Die Zeugin
auf die Schriftstücke darin. »Wenn Gibb Burnwood nicht dabei gewesen wäre, hätte die Bruderschaft keinen Ritualmord ausgeführt. SchlieÃlich ist er ihr Gründer und Hohepriester.«
Sie sog die Luft zwischen den Zähnen ein und äuÃerte dann erbittert: »Hätte ich mir denken können!«
»Wieviel wissen Sie über die Vergangenheit Ihres Schwiegervaters?«
Sie zählte ein paar Fakten auf und meinte dann: »Nicht gerade viel, wie?«
Pepperdyne gab ihr eine Zusammenfassung des dicken Dossiers, das er über Gibb Burnwood angelegt hatte. »Sein Vater diente während des Zweiten Weltkriegs bei den Marines im Südpazifik. Er und eine Handvoll anderer Männer meldeten sich freiwillig für einen Sonderauftrag. Die anderen wurden im Lauf der ersten Woche getötet, nur er überlebte acht Monate lang auf einer winzigen, häufig von Japanern angelaufenen Insel; die meiste Zeit ernährte er sich von rohem Fisch, den er mit bloÃen Händen fing. Er tötete fünfzig feindliche Soldaten, ohne daà er gefangengenommen worden wäre. Als die Marines die Insel zurückeroberten, wurde er in die Heimat geflogen, wo man ihn als Held feierte.
Er konnte es nicht verwinden, daà der Krieg endete, ehe er wieder daran teilnehmen konnte. Eines Tages im Oktober 1947 putzte er sein Gewehr blitzblank, steckte sich die Mündung in den Mund und drückte mit dem groÃen Zeh den Abzug durch.
Der kleine Gibb vergötterte seinen Vater, obwohl er sich umgebracht hatte, und tat alles, um in seine FuÃstapfen zu treten. Er ging zu den Marines und kämpfte eine Zeitlang in Korea, doch der Krieg ging auch für seinen Geschmack zu schnell zu Ende. Als es in Vietnam krachte, war er bereits zu alt. Alle guten Kriege hatte er verpaÃt, deshalb begann er, seinen eigenen zu inszenieren. Matt war von Anfang an sein Adjutant.
Genau wie sein Vater war auch Gibb Mitglied im Ku-Klux-Klan, doch Anfang der sechziger Jahre kam es zur Trennung. Offensichtlich fand Gibb Burnwood den Klan zu zahm. Er
beschloÃ, seine eigene blindergebene Gruppe zu bilden, die nur handverlesenen Mitgliedern vorbehalten war, so daà er niemandem mehr Rechenschaft schuldete. Wir vermuten, daà es irgendwann Mitte der sechziger Jahre zur Gründung der Bruderschaft kam. Natürlich hat er Matt als Nachfolger für die Zeit nach seinem Tod vorgesehen.
Wir sind ihm schon seit dreiÃig Monaten auf den Fersen, haben aber immer noch keine konkreten Beweise, lediglich Vermutungen in der Hand. Sie allein, Mrs. Burnwood, können uns helfen, diesen Kerl zur Strecke zu bringen. Sobald er gefallen ist, werden die anderen umkippen wie Dominosteine.«
Ohne einen Mucks hatte Kendall Pepperdynes langem Vortrag gelauscht. Als er die Burnwood-Akte beiseite legte, meinte sie: »Sie können immer noch nicht beweisen, daà er oder Matt an dem Mord an Michael Li beteiligt waren. Die Bruderschaft hatte ein Jahr lang Zeit, alle Indizien zu vernichten. Ein guter Verteidiger â und Matt und Gibb werden sich den allerbesten nehmen â wird behaupten, meine Aussage sei nur die Rache dafür, daà Matt eine Affäre mit meiner Mandantin hatte.«
»Er hatte eine Affäre mit Ihrer Mandantin?«
»Ja.«
Pepperdyne verzog das Gesicht, kratzte sich am Kopf und blickte hilfesuchend zu John.
»Ich fürchte, sie hat recht, Jim«, meinte der. »Wenn das bei der Verhandlung herauskommt, wird man sie für eine verbitterte Ehefrau halten. Es würde den Prozeà ziemlich beeinträchtigen.«
»Mist.»
»Macht sowieso keinen Unterschied, Mr. Pepperdyne«, platzte es zornig aus ihr heraus. »Diese ganze Diskussion ist vollkommen sinnlos. Ich bin tot, bevor es zu einer Verhandlung kommt. Die Bruderschaft hätte keine dreiÃig Jahre bestehen können,
wenn ihre Mitglieder und deren Familien nicht absolut loyal gewesen wären. Glauben Sie im Ernst, man läÃt mich am Leben?
Ich habe mitangesehen, wie sie einen jungen Mann mit groÃer Zukunft kastriert und gekreuzigt haben, nur weil er asiatischer Abstammung war und die Unverschämtheit besaÃ, die Tochter eines Mitglieds zu lieben. Mein Verbrechen ist in ihren Augen noch tausendmal schlimmer. Selbst wenn ich die Aussage verweigern würde, würde man mich für meinen Verrat töten. Man würde mich ohne Bedenken und Skrupel umbringen, denn das wirklich Erschreckende an diesen
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