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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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sie. Sie hatte das Gefühl, gleich zu platzen vor Verlangen, und es war vertraut und fremd zugleich. Er zog ihr den Pulli über den Kopf und machte sich über die Knöpfe ihrer Bluse her. Seine Hände auf ihrer Haut. Im letzten Moment bekam sie eine trockene Kehle, obwohl sie ihn kannte wie keinen anderen. Im Zimmer war es dunkel. Er kramte ein Feuerzeug aus der Tasche, und als sie damit eine Kerze auf dem Nachttisch neben dem Himmelbett anzündete, zitterten ihre Finger. Seth war kein neuer Liebhaber. Er war ihr Anker.
    Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste sie, während sie am oberen Knopf seiner Jeans herumfummelte. Sie wusste, sie konnte sich mitreißen lassen vom Strom der Liebe, wie sie es in ihren gemeinsamen Jahren immer getan hatte. Das Leben hatte einen Keil zwischen sie getrieben, doch das änderte nichts an ihrer Vertrautheit. Sie kannten die Bewegungen und konnten sie mit geschlossenen Augen ausführen.
    Er sah umwerfend aus im orangefarbenen Licht. Er schmeckte alt und neu, und es war, als hätte sie in der Zeit ohne ihn ein ganzes Leben versäumt. Sie sehnte sich danach, ihn auf jedem Zentimeter ihrer Haut zu spüren. Doch als sie ihm das Shirt über den Kopf zog, wurde sein ganzer Körper steif.
    Sie strich ihm mit den Händen über den Rücken. Dann erstarrte sie. »Seth.«
    Er rührte sich nicht, sagte nichts.
    Ihre Hände lagen flach auf seinem Rücken. Jäh blickte sie zu ihm auf. Überwältigt von Sorge, wich sie einen Schritt zurück.
    Kurz versuchte er noch, sie zu halten, dann ließ er los. Wie eine Kapitulation. »Es ist eine Narbe.«
    Unwillkürlich wollte sie ihn auffordern, sich umzudre hen, doch sie schluckte die Worte hinunter. Eine Narbe? Die raue Haut, die sie gespürt hatte, zog sich über seinen ganzen Rücken.
    »Das Feuer in der Lagerhalle«, fügte er hinzu.
    Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    Sein Lächeln war schief und trauriger als alles, was sie je gesehen hatte.
    Ein Krankenhausaufenthalt. Ein langer Weg zurück. Und sein Dad hatte erwähnt, dass Seth viel durchgemacht hatte, und konnte ihm kaum in die Augen schauen, als er fragte, wie es ihm ging.
    Jetzt begriff sie, warum Seth oft mit geneigten Schultern dastand. Das war keine Angeberpose. Er hatte Schmerzen und verschaffte sich mit dieser Haltung Linderung.
    Rory atmete tief durch.
    »Ist nicht besonders schön«, meinte er.
    »Glaubst du, das macht mir was aus?«
    »Vielen macht es was aus. Am Strand. Müttern mit Kindern, Typen, die gaffen …« Er zuckte die Achseln.
    Sie trat noch einen Schritt zurück, um ihre Bluse aufzuknöpfen und sie auf den Boden fallen zu lassen. Dann zog sie den Reißverschluss auf und stieg aus ihrer Jeans.
    Im flackernden Schein stand sie vor ihm. Zeigte ihm die Operationsnarben. Am Knie, an der Hüfte. Am unteren Bauch.
    »Brüche und innere Blutungen.«
    Seths Blick flackerte zur Seite.
    »Seth, schau hin.«
    Er sah sie wieder an, atmete hörbar. »Du bist wunderschön.« Dann machte er eine Bewegung auf sie zu.
    Sie hob die Hand – warte  – und legte einen Finger vor die Lippen. Die Kerze blakte. Ihre Knie waren auf einmal wie aus Gummi.
    Sag es ihm.
    Die Stimme in ihr wurde fordernd und scharf. Wie ein Messer, das ihr tief ins Fleisch schnitt.
    »Ich war schwanger.«
    Seine Augen weiteten sich.
    »Ich wollte es dir sagen. Mir war schlecht, und ich war halb wahnsinnig vor Aufregung und Angst. Damals, an dem Abend wollte ich es dir sagen.«
    Er blieb reglos, nur seine Lippen lösten sich voneinander. »Du hast es verloren …«
    »Wahrscheinlich kann ich keine Kinder mehr bekommen.«
    Er schloss die Augen.
    Schweigend standen sie im flackernden Schein, zwischen ihnen hingen zwei Jahre.
    Dann trat er auf sie zu und hielt sie fest. »Ich bin da.«
    Zusammen fielen sie aufs Bett.

43
    Die Morgenluft war kühl, der Himmel draußen schimmerte perlmuttfarben. In der Nacht hatte es stark geregnet, und vom Boden stieg dampfender Nebel auf, der sich um die Lebenseichen legte und dem Park eine unheimliche Atmosphäre verlieh.
    »Haust du beim Frühstück immer so rein?«, erkundigte sich Seth. Er saß ihr in einem grünen Flanellhemd mit hochgerollten Ärmeln gegenüber und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
    Sie nahm einen Schluck Kaffee. »Du willst wissen, wie zufrieden ich bin.«
    Ein selbstsicheres, leicht belustigtes Lächeln huschte über sein Gesicht. Andere Typen mussten so was vor dem Spiegel üben. »Du

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