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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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führte.
    „Hast du schon mit Konstanze getanzt?“, fragte Domek mit einem Grinsen und geröteten Wangen, denn er hatte gerade seine eklatanten Mängel im Gesellschaftstanz unter Beweis gestellt und dem süßen Geburtstagskind sicherlich ein paar Zehen geprellt. Ich schüttelte den Kopf, denn mein Hauptaugenmerk hatte bislang ihrem Vater gegolten, der steif und mit von Weste und Frack in Schach gehaltenem Wohlstandsbauch an der Balustrade stand und sich allenfalls mit dem Kanzler der Freistadt unterhielt. Der Kanzler war mir nicht weniger verdächtig, denn er war ein greiser, gewiefter Winzling mit viel zu schnellen Augen, und auch ihm traute ich zu, wunderschöne Wissenschaftlerinnen von Maschinenwesen töten zu lassen. Eigentlich traute ich diese Tat dieser ganzen verkommenen Festgesellschaft zu.
    „Nach außen sind sie so rein, aber man sollte sich davor hüten, was in ihnen steckt.“
    „Das gilt für jeden“, antwortete Ynge.
    „Naðan! Ob du schon getanzt hast?“
    „Nein, nein. Ich würde gerne die Gräfin Elsbeð bitten, sie scheint mir eine interessante Person zu sein, aber wann immer ich an sie herantreten will, ist sie belagert von Gesprächspartnern.“
    „Nach dem Luftkampf ist sie die heimliche Prominenz des Abends“, bestätigte Domek. „Auch wenn sie den Kürzeren zog. Sie hat es gewagt, dem Herzog“ – er nickte hinauf zu Kanzler von Pappelheim – „die Stirn zu bieten, und das tut hier eigentlich niemand mehr, obgleich er viele Alteingesessene erzürnt hat. Als Inhaber der einzigen Bank auf Æsta scheint er sich einen Spaß daraus zu machen, andere Häuser mit fragwürdigen Spekulationen ärmer zu machen. Der dort hinten ist der Herr Bankier – aber nur eine Marionette.“
    „Der blonde Herr?“, wies ich mit dem Kinn auf einen bulligen Mann, der nie aus dem Schatten des Herzogs wich.
    „Nein, der Greis auf dem Stuhl, zu tatterig für alles, einschließlich der Bankgeschäfte. Der Blonde da ist einfach eine Leibwache.“ Domek sah wieder zum Kanzler. „Der Herzog hat Angst vor Gräfin Elsbeðs Rache, so scheint es.“ Er grinste. „Aber das braucht er nicht. Sie würde subtiler vorgehen. Sie ist eine wahre Hexe und tötet ihn mit ihrem Blick.“
    „Die Gräfin ist eine Verfechterin alter Sitten“, ergriff der Mann mit dem seltsam steifen Gebaren nun zum ersten Mal das Wort. „Kaisertreu bis in den Tod, und es wird ihr schwer fallen, sich von dem Gedanken zu lösen, dass dem Kaiser nicht für alle Ewigkeit die Herrschaft über das Deutsche Reich gebührt.“
    „Gewagte Worte, mein Freund! Ich dachte, Sie haben dem Kaiser als Luftfahrtsoffizier gedient?“
    „Und was habe ich davon gehabt? Ich verdanke mein Leben der Gnade der Hanse, und den Fähigkeiten von Professor Roþblatt.“
    „Kommst du damit zurecht?“, fragte Domek und senkte die Stimme. Der andere winkte ab.
    „Er verspricht baldige Besserung. Es heißt, er forscht an neuer Technik. Im Moment ist es wahrlich unbefriedigend.“
    „Wovon sprechen Sie, mein Herr?“, fragte ich mit angehaltenem Atem. Der andere seufzte und strich über seinen säuberlichen Scheitel. Alle Bewegungen führte er mit der Rechten aus, die Linke hing mehr oder weniger schlaff an seiner Seite. Er lächelte bitter und schob den Ärmel seines Jacketts vorsichtig hoch. Der Arm, der darunter zum Vorschein kam, war zu einem großen Teil zerstört, und ich schloss aus seiner eigenartigen Haltung, dass selbiges wohl auch bei seinem Bein der Fall sein musste. Die Hand war von Haut umgeben, dann folgte ein Unterarm mit Elle und Speiche aus bronzenem Metall, verbunden mit Schläuchen und Drähten, ummantelt von einem ledernen Schutz, den er wieder in die richtige Position brachte, nachdem er uns das Meisterwerk präsentiert hatte.
    „Sie haben … einen … einen mechanischen Arm?“, fragte ich atemlos.
    „Ja. Arm und Bein wurden mir bei einer Explosion abgerissen und waren zum größten Teil zerfetzt.“
    Ich schluckte. „Das ist ja … grässlich.“
    „Oh ja, diesen Anblick wünsche ich niemandem. In einem Gnadenakt brachte mich das Schiff der Lufthanse in Professor Roþblatts Spital.“
    „Wo befindet sich dieses Spital?“
    „Hier, auf Æsta. Der Turm.“
    „Sie haben diesen Arm und dieses Bein … hier auf Æsta erhalten?“ Ich wagte kaum zu atmen.
    „Aber ja. Der Professor ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Er hat dieses Handwerk in London gelernt.“
    Ich hatte das Bedürfnis, mich zu setzen. „Wie wird Ihr Arm … betrieben?

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