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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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klatschte in die Hände, und sofort brach ein Jubelsturm los.
    „Sie ist vielleicht zehn Meter geflogen. Insgesamt“, spöttelte Ynge. „Fünf Meter hinaus und dann fünf Meter zurück und gegen die Wand.“
    „Aber es ist ein Prototyp“, gab ich erneut zu bedenken.
    Auf den Schultern wurde Tomke ins Dorf getragen, und ich blieb zurück und barg mit Ðomas, Friedrick, Roerd und dem einäugigen Huskarl die lädierten Flügel.
    „Sie sind zu schwer“, schnaufte ich. „Sie müssen leichter sein, um sie mit dem eigenen Gewicht lenken zu können.“
    „Was jetzt?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Wir fahren nach Hochgotland“, sagte Roerd. „Das war beschlossene Sache, schon bevor Æsta angegriffen hat, aber jetzt ist es umso dringender, und der Gleiter hat noch drei zusätzliche Tage Aufschub bedeutet – für nichts.“
    „Nicht für nichts!“, protestierte der junge Friedrick. „Sie ist geflogen damit, und bald wird sie mit Naðan welche bauen, mit denen man … entern kann und kapern und solche Dinge. Plündern und wieder wegfliegen!“
    „Du siehst griesgrämig aus, kleiner Mann“, sagte der einäugige Huskarl, der mich schon einmal aufgezogen hatte.
    „Nein. Ganz und gar nicht“, gab ich zurück. Was sollte ich ihm erzählen – dass ich mir hier falsch vorkam? Dass ich nicht zurückbleiben wollte, wenn andere von Helgoland fortflogen? Dass ich Tomke vor meinem geistigen Auge wieder mit ihrem einstigen Ehemann anbändeln sah, der sich so um sie gesorgt und sie auf Händen getragen hatte?
    Wir trugen das schwere Gestell zurück an den Landeplatz am höchsten Punkt des Oberlandes, wo ich lustlos einige gebrochene Streben mit Reststücken schiente. Alles in allem hatte der Gleiter dadurch, dass er mit der Oberseite flach aufgeprallt war, erstaunlich wenig Schaden davongetragen. Ich wuchtete ihn probeweise auf meine Schultern, spürte den Wind daran ziehen.
    Um mich herum arbeiteten noch einige Likedeeler daran, die Luftschiffe fester zu vertäuen.
    Schlussendlich legte ich den Gleiter erneut ab, beschwerte die Flügel sicherheitshalber mit einer schweren, geschwärzten Metallverkleidung wegen des nahenden Sturms und trottete dann den anderen hinterher ins Dorf.
    Dort traf man emsig Vorkehrungen für ein Unwetter – Tiere und Kinder wurden hereingeholt, Fensterläden geschlossen. Eiken und Tomke tranken mit dem größten Teil der Æronauten der Frijheid und noch einigen anderen Luftschiffern Bier, und ich zog mich zurück auf mein Strohlager, auf welchem ich Æmelies Pläne entrollte.
    „Frauen, die mit Männern Bier trinken“, sagte ich abschätzig.
    „So ist sie halt“, sagte Ynge erstaunlicherweise.

    Ich verbrachte den Abend über den Plänen brütend. Für den Antrieb des Rotorsitzes brauchte man eine Erlenhofenzelle. Ein Dampfkessel wäre viel zu schwer und zudem katastrophal für den Piloten, wenn er abstürzen würde.
    „Ich habe keine Erlenhofenzelle. Es sei denn, du hast doch die Pläne“, sagte ich herausfordernd zu Ynge. „Hat sie sie in Venedig jemandem überlassen? Dieser Fabrikantenfrau aus München? Æmelie wusste, dass habgierige Hände sich danach ausstreckten. Vermutlich hat sie die Pläne in die Post gegeben oder versteckt, ohne es mir zu sagen, damit mich keiner danach fragen kann.“ Ich seufzte. „Irgendwann werden sie wieder auftauchen – nur in wessen Händen?“
    „Hier, was zu essen“, sagte Tomkes Stimme hinter mir. Verdattert wandte ich mich um und nahm den Eintopf entgegen.
    „Ich will nichts essen.“
    „Warum bist du so schlecht gelaunt? Er ist geflogen, und wir wissen jetzt, was wir verbessern müssen. Komm doch mit und trink auch was!“
    „Wo ich herkomme, trinken Frauen kein Bier, und Männer trinken es nicht mit ihnen.“
    „Du bist nicht mehr da, wo du herkommst“, verlachte sie meine guten Sitten. „Ich trinke Bier, ich fliege, und ich werde nicht nochmal auf einen Mann hereinfallen, der mir aus irgendwelchen Gründen Dinge verbieten will, die ich gern tue.“
    „Du fällst nicht auf mich herein. Ich … du verstehst das nicht! Da ist … nichts … zwischen uns, nichts, nichts, nichts!“
    Sie lachte, doch eine Zornesfalte stand auf ihrer Stirn.
    „Ach, nein?“, fauchte sie. „Ich wüsste eine ganze Menge, was dazwischen ist, und das meiste davon ist hinderlich!“ Sie trat gegen den Strohsack, auf dem ich saß, und rauschte zurück zum Tisch ihres Vaters. Als ich später am Abend austreten ging, sah ich, dass Eiken seinen Arm um sie gelegt

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