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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ein gewaltiges Raubtier entpuppen, das es gelegentlich nach Menschenfleisch gelüstete?
    Unvermittelt drang ein Geräusch an sein Ohr. Es kam aus dem Hohlweg hinter ihm. Blitzschnell wirbelte er herum. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.
    Zwischen den felsigen Wänden stand etwas. Der Größe nach hätte es ein Wasserbüffel sein können. Genaueres ließ sich in den wirbelnden Nebelschwaden nicht erkennen. Es schien zu Taramis herüberzublicken. Sah er zum ersten Mal das Phantom? Ihn beschlich eine schlimme Ahnung.
    Die Fährte, die ihn in die falsche Richtung gelockt hatte, musste eine List sein, kein tierischer Instinkt brachte derlei ausgeklügelte Finten hervor. Sie zeugten von Verstand und bewusster Planung. Dennoch wollte sich Taramis durch eine Feuerprobe Gewissheit verschaffen. Eine kurze Berührung mit dem Stab Ez würde dafür schon ausreichen. Dann würde sich zeigen, ob da im Nebel nur ein massiges Tier lauerte oder ein Wesen, das leicht entflammbare Gefühle trieben.
    Taramis begann, auf den bulligen Schatten zuzueilen. Fast gleichzeitig setzte sich der Schemen in Bewegung. Unterschiedlicher konnten zwei Kämpfer kaum sein, der eine lief leichtfüßig wie eine Katze, der andere stampfte mit kraftvollen Schritten.
    Wer ist hier eigentlich der Jäger und wer der Gejagte?
    Entschlossen drängte Taramis die Frage an den Rand seines Bewusstseins. Er durfte sich jetzt von nichts mehr ablenken lassen, schon gar nicht von Zweifeln. Die momentane Ausgangsposition war nicht so günstig wie erhofft. Er wollte seinen Gegner unbedingt erreichen, bevor der den Hohlweg verlassen und seitlich ausbrechen konnte. Taramis steigerte das Tempo.
    Als die Distanz zwischen den Kontrahenten etwa um die Hälfte zusammengeschmolzen war, hob sich unvermittelt der Nebelschleier. Das herbeistürmende Phantom erstrahlte im Abendlicht. Taramis umklammerte den Stab wurfbereit mit der Rechten. Also hatte er die Tatzenabdrücke doch richtig gedeutet.
    Es war tatsächlich ein Wolfsdrache, ein fast vier Schritt langes, massiges Tier mit großem, breitem Schädel, bösartig blickenden rotbraunen Echsenaugen, warzenübersäter, grauschwarzer Haut, einem gedrungenen, papageienartigen Schnabel mit zwei kurzen Hauern und einem langen, glatten Schwanz. Die Kreatur stieß ein ohrenbetäubendes Brüllen aus.
    Taramis nahm das Geräusch mit jener inneren Distanz wahr, die ihn zu einem so gefährlichen Kämpfer machte. Lebensbedrohliche Situationen wirkten auf viele Krieger wie ein starkes Rauschmittel: Sie erhöhten die Leistungsfähigkeit, setzten die Schmerzempfindlichkeit herab und benebelten den Verstand. Ihn hatten sie stets nur wachsamer gemacht. Sein Geist verfügte über die Gabe der Zähen Zeit. Sie zog jeden Augenblick in die Länge, wodurch sich alles um ihn herum zu verlangsamen schien – nur seine Reflexe nicht.
    Der Wolfsdrache senkte sein breites Haupt zum Stoß. Gleich würde sich zeigen, was in ihm steckte. Ein boshafter Verstand, an dem sich die glühende Macht des Stabes entzünden konnte? Andernfalls würde Ez kalt bleiben – nur ein hölzerner Speer …
    Etwa drei Schritte vor der Kreatur sprang Taramis mit ganzer Kraft in die Höhe. Der kurze Hals und das enorme Gewicht der Echse hinderten sie hoffentlich an einer schnellen Reaktion gegen einen Angriff aus der Luft. Im Flug packte er den schwarzen Schaft mit beiden Händen, riss die Arme nach oben und zielte mit der Spitze zwischen die Schulterblätter des Wolfsdrachen.
    Plötzlich sah er etwas gleich einer Peitsche auf sich zurasen, am Ende hing ein Geröllbrocken. Es war der rattenhafte Echsenschwanz, der den Felstrümmer so geschickt wie eine Streitkeule schwang. Taramis beugte reflexartig den Kopf nach hinten, der Stein streifte seine Nasenspitze und schlug ihm mit brutaler Gewalt den Stab Ez aus den Händen. Der Krieger wirbelte in der Luft herum und landete hinter dem Wolfsdrachen auf den Beinen. Die Zähe Zeit hatte ihm das Leben gerettet, seine Entwaffnung indes nicht verhindern können.
    Ez war in die andere Richtung geflogen und klapperte neben der bulligen Echse zu Boden. Rasch wälzte sie einen schweren Felsbrocken über den Stab und legte ihre Klaue darauf. Deutlicher konnte sie ihre Hinterhältigkeit kaum zeigen. Als wüsste sie genau, dass sie den Feuerstab nicht ungeschützt berühren durfte. Was verlieh dem Wolfsdrachen nur solche Fähigkeiten? Wurde er von einer Macht gelenkt, die sich der Tiergestalt bediente wie ein Puppenspieler seiner

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