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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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des wilden Tieres mit dem Verstand.
    Lautlos nahm er die Verfolgung des Antischs auf.
    Die Ätherschlange döste vor sich hin. Nur ihr wie Steinkohle aussehender, mit bernsteinfarbenen Tupfen übersäter Kopf und der vordere Teil einer Kiemenkapsel ragten aus dem Wasser. Lauris wusste, dass die biestigen Kreaturen nur dann so träge waren, wenn sie kurz vorher gefressen hatten. Als vergessener Jäger war er oft hierhergeschlichen, um den Drachenwurm zu beobachten. Nicht selten tauchte die Echse plötzlich aus den trüben Fluten des Sees auf und schnappte sich ein Tier, das an die Tränke gekommen war. Außerdem gab es hier viele Fische.
    Diesmal hatte er sich bis auf Hörweite an die Ätherschlange und ihren Reiter herangewagt, der soeben unter der kristallenen Atemkapsel hervorgekommen war. Es handelte sich um einen bulligen Mann mit breitem Gesicht, mandelförmigen Augen, platter Nase und strähnigem, schwarzem Haar, das er zu einem langen, dünnen Zopf gebunden hatte. Sein Körper war, soweit erkennbar, lückenlos tätowiert. Dass der Fremde nicht dem Volk der Dagonisier angehörte, überraschte Lauris, denn in den allermeisten Fällen wurden Drachenwürmer von Fischköpfen geritten. Und noch etwas war seltsam: Im Gegensatz zu Zeridianern besaßen Antische keine zusätzlichen Lungen, sondern nur Kiemen. Trotzdem hatten sie keinerlei Anzeichen von Atemnot erkennen lassen.
    Als König der namenlosen Insel kannte Lauris jeden Winkel seines Reviers. Daher hatte er das lang gestreckte Gewässer, dessen Farbe ihn an den Grünen See seiner Heimatinsel erinnerte, einige Zeit vor dem fliehenden Feuermenschen erreicht. Reglos beobachtete er den tätowierten Reiter, der beruhigend auf die Ätherschlange einredete.
    Endlich kam der Dagonisier aus dem Wald gelaufen und fuchtelte aufgeregt mit den Armen. Lauris wurde zum ersten Mal bewusst, dass die Tigerung dieses Kriegers viel blasser war als bei Gulloth und den anderen Antischen, die ihn seinerzeit entführt hatten. Er trug einen kurzen Schurz aus festen Lederstreifen, einen Harnisch aus Stegontenhaut sowie die üblichen Waffen: Kurzschwert und Dreizack. Lauris duckte sich noch tiefer in sein von Blättern umwuchertes Versteck und spitzte die Ohren.
    »Er hat wieder zugeschlagen!«, rief der Fischkopf mit kehliger Stimme.
    Der Tätowierte eilte mit ausgestreckten Händen und beschwichtigender Geste auf ihn zu. »Bist du verrückt, so hektische Bewegungen zu machen? Neenagh ist schlimmer als eine Katze: Beim kleinsten Gezappel schnappt die Schlange zu.« Sein Dialekt klang in Lauris’ Ohren kaum weniger fremd als der des Dagonisiers.
    Dieser zügelte sich und lief so verhalten, wie es seine Anspannung ihm gerade noch gestattete, auf den Kameraden zu. Als die beiden nur ein paar Schritte vor dem Versteck des Lauschers zusammentrafen, erzählte der Antisch aufgeregt von dem Vorfall im Wald. Währenddessen suchte er ohne Unterlass mit Blicken die Umgebung ab. »Unsere Mission ist erfüllt«, schloss er seinen Bericht. »Verschwinden wir hier, ehe der Unsichtbare uns findet und tötet.«
    »Falls er dazu überhaupt noch fähig ist. Nach dem, was ich unter der Kiemenkapsel mitbekommen habe, hat die Wolke die ganze Insel in Aufruhr versetzt.«
    »Darauf kannst du allerdings Gift nehmen! Ich wette, die Wirkung der Pollen übertrifft sogar die Erwartungen des Königs – Dagon sei Dank! Trotzdem dürfte das nichts gewesen sein im Vergleich zu dem, was bald auf dieser Scholle passiert.«
    »Du willst mir immer noch nicht verraten, worin eure Geheimwaffe besteht?«
    »Wart’s ab, Sagur.«
    »Warum spielt ihr Antische nicht verrückt, wenn ihr in das Dunkel geratet?«
    »Weil es ein Teil von uns ist.«
    Der Tätowierte entblößte sein lückenhaftes Gebiss. »Ich merke schon, deine fischigen Lippen bleiben verschlossen, Zukk. Na, Hauptsache, wir erhalten die Anerkennung, die uns für die Erforschung der Wolke und ihrer Wirkung gebührt.«
    »Man wird uns mit Ehren überhäufen, Sagur. Das jahrelange Warten hat ein Ende. Der große Triumphzug unserer beiden Völker kann endlich beginnen, und wir sind es, die den Königen die gute Nachricht überbringen. Noch in tausend Jahren wird man von uns reden.«
    »Hoffentlich kommt uns dieser Taramis nicht in die Quere.«
    »Ihr hättet ihn niemals entkommen lassen sollen.«
    »Der Mann ist ein unbesiegbarer Dämon, schlimmer als sämtliche Geister, die mein Volk verehrt. Er hat uns verhext.«
    Der Antisch schnaubte. »Mach dir doch nichts vor,

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