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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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Miene zeigte keine Regung. Nur ihre Augen blitzten. Der blonde Hüne trat sofort durch die Menge und packte den jungen Mann, um ihn in Gewahrsam zu nehmen. „Ich war es nicht! Das Geschenk ist mir untergejubelt worden!“, versuchte dieser sich zu rechtfertigen.
    „Seht nur!“, rief eine Stimme aus. „Da steht etwas!“
    Tatsächlich hatte sich das Material, aus dem die Ballerina bestanden hatte, zu einer geschwungenen Schrift zusammengezogen, die nun auf dem Parkett gelandet und erkaltet war. „Gewerkschaftsgruß“, bildeten die Buchstaben in umständlichen Verknotungen, und dieses Wort hatte einen vielstimmigen Aufschrei zur Folge.
    „Ein Attentat!“, kreischte jemand, und die Geburtstagsfeier endete in heillosem Chaos.
    „Es hat Öl verspritzt. Und dieser Kunststoff ist eine wahre Meisterleistung!“, ereiferte sich der Professor sofort. „Ich habe schon gehört, dass dieses Material in seine Ursprungsform zurückkehrt, wenn man es erhitzt. Aber in eine Schrift – wie haben diese tumben Gewerkschaftler das hinbekommen?“
    „Vielleicht geht Wärme manchmal doch vom Kalten ins Warme über. Denken Sie an diesen Dämon, von dem Sie sprachen“, sagte ich mit einem Lächeln, und er durchbohrte mich mit seinem Blick. Das Monokel war wieder unter seine Augenbraue geklemmt und verlieh ihm etwas bedrohlich Verkniffenes. Sein Gesicht und seine von Schweißperlen bedeckte Glatze waren so blank, dass sich das Licht darauf spiegelte.
    „Ich glaube, das Fest ist beendet“, bemerkte Domek, während um uns herum ein Umsturz der Gewerkschaftler befürchtet wurde, Rufe nach Waffen, Polizei und sofortigen Maßnahmen laut wurden.
    „Diese dort!“, gellte plötzlich ein Schrei durch den Raum. „Ich habe gesehen, wie sie ein Geschenk getauscht hat, das auf dem Gabentisch stand!“
    Als ich mich umwandte, Gräfin Elsbeð erwartend, sah ich, dass Magda an der holzvertäfelten Wand erstarrte. Sie griff nach einer beinahe verborgenen Tür, neben der großen Flügeltür, die den Empfangsraum in den Saal öffnete, und stürmte hindurch.
    „Polizei! Hinterher!“, schrie die beleibte Dame, die mir ganz am Anfang des Festes aufgefallen war, und brach zusammen. Sie war über und über mit Öl beschmiert.
    Ich besann mich nicht, sondern folgte dem Impuls und der jungen Frau, die ihren Rock gerafft hatte und am Ende eines kurzen Korridors eine Treppe hinaufhastete – ich war der Erste, der so geistesgegenwärtig war.
    Die Treppe wand sich hinauf in einen Turm, Fenster eröffneten einen Blick in die sternklare Nacht, über das Meer und das rauchverhangene Æsta hinaus.
    Magda hielt nicht inne, sie war trotz ihrer Röcke schneller als ich, und hinter mir rumpelten die nächsten Herrschaften die Stufen hinauf. Es war dunkel im Turm, bis sich ganz oben eine Tür in eine Sternwarte oder ein sehr ähnliches Laboratorium öffnete. Magda rauschte hinein, riss ihren Rock herab und entblößte darunter nichts als eine Männerhose. Eine unglaubliche Menge Stoff ergoss sich aus dem massigen Rock und mit einem Ruck verschloss sie das Band, das sie an der Taille umschlossen hatte. Nachdem sie mir beherzt einen schmerzhaften Tritt gegen den Brustkorb verpasst hatte, der mich zu Boden beförderte, packte sie ein kostbares bronzenes Fernrohr und zerschlug damit eines der rundum angebrachten Fenster. Eisiger Wind wehte herein. Ich erhob mich und taumelte in den Raum, rang nach Atem, schlug die Tür zu und hielt die Klinke mit aller Kraft gepackt. Verwirrt blickte sie mich an.
    „Was tun Sie da?“, wisperte ich ihr zu. „Wer sind Sie?“
    Hinter mir wurde an der Klinke gerüttelt, und Erschütterungen liefen durch die Tür in meine zum Zerreißen gespannten Muskeln.
    „Ich bin Tomke Haukestochter“, sagte sie mit aller Würde, die die Situation ihr ließ. „Æsta den Tod!“ Damit warf sie den Rock durch das Fenster in die Luft. Wie ein Ballon blähte er sich auf und wurde vom Wind erfasst. Sie packte den Gürtel, der unten daraus hervorlugte und sprang dem Rock hinterher. Ich schrie auf, als sie tatsächlich ein Stück hinaufgehoben wurde und mit einem letzten Blick auf mich entkam. Ich ließ die Türklinke los, hinter mir stürmten drei Herren in das Observatorium und sahen sich wutschnaubend um.
    „Wo ist sie?“, ließ der erste seinen buschigen Schnauzer erbeben.
    „Sie ist … davongeflogen“, bemühte ich mich, angemessen zerknirscht zu klingen. „Verdammt!“
    Die Herren hängten sich aus dem Fenster.
    „Wo ist das

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