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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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zurück.«
    Im Laufe seiner beruflichen Laufbahn hatte John fast jede emotionale Reaktion beobachtet, die ein Mensch überhaupt ausdrücken kann. Er hatte alle Reflexe studiert, konditionierte wie unwillkürliche, und war ein Experte darin, selbst die kleinsten Veränderungen im Tonfall und in der Mimik wahrzunehmen. Er konnte mit erstaunlicher Genauigkeit Wahrheit von Lügen unterscheiden. Dazu war er berufen. Man verließ sich auf seine Menschenkenntnis.
    Deshalb glaubte John, daß Kendall Deaton aus tiefster Überzeugung sprach, als Jim ihr ihre Absicht erklärte, sie in den Staat zurückzubringen, aus dem sie geflohen war. Sie hielt ihm, mit aufsteigenden Tränen und das Baby instinktiv an ihre Brust gedrückt, vor Augen: »Wenn Sie mich dorthin zurückbringen, wird man mich töten.«
    Â 
    John hatte schon früher mit Jim Pepperdyne in einem Geiselrettungsteam zusammengearbeitet. Pepperdyne war ein hervorragender Polizist; John betrachtete ihn als einen seiner wenigen wahren Freunde. Obwohl John nicht mehr offiziell beim FBI war, hatte Pepperdyne ihm angeboten, der Vernehmung von Mrs. Burnwood beizuwohnen.
    Â»Nur als Beobachter«, hatte er beiläufig erklärt, während sie durch den Flur auf das Büro zuhielten, in dem Kendall wartete.
»Es könnte dich interessieren, wie es weitergeht. Außerdem muß ich wissen, ob sie vertrauenswürdig ist. Erzählt sie uns die Wahrheit oder nur einen Haufen Lügen?«
    Â»Du weißt doch, daß sie die Wahrheit sagt.«
    Â»Aber ihre Aussage muß so bombenfest sein, daß sie die Geschworenen von etwas überzeugen kann, das sie für schlichtweg unglaublich halten werden. Du bist ein kaltschnäuziger Hund«, hatte Pepperdyne ihm freundlich erklärt. »Du bist gerissener und zynischer als fast jeder Geschworene. Wenn sie dich überzeugt, dann haben wir so gut wie gewonnen.
    Â»Ich arbeite nicht mehr auf dem Gebiet«, hatte John ihm geantwortet, als sie vor dem Büro standen.
    Pepperdyne hatte die Hand auf den Knauf gelegt und John einen schrägen Blick zugeworfen: »Quatsch.«

27. Kapitel
    Sie war allein im Büro, nachdem sie einen Rechtsbeistand abgelehnt und erklärt hatte, daß sie sich selbst vertreten werde. Um ihren Sohn kümmerte sich vorübergehend eine Beamtin. Mrs. Burnwood wirkte nicht im geringsten verängstigt, nicht mal, als Pepperdyne ihr den Haftbefehl überreichte.
    Sie überflog ihn und sah dann verblüfft zu ihnen auf. »Darin wird Beugehaft für eine Zeugin angeordnet.«
    Â»Was haben Sie denn erwartet?« fragte Pepperdyne. »Einen Haftbefehl wegen Mordes vielleicht?«
    Â»Ist er tot?«
    Â»Matt Burnwood? Nein.«
    Sie preßte die Lippen zusammen, aber John konnte nicht erkennen, ob sie eher erleichtert oder bestürzt war. »Ich dachte, ich hätte ihn umgebracht.«
    Â»Falls Mr. Burnwood für das verurteilt wird, weswegen er angeklagt ist, wird er sich wahrscheinlich wünschen, er wäre tot.«
    Sie tippte sich mit einem Finger an die Stirn. Ihre Verunsicherung lag auf der Hand. »Moment mal. Das verstehe ich nicht. Heißt das etwa, daß Matt verhaftet und unter Anklage gestellt worden ist?«
    Â»Er, sein Vater und einige andere, die Sie als Mitglieder dieser Bürgerwehr benannt haben.« Pepperdyne reichte ihr eine Namensliste. »Die Anklagepunkte reichen von der Bildung einer kriminellen Vereinigung bis zum Mord ersten Grades. Da der Bezirksrichter sowie der Staatsanwalt unter Anklage stehen, haben frisch ernannte Vertreter ihre Ämter übernommen. Sie
sind alle in Haft, Mrs. Burnwood. Und keiner hat Kaution bekommen.«
    Â»Ich kann es einfach nicht glauben«, flüsterte sie leise. »Endlich hat jemand meine Anrufe ernst genommen.«
    Â»Wir hätten diese von Anfang an ernst genommen, wenn sie das zuständige Büro erreicht hätten.« Pepperdyne setzte sich auf die Schreibtischecke. »Jemand im Justizministerium hatte schon länger den Verdacht, daß da unten irgendwas faul ist. Zu viele Gefangene starben oder verletzten sich ganz unerwartet, während sie im Gefängnis von Prosper einsaßen. Die Urteile waren außerordentlich streng.«
    Â»Man hatte bereits ermittelt?«
    Â»Noch bevor Sie als Pflichtverteidigerin eingestellt wurden«, antwortete Jim. »Wir hatten einen verdeckten Ermittler da unten. Allerdings verschwand er spurlos, bevor er

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