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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Götter an.«
    Eglon nickte. »Zum Glück habt Ihr und Eure Gefährten diesem Spuk ein Ende bereitet. Ich muss beschämt eingestehen, dass es mir an Eurem Mut und Eurer Entschlossenheit mangelt. Und an Eurer Macht. Ist Euch bewusst, dass Ihr die Geschicke unserer Welt nachhaltig verändern könntet? Es würde mich nicht wundern, wenn sich die Prophezeiungen über den Speer Jeschuruns an Euch erfüllen.«
    »Warten wir’s ab«, brummte Taramis. Für Schmeicheleien hatte er nicht viel übrig.
    »Eure Demut ehrt Euch. Marnas und Eli sagten einmal zu mir, sie sähen in Euch einen künftigen großen Streiter für das Recht – der eine sprach von einem Krieger, der andere von einem Lehrer der göttlichen Gesetze.«
    Erstaunt wandte sich Taramis seinem Meister zu.
    »Das glaube ich immer noch«, versicherte der Hüter.
    Eglon breitete salbungsvoll die Hände aus. »Ich bin mir sicher, der Allmächtige wird seinen Hohepriester durch Euch aus den Klauen der Kirries befreien.«
    »Und seine Tochter Shúria«, fügt Taramis gereizt hinzu. Es ärgerte ihn von Mal zu Mal mehr, wie wenig Achtung die Frauen in Komana genossen.
    »Ja, ja.« Eglon nickte geistesabwesend. »Ich sollte jetzt gehen, sonst erregt meine Abwesenheit noch Verdacht. Am Ende der Wendeltreppe findet Ihr einen ähnlichen Hebel wie im Geheimgang. Damit gelangt Ihr ins Grabhaus. Sollte mir etwas zustoßen, bringt Euch Hauptmann Oban schon irgendwie aus dem Palastbezirk heraus. Gebt mir Zeit bis Mitternacht. Wartet auf keinen Fall länger auf mich!«

Der König im Käfig
    M it langen Schritten eilte Lebesi durch die Zimmerflucht im obersten Stockwerk des Palastes. Ihr silbriger Schleier wehte wie ein glühender Kometenschweif hinter ihr her. Vor, neben und hinter ihr schwitzten acht Leibgardisten in ihren Prunkrüstungen. Die Regentin konnte es kaum erwarten, ihre privaten Gemächer aufzusuchen.
    Das Licht der Abendsonne entfachte im Goldstuck, den Figuren, zierlichen Möbeln und opulenten Wandgemälden ein unwirkliches Feuer. Erfreulicherweise war es nur eine überwältigende Illusion, im Gegensatz zu den Flammen, die das Königliche Löschkommando am Mittag im Thronsaal hatte bekämpfen müssen. Darauf waren Stunden harter Arbeit gefolgt: Sie hatte zahllose Argumente ihrer Generäle angehört und so viele Entscheidungen getroffen, dass ihr davon fast der Schädel geplatzt wäre.
    Nun war alles in die Wege geleitet. Sie würde die Schmach der Unterwerfung Komanas restlos tilgen und grausame Rache an Dagonis nehmen.
    Vor einem Dutzend Jahren hatte sie ihr Ränkespiel aus einer Position der Schwäche heraus begonnen. Einen so überwältigenden Triumph hätte sie sich noch am Morgen nicht zu erträumen gewagt. Insofern war sie dem Einfaltspinsel Taramis sogar dankbar. Nur ärgerlich, dass die dreisten Zeridianer und der Verräter Oban bisher unauffindbar waren.
    Erschöpft und innerlich aufgewühlt näherte sie sich der zweiflügligen Tür zu ihrem privaten Reich. An heißen Tagen wie diesen fand sie hier Abkühlung, weil durch die Öffnungen unter der Dachterrasse stets ein erfrischender Luftzug strich.
    Noch sehr viel belebender war allerdings die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Natsar.
    Bei ihren bisherigen Begegnungen hatte er immer sie benutzt. Sie war von ihm verführt, betrogen, gedemütigt und missbraucht worden. Jetzt würde sie ihn spüren lassen, wie sich vollkommene Hilflosigkeit anfühlte.
    »Was immer Ihr hört, Hauptmann, solange Wir Euch nicht rufen, bleibt Ihr draußen«, befahl sie dem Diensthabenden. Dann betrat sie ihre Gemächer.
    Vor Lebesi breitete sich ein Reich aus, das gewöhnlichen Frauen wie aus einer anderen Welt erscheinen musste. Flauschige nachtblaue Teppiche bedeckten den Boden. Wie in einem See waren darin Inseln aus seidigen Kissen verteilt. Dienstbare Geister hatten in zahllosen Lämpchen duftendes Öl entfacht. Trotzdem stachen einem nirgends unverhüllte Flammen ins Auge. Hauchzarte, golddurchwirkte Tücher fingen den Blick ein und verwandelten die Zimmerflucht in einen scheinbar grenzenlosen Raum.
    Die Regentin schritt voller Erwartung auf das große Fischbecken zu. Hinter einem glitzernden Schleier konnte sie bereits die Umrisse dessen erahnen, was ihr endlich Genugtuung verschaffen würde. Etwas Hohes, Eckiges stand da. Sie schob mit der Hand den Schleier beiseite.
    Aus einem zehn Fuß hohen Käfig starrten ihr die großen Augen Natsars entgegen. Er trug nur noch einen Schurz um die Lenden. Seine gestreifte Haut wölbte

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