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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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über ihn?«
    »Nicht viel. Als vor zwei Tagen die Schwaller der Dagonisier am Himmel aufkreuzten, hat er den Stadtrat zur Aufgabe überredet. Kaum hielt er die unterschriebene Kapitulationsurkunde in den Händen, hat er sie alle umgebracht. Kurz darauf zeigte er den Torwachen das Dokument, und die Fischköpfe marschierten in die Stadt ein. Wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde gnadenlos niedergemacht. Nach Einbruch der Dunkelheit schießen sie übrigens immer noch auf alles, was sich bewegt.«
    »Kennt Ihr den Namen des Verräters oder wisst Ihr, woher er stammt?«
    »Weder noch. Silenor, der Vorsitzende des Stadtrates, soll ihn gekannt haben. Leider wurde seine Exzellenz ebenfalls ermordet. Mit einem einzigen Schwertstich, wie es heißt.«
    Genau wie Xydia . Taramis dankte dem Wirt und wandte sich dem Lauscher zu. »Die Nacht ist noch jung. Wie wär’s mit einem kleinen Spaziergang, Kater Zur?«
    Der Wirt sog scharf die Luft ein. »Habt Ihr nicht zugehört, Herr? Wenn Ihr um diese Zeit das Haus verlasst, kann es Euch das Leben kosten.«
    Taramis lächelte grimmig. »Noch gefährlicher wäre es allerdings, uns daran zu hindern.«
    Selbst wenn die Dagonisier Scharfschützen auf den Dächern postiert hatten, konnten diese bestenfalls Schatten sehen, denn Taramis und Zur mieden das Licht. Sie bewegten sich auf nackten Sohlen völlig lautlos durch die dunkle Gasse. Um das von Barnas beschriebene Gasthaus zu finden, brauchten sie nur dem Lärm zu folgen. Die neuen Herren von Debir feierten jetzt schon in der zweiten Nacht ungestüm ihren Sieg. Ihr Grölen, Lachen und Singen hallte durchs ganze Viertel.
    Wo so viel Ausgelassenheit herrsche, achte man wenig auf seine Worte, hatte Taramis den Freunden erklärt. Deshalb wolle er die Gelegenheit unbedingt nutzen, sich unter den Antischen umzuhören. Er müsse Zur nur auf Sichtweite an sie heranbringen.
    »Da kommt jemand!«, zischte der Lauscher.
    Vor ihnen lag eine von Fackelschein erhellte Quergasse. Zwei Schatten glitten über das Pflaster, an den Umrissen der Köpfe eindeutig als Dagonisier zu erkennen.
    »Wir ändern jetzt wie besprochen die Taktik«, flüsterte Taramis seinem Gefährten zu und hakte sich bei ihm ein. »Tu so, als wärst du ein betrunkener Fischkopf. Für den Rest sorge ich.«
    Am Ende der zuckenden Schatten erschienen zwei Antische in weinseliger Laune. Sie torkelten in die dunkle Gasse und winkten den vermeintlichen Kameraden zu. »Ihr könnt umdrehen. Wir haben euch keinen Wein übriggelassen.«
    Taramis lachte rau und schob seinen Freund um die Hausecke, mitten hinein in hellen Lichterschein.
    Vor ihnen öffnete sich, umrahmt von hübschen Hausgiebeln, ein achteckiger, gepflasterter Platz. Im Zentrum stand ein gemauerter Brunnen, den eine Figurensäule überragte; sie stellte einen Weinbauern mit einer großen Traube dar. Drumherum wimmelte es nur so von Dagonisiern. Die meisten Fischköpfe hielten sich an großen Tonbechern fest, aus denen sie das Blut von Berith schlürften, den berühmten Rotwein der Insel.
    Taramis deutete auf ein stattliches Gebäude gegenüber. Es war aus gebrannten Tonziegeln errichtet und drei Stockwerke hoch. »Das ist die Alte Kelter. Sieht genauso aus, wie Barnas sie beschrieben hat. Sollten wir auf dem Platz nichts über Asor erfahren, erkundest du das Gasthaus mit deinem Sinn.«
    »Dazu müsste ich wissen, wo sich darin eine Person aufhält, die ich kenne.«
    »Du sagtest mal, es reicht, sich an jemanden dranzuhängen, der ein Haus betritt?«
    »Das stimmt.«
    »Dann tu es, Zur! Ich will wissen, wo ich den Mörder Xydias finde.«
    »Vergiss ja nicht unsere Tarnung, Taramis, hörst du?«
    »Hältst du mich für lebensmüde?«
    »Da bin ich mir manchmal nicht so sicher.«
    Einige Zeit konzentrierte sich jeder auf seine Rolle: Der Gaukler gaukelte und der Lauscher lauschte. Wie selbstverständlich schlenderten sie dabei zwischen den angeheiterten Soldaten hindurch, die sie für ihresgleichen hielten.
    »Hast du schon irgendwas aufgeschnappt?«, raunte Taramis nach einer Weile.
    Zur schüttelte den Kopf. Seine großen falschen Fischaugen musterten den maskierten Freund besorgt. »Einen Tarnmantel für zwei auszubreiten muss viel Kraft kosten.«
    »Keine Sorge, ich lasse ihn schon nicht fallen. Du solltest bloß Zusammenstöße mit den Fischköpfen meiden. Meine Trugbilder täuschen nur die Augen, nicht ihren Tastsinn.«
    »Kein direkter Körperkontakt«, murmelte Zur, als müsse er sich die Verhaltensregel mühsam

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