Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
Vom Netzwerk:
strahlendes Lächeln und sagte: »Du kommst mir halbwegs normal vor. Ich hoffe, du bist es auch, denn bis jetzt war jeder, dem ich heute begegnet bin, völlig unzurechnungsfähig.«
    Matt lachte leise und ließ sich auf der Schreibtischecke nieder. »Die Footballsaison hat angefangen. Am Freitag ist das Heimspiel. Da sind hier alle ein bißchen verrückt.«
    Â»Ein bißchen verrückt? Wohl eher total durchgeknallt. Daneben. Bekloppt.«
    Â»Ahne ich da schon ein ›zum Beispiel...‹?«
    Â»Mal sehen. Draußen im Gang haben sich vorhin zwei Nachbarn ein Brüllduell geliefert. Der deutsche Schäferhund des einen hat den Garten des anderen als Toilette zweckentfremdet, kurz bevor dessen Tochter dort mit ihren Freundinnen das Cheerleader-Training abhielt. Und als dann die menschliche
Pyramide umkippte ... Na ja, du kannst es dir ausmalen, keine schöne Bescherung. Er klagt. Dann fragte mich ein Untersuchungshäftling, dem bewaffneter Raub vorgeworfen wird, ob ich ihn wenigstens für die Spieldauer aus dem Gefängnis holen könnte, sein zehnjähriges Klassentreffen findet nämlich da statt.«
    Matt mußte lachen. »Ich hab’s dir ja gesagt.«
    Â»Ohne daß Football etwas damit zu tun hätte, haben unser geschätzter Ankläger und ich uns durch die Leitung angebrüllt. Wir streiten darüber, ob die frühere Haftstrafe meines Mandanten wegen Körperverletzung mitangerechnet werden darf. Ich habe Dabney als Einmann-Lynchmob bezeichnet. Er hat mich als gefühlsduselige Liberale, Lesbe, Salonkommunistin und Yankee-Freundin beschimpft und dann aufgehängt. Seither geht er nicht mehr ans Telefon.«
    Matt hatte ihr voller Mitgefühl zugehört. »Dabney schmollt gerne, aber er ist nicht nachtragend.«
    Kendall kreuzte in schöner Regelmäßigkeit mit dem Ankläger die Klingen. Ihre Meinungsverschiedenheiten lagen in der Natur der Sache. So wie Kendall es sah, leistete sie keine gute Arbeit, wenn Dabney Gorn einmal nicht wütend auf sie war.
    Aber Gorn nahm die beruflichen Auseinandersetzungen oft persönlich, was Kendall die Sache doppelt erschwerte: Schließlich war er eine angesehene Persönlichkeit im Ort. Bei den vergangenen vier Wahlen hatte niemand gegen ihn kandidieren wollen, und bei den dreien zuvor hatte er jeweils mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Er war ein hochangesehener, führender Bürger der Stadt, stand für Recht und Gesetz, für Wahrheit und Gerechtigkeit und für den American Way. Folglich zählte jeder, der sich gegen ihn stellte, automatisch zu den bösen Buben – oder Mädchen.
    Darüber hinaus war er eng mit den Burnwoods befreundet.
Kendall wählte ihre Worte bedachtsam aus, wenn sie in Matts und Gibbs Gesellschaft über ihn redete. Deshalb verriet sie Matt nicht, daß sie Dabney Gorn für einen aufgeblasenen, gewissenlosen Winkeladvokaten hielt, dem es weniger um Gerechtigkeit als vielmehr darum ging, sein Amt zu behalten.
    Vereint mit Richter Fargo, dessen Ansichten sich bedauerlicherweise mit denen Gorns aufs Haar deckten, war der Ankläger ein gewaltiger Gegner. Weil Kendall aber nicht wie eine paranoide Heulsuse klingen wollte, behielt sie auch diese Einschätzung für sich.
    Â»Alles in allem«, schloß sie, »war heute der ganze Tag ein Flop.« Sie faltete die Hände, ließ sie auf die Schreibtischkante sinken und schenkte ihrem Mann ihre gesamte Aufmerksamkeit. »Und was kann ich für dich tun, mein hübscher Verleger?«
    Â»Zuerst mal könntest du mir einen Kuß geben.«
    Â»Ich glaube, das bringe ich noch zuwege.«
    Beide beugten sich über den Schreibtisch und küßten sich. Beim Zurücklehnen leckte sie sich die Lippen. »Danke, das habe ich gebraucht.«
    Â»Es ist die Footballsaison«, wiederholte Matt. »Alle sind auf hundertachtzig.«
    Â»War das auch schon so, als du noch gespielt hast?«
    Â»Machst du Witze? Was Dad betrifft, kommt Football direkt nach der Jagd. Wenn er mir nicht gerade das Schießen beigebracht hat, dann hat er mit mir Pässewerfen geübt.«
    Gibb hatte Kendall mit Anekdoten über Matts Heldentaten auf dem Footballplatz überhäuft. Wenn er davon erzählte, leuchteten seine Augen wie die eines frisch Bekehrten im Zelt eines Wanderpredigers. Kendall konnte sich nicht vorstellen, daß Gibb soviel Energie in seinen Sohn investiert

Weitere Kostenlose Bücher