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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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meint Ihr damit? Will er an ihm Rache nehmen für …?« Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Seinen Sohn?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber gedacht.« Er lächelte. »Ich werde Euch nicht verraten, falls Ihr das befürchtet. Übrigens ist mein Vater in einer Zwickmühle. Einerseits würde er Taramis gerne töten, andererseits hat der ihn auf Barnea besiegt. Bei uns ist es Brauch, dass der Unterlegene seinem Bezwinger Respekt zollen muss.«
    »Was wird aus mir?«
    »Ich bringe Euch auf die Insel der gebrochenen Flügel. Dort müsst Ihr für den Khan arbeiten. Ich werde mit den Aufsehern sprechen. Vielleicht gelingt es mir, Euer Los zu erleichtern.«
    »Woher stammt dieser ungewöhnliche Name? Gebrochene Flügel … Bedeutet er, dass man von der Scholle nicht fliehen kann?«
    Seine Miene verdüsterte sich. »Das kommt der Wahrheit sehr nahe. Sie ist nur etwas komplizierter. Darüber zu reden ist jedem Drachenmann bei Todesstrafe verboten. Ich bin sicher, Ihr findet es bald selbst heraus.«
    Shúria durfte durch eine kleine Sichtöffnung in der äußeren Schale des Perlboots das Landemanöver mitverfolgen. Timur blieb an ihrer Seite, was seinen Erklärungen zufolge nur ihrem Schutz diene. Nach ihren bisherigen Erlebnissen mit seinen Stammesgenossen glaubte sie ihm aufs Wort.
    Anders als die meisten kesalonischen Schollen war die Insel der gebrochenen Flügel dicht bewaldet. An verschiedenen Stellen überquerte der Schwaller große Lager aus Holzbaracken. Ähnlich, nur weniger grün, musste es seinerzeit auf Zin ausgesehen haben, wo Taramis für die Dagonisier Zwangsarbeit hatte leisten müssen. Damals ging es um den Abbau von Mosphat, den Rohstoff für ihr Odempulver. Was war wohl der Zweck der Barackendörfer hier?
    In der Ferne, ziemlich genau im Zentrum der Insel, sah Shúria etwas, das wie eine verfallene Stadt aussah. Ockerfarben und ohne strenge Linienführung duckten sich die Ruinen in den Wald. Erst im Näherkommen erkannte sie den Irrtum. Es handelte sich um eine weitläufige Festung aus gebrannten Lehmziegeln.
    Vom Umriss her glich die Anlage einem überdimensionierten Pantoffelschwaller. Sie verfügte über zwei Mauerringe, etliche Bastionen und einen hohen Turm. Der innere Bereich war durch niedrigere Ziegelwälle in verschiedene Höfe unterteilt. Darin standen zahlreiche Gebäude.
    Das Perlboot landete auf einem großen, staubigen Platz, wo sich seine Fangarme am Boden verankerten wie die Wurzeln einer schillernden Pflanze. Auf dem Weg nach draußen schlossen sich Timur und Shúria weitere Bewacher an. Hintereinander durchquerten sie den Sipho, eine gewundene Atemröhre, die an mehreren Stellen durchbrochen war. Jede dieser Öffnungen führte in einen anderen Raum. Vom Grundriss her glichen die spiralförmig angeordneten Kammern den Stufen einer Wendeltreppe. Durch eine Luke in der Schale des Schwallers gelangten sie schließlich ins Freie. Dort erwartete sie bereits ein Empfangskomitee, das Shúria erschaudern ließ.
    Es waren fünf Kesalonier und ein stämmiger Antisch.
    Timur ging zu dem Fischkopf und übergab ihm einen gerollten Brief. Offenbar hatte der Dagonisier in der Festung das Sagen.
    »Ihr haftet mir für die Unversehrtheit des Weibes«, sagte Bahadurs Sohn in ungewohnt schroffem Ton.
    »Hier steht nur, dass wir sie auf keinen Fall entkommen lassen sollen«, erwiderte der Feuermensch nach Prüfung des Schriftstücks. Seine kehlige Aussprache weckte in Shúria düstere Erinnerungen.
    »Der Khan braucht sie als Faustpfand. Wenn Ihr sie umbringt oder verstümmelt, dann nützt sie ihm nichts«, erklärte Timur, so als sei sein Gegenüber begriffsstutzig.
    »Wir werfen sie in den Kerker. Da ist sie sicher.«
    »Aber gebt ihr ordentlich zu essen und zu trinken. Mit einem klapprigen Weib als Geisel lässt sich kein Staat machen.«
    Der Fischkopf bedeutete den kesalonischen Wärtern mit ruppiger Geste, die Gefangene wegzubringen. Shúria wurde von den Männern grob an den Armen gepackt und abgeführt. Als sie sich zu Timur umdrehte, meinte sie einen bedauernden Zug in seinem tätowierten Gesicht zu erkennen.
    Die Wachen führten sie über den Hof zu einem Gebäude, das sie an einen Termitenhügel erinnerte. Durch eine schmale Tür ging es in einen engen Vorraum und von dort eine Treppe hinab ins Untergeschoss, wo sich ein langer Gang anschloss. Beim Durchqueren desselben sah Shúria rechts und links mit Eisenbändern verstärkte Türen, vermutlich Kerkerzellen. Ob sich darin Menschen

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