Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Forschungen haben sie das Leben gekostet.“
„Dann scheinst du eine Vorliebe für Frauen zu haben, die besser keine wären.“
„Ich habe gar keine Vorliebe mehr. Ich bin Witwer, und ich werde nie wieder jemanden lieben.“
Der hagere Wirt schenkte mir in einem Anflug von Mitleid ein Bier aus und stellte es vor mich hin.
Onnen tätschelte meine Schulter. „Du arme Sau. Dann nehm ich das mit dem Glückspilz zurück.“
Ich blickte ihn an, kurz zweifelnd, ob er es ernst meinte.
„Tomke kann einem dann auch leid tun. Einen Narren gefressen an einem Kerl, der nie wieder jemanden lieben wird.“ Ja, nun dämmerte mir, dass er mich foppte.
„Daran ist nichts … zum Lachen!“, begehrte ich auf.
„Pietätlos!“, murrte Ynge.
Ich trank mein Bier und wich den Blicken der Männer vor und hinter der Theke aus. „Tut mir leid“, murmelte Onnen schließlich. „Vestehe ja, dass du eine schwere Zeit hast. Aber sieh nicht schwarz. Hatte mal einen Freund, hab ihn sehr gern gehabt. Ist aus der Gondel gestürzt, konnten nicht mal seine Leiche nach Hause bringen. Das war vor meiner Frau, also keine Sorge.“
Ich erwiderte sein polterndes Lachen mit einem entsetzten Blick. „Er war … ihr wart …“, vergewisserte ich mich noch einmal.
„Tja“, zuckte er mit den Schultern, „das entscheidet Frigga manchmal so.“
„So etwas wollte Naðan doch gar nicht wissen!“, eilte mir Ynge ungehört zu Hilfe, und ich drückte sie kurz und dankbar mit der Hand. Wenig später erhob sich Tomke und trat zu uns zur Theke. Einige Huren hatten die Kneipe betreten, eine davon hatte sich – ich hatte es gar nicht richtig bemerkt – neben mich an die Theke gestellt. Tomke warf ihr einen bösen Blick zu, schob ihre Hand in meinen Nacken und gab mir einen Kuss, halb auf die Wange, halb auf die Lippen. „Aluminium klingt gut. Ich versuche, mit Vilhelm, dem Hurenbock da hinten, etwas auszuhandeln, er hat einen Kaperbrief von den vlæmischen Baronen, und wenn er das richtige Schiff erwischt …“
Das Warten in Hochgotland fiel mir schwer, doch es dauerte nur wenige dunkle Nebeltage, bis erste Erfolge in die Lagerhalle des Juden geschleppt wurden – besonders dünnes, jedoch strapazierfähiges Baumwolltuch, das wasserundurchlässig gewachst war. Mit Friedrick und Onnen trug ich Weidenruten zusammen, aus denen ich ein erstes Konstrukt erstellte – jedoch, um die Flügel zusammenklappen zu können, um sie also für die Piraten brauchbar zu machen, würde ich nicht um Aluminium herumkommen.
Während ich zwei Teile des Flügelgestänges festhielt, damit Onnen sie verschrauben konnte – der eine erstaunliche Auffassungsgabe für solch einen Grobian besaß –, dachte ich noch einmal über die schönen Maschinen nach, jene Rotoren, die ich gesehen hatte, und von denen ich immerhin ausschließen konnte, dass sie Hochgotland mit Strom versorgten, denn Glühlampen hatte ich außer auf jenen hohen Pfeilern nirgends gesehen.
Ich hatte mich noch einmal in sichere Entfernung gewagt und hastig eine Skizze gefertigt, doch auch zurück in der einzigen Sicherheit Hochgotlands – dem Haus des Juden – fehlte mir die Zeit für die Kunst. Das Werkeln an den Flügeln war ein entsprechender Ausgleich, so dass mein Inneres sich weniger leer anfühlte als auf Helgoland, wo mir zunächst Papier gefehlt hatte.
„Diese großen Flügelmaschinen – wozu sind sie da?“
Onnen runzelte seine Stirn, während er die Flügelmutter ein letztes Mal festzog. „Gas. Sind Windräder, die Gas machen. Der alte Verrückte hat mir’s mal erklärt. Sie machen Gas für die Luftschiffe.“
„Wasserstoff?“
„Denke ja. Strom ist Energie, und die speichert man im Wasser, weil man Strom nicht gut speichern kann. Außerdem macht der Strom ja Luftschiffe auch nicht leichter als Luft, wäre ja total verrückt, mit Strom zu fliegen.“
„Komm zum Punkt Onnen“, riss ich ihn aus seinem Monolog.
„Jaja, man braucht jedenfalls … lass mich überlegen, das ist kompliziert!“ Er kratzte sich am Hals. „Zwei Elektroden in Wasser, mit elektrischer Spannung dran, plus und minus. Dann ist da noch eine Säure drin, wegen der besseren Leitung. Jedenfalls macht der Strom dann, dass sich das Wasser trennt. In Sauerstoff und Wasserstoff. Und der Wasserstoff steigt an einer Elektrode auf, die mit Minus dran. Das Zeug wird in die Kugeln gepumpt, die halb im Boden stecken. Unterm Hafen.“
„Elektrolyse“, kam mir das Wort wieder in den Sinn.
„Wenn du so was
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