen Terraner halten! Wenn ich den Namen der Lady verwenden und wie für einen Verwandten verhandeln dürfte…« Bittend wandte sie sich direkt an Rohana.
»Helft mir, einen Weg zu finden!«
Ich weiß, sie kann es, wenn sie will. Sie macht sich ihre Gesetze selbst, diese Dame von den Comyn, sie wird tun, was sie für richtig hält, und niemand wird sie daran hindern…
Rohana wandte sich Hastur zu: »Ich sagte dir, dies Mädchen habe Mut und Kraft. Ich will Gabriel nicht ungehorsam sein – es ist einen Streit nicht wert –, aber ich will ihr helfen, wenn ich kann.« Sie sah Magda an. »Ihr wäret bereit, selbst in die Hellers zu gehen? Wo der Winter kommt? Viele Männer würden eine solche Reise scheuen, meine Tochter.« Wieder sprach sie mit ihr wie zu einer jungen Frau ihrer eigenen Kaste.
Magda schob das Kinn vor. »Lady, ich bin in Caer Donn geboren; ich fürchte mich weder vor den Bergen noch vor ihrem schlimmsten Wetter.«
Montray fuhr sie barsch an: »Seien Sie keine verdammte Törin, Magda! Sie sind doch die Expertin für Frauenfragen auf Darkover, aber sogar ich weiß, daß keine Frau allein und ohne Schutz reisen kann. Sie mögen genug Mumm – oder genug Sturheit – besitzen, und trotzdem ist es hier auf diesem Planeten unmöglich, daß Sie allein reisen. Sagt Ihr es ihr, meine Dame«, bat er Rohana. »Es ist gar nicht daran zu denken! Verdammt noch mal, auch ich bewundere ihren Mut, aber es gibt Dinge, die eine Frau auf Darkover einfach nicht tut!«
»Ihr habt recht«, antwortete Rohana. »Unsere Sitten machen es einer Frau unmöglich. Das heißt, einer normalen Frau. Doch es gibt einen Weg, und nur einen, wie eine Frau allein reisen kann, ohne in Gefahr zu geraten oder Ärgernis zu erregen. Nur die Freien Amazonen beachten die Sitten nicht, die andere Frauen binden.«
Magda sagte: »Ich weiß nicht viel über die Freien Amazonen. Ich habe den Namen gehört.« Sie sah Rohana gerade in die Augen. »Wenn Ihr glaubt, ich schaffe es…«
»Ich habe einmal eine Freie Amazone für eine Mission angeworben, auf die sich kein Mann einlassen wollte. Das
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