Die Zeugin
anfangen, die Verdächtigen zusammenzutreiben, werde ich einen Beamten losschicken, der sich die Lichtung ansehen soll, von der Sie mir erzählt haben. Wenn wir jemanden vernehmen würden, Ihren Mann zum Beispiel, würden wir die anderen damit nur aufschrecken. Sie könnten sich verkriechen, untertauchen. Wir brauchen konkrete Beweise, bevor wir irgendwelche Verhaftungen vornehmen, und dann müssen wir schnell und koordiniert zugreifen.«
Natürlich hatte er recht. Das war die beste Strategie. Aber sie würde keine ruhige Minute haben, bis ihr Mann, Gibb und die übrigen in Haft waren. »Wann werden Sie anfangen?«
»Wenn Sie mir den Weg zu der Stelle beschreiben können, schicke ich gleich morgen jemanden hin.«
Sie erklärte ihm, wo sie Bamas Leiche finden konnten. AuÃerdem war sie sicher, daà Michael Li auch nicht mehr lebte, wenn sie ihn finden würden. Sie fragte sich, wie man seine leere Gefängniszelle in Prosper wohl erklären würde.
Als sie Braddock von ihrem Kampf mit Matt berichtete, hatte sie ihm gestanden, daà sie ihn bewuÃtlos geschlagen hätte. Sie verschwieg ihm ihre Befürchtung, ihn umgebracht zu haben. Diese Sackgasse würde sie erst beschreiten, wenn es sich nicht mehr vermeiden lieÃ.
»Wo sind Sie jetzt?« fragte er. »Wenn wir Beweise finden, die Ihre Geschichte stützen, dann sind Sie die Hauptzeugin und werden staatlichen Schutz brauchen.«
Das erschien ihr logisch. »Ich bin in einem Ort namens Kingwood.« Sie nannte ihm die Nummer des zweispurigen Highways, der durch den Ort führte. »Ich bin im Pleasant View Motel. Es ist nicht zu verfehlen, liegt direkt am Highway. Apartment 103. Wann werden Sie hier sein?«
»Morgen früh um neun.«
In sieben Stunden. Konnte sie es ertragen, so lange allein zu bleiben? Ihr blieb nichts anderes übrig. Sie hatte eine Streitmacht zu Hilfe gerufen; jetzt muÃte sie warten, bis sie eintraf.
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, riet ihr der Beamte. »Machen Sie keine Dummheiten, weil Sie besonders mutig sein wollen. Wenn Sie mir die Wahrheit erzählt haben â und ich beginne das langsam zu glauben â, dann haben wir es mit extrem gefährlichen Leuten zu tun.«
»Glauben Sie mir, das weià ich nur zu gut. Wenn sie mich finden, werden sie mich töten, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Zum Glück ist Ihnen das klar. Also verlassen Sie unter keinen Umständen Ihr Motel. Ist Ihnen möglicherweise jemand gefolgt?«
»Ziemlich sicher nicht.«
»Sonst weià niemand, wo Sie sind?«
»Nein. Ich bin wahllos herumgefahren und habe erst angehalten, als ich es für sicher hielt. AuÃer mit Ihnen habe ich mit niemandem gesprochen.«
»Gut. Ich werde einen Zivilwagen fahren. Einen grauen Sedan.«
»Dann halte ich nach Ihnen Ausschau.«
»Morgen früh um neun bin ich da und werde Sie direkt in unser Hauptbüro in Columbia bringen.«
»Danke, Mr. Braddock.«
Kendall legte auf, hob den Hörer aber wieder ab. Sollte sie ihre GroÃmutter anrufen? Ein Anruf um diese Uhrzeit würde die alte Dame bestimmt erschrecken. Und dieser besondere Anruf würde ihr eine Höllenangst einjagen.
Sie wählte eine Nummer.
»Ich hoffe, es ist wichtig.«
»Ricki Sue, ich binâs.«
Augenblicklich schlug die vergrätzte Stimme ihrer Freundin um. »Kendall, was...«, fragte sie überrascht.
»Bist du allein?«
»Bin ich die heilige Ulrike-Susanna?«
»Es tut mir wirklich leid. Ich würde dich nicht um diesen Gefallen bitten, wenn es nicht lebenswichtig wäre.«
»Was ist denn los? Ist was passiert?«
»Ja, aber das ist eine längere Geschichte. Kannst du bitte zu GroÃmutter fahren und die Nacht über bei ihr bleiben?«
»Wie... jetzt gleich?« fragte Ricki Sue wenig begeistert.
»Jetzt sofort.«
»Kendall, was zum Teufel...«
»Bitte, Ricki Sue. Glaub mir, ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht unumgänglich wäre. Bleib bei GroÃmutter, bis ich wieder anrufe. SchlieÃt die Türen ab und macht niemandem auf, nicht mal Matt oder Gibb.«
»Was...«
»Geht nicht ans Telefon, es sei denn, es klingelt vorher zweimal. Dann bin ich es. Okay, Ricki Sue? Sag GroÃmutter, daà ich
sie liebe und daà ich im Moment in Sicherheit bin. Ich rufe an, sobald ich kann. Danke.«
Sie legte auf, bevor Ricki
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