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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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jemanden angeschwindelt?«
    Â»Nicht meinen Vater.«
    Â»Dann sag ihm die Wahrheit. Sag ihm, daß ich das prämenstruelle Syndrom hab’, daß ich zur Furie werde, weil du sooft abends weg bist, und daß ich gedroht habe, dich zu kastrieren, wenn du mich heute abend allein läßt.« Sie schoß aus ihrem Stuhl hoch, einen Brieföffner in der Hand.
    Lachend wehrte er den kriegerischen Stoß ab, den sie in Richtung seines Hosenschritts führte. »Ich wußte, daß du enttäuscht sein würdest.«
    Â»Ich bin nicht enttäuscht. Ich bin stinksauer.«
    Sein Lächeln erstarb. »Mußt du so reden?«

    Mit seinem Tadel brachte er sie nur noch mehr in Rage. »Nein, das muß ich nicht, Matt. Aber ich fühle mich wesentlich besser, wenn ich es tue. Nach drei Monaten Ehe zieht es mein Gemahl vor, seine Abende in Gesellschaft eines Waschbären-Jagdhundes statt mit mir zu verbringen. Ich finde, das gibt mir das Recht, vulgär zu werden.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu und ging an das Regal, wo sich die Bücher und Lederbände mit den amerikanischen Bundesgesetzen und den Staatsgesetzen von South Carolina stapelten. In einem Fach stand der Bilderrahmen von Roscoe. Sie hatte ein Hochzeitsbild in den Rahmen gesteckt und ihn so in ihrem Büro aufgestellt, daß er dem Hausmeister jedesmal ins Auge fallen mußte, wenn er zum Saubermachen hereinkam.
    Als er das erste Mal sein Geschenk an einem so prominenten Platz entdeckt hatte, war seine schmale Brust vor Stolz geschwollen. Seine Freude hatte den Tadel mehr als ausgeglichen, den sie sich von Gibb und Matt dafür eingehandelt hatte, daß sie sich ihren Wünschen nicht gebeugt und ihn zur Hochzeit eingeladen hatte.
    Â»Mir will nicht in den Kopf, was an einem neuen Jagdhund so wichtig sein soll.«
    Â»Mir ist er auch nicht wichtig«, antwortete Matt geduldig. »Sondern Leonard. Ich kann ihn nicht kränken.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. »Aber mich schon.«
    Â»Das möchte ich nicht.«
    Â»Du tust es aber.«
    Â»Ich tue nur eines«, erklärte er gepreßt. »Ich versuche, es allen recht zu machen, und allmählich wird das ziemlich anstrengend.«
    Offenbar nagte dieses Problem schon länger an ihm. Sie hatte unabsichtlich den Finger auf eine offene Wunde gelegt, und jetzt sprudelte es nur so aus ihm heraus.

    Â»Ich weiß nicht, was schlimmer ist, Kendall. Dein verletzter Blick, wenn ich mich deinen Wünschen nicht beuge, oder der Spott meiner Freunde, wenn ich es tue.«
    Das saß. »Vielleicht hättest du dir vor der Hochzeit überlegen sollen, daß ein verheirateter Mann nicht mehr sooft mit seinen Freunden zusammensein kann.«
    Â»Ich wollte doch heiraten, ich wollte dich. Aber du mußt auch verstehen, daß ...«
    Â»... sie die älteren Rechte haben. Vor allem Gibb.«
    Er trat näher und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Genauso ist es. Nach Moms Tod war ich sein ein und alles. Wir haben beinahe dreißig Jahre zusammengelebt. Nur wir beide. Jetzt, da ich aus dem Haus bin, ist er einsam.«
    Â»Einsam?« Sie traute ihren Ohren nicht. »Ich könnte dir auf der Stelle ein Dutzend Frauen nennen, die ihm hinterherhecheln und nur zu gern seine Gesellschaft genießen würden. Wenn er jede Einladung annehmen würde, könnte er das ganze Jahr über allabendlich eine neue Küche probieren. Er hat so viele Freunde, daß er sich unmöglich mit allen treffen kann. Warum mußt ausgerechnet du immer den Hofnarren für ihn abgeben?«
    Â»Weil er mein Vater ist und ich ihn liebe. Er liebt mich. Und er liebt dich«, beteuerte er. »Wirklich – hat er dir gegenüber jemals etwas Gehässiges oder Gemeines gesagt oder getan? Hat er nicht alles bedacht, damit du dich hier heimisch fühlst?«
    Sie senkte den Blick und atmete tief ein. »Richtig, Matt, das hat er. Trotzdem ...«
    Er legte seinen Finger auf ihre Lippen. »Wir wollen uns nicht streiten, Kendall. Ich hasse es, wenn wir uns streiten.«
    Sie dagegen haßte es, daß er jedesmal seine Argumente vortrug und dann sofort versuchte, Frieden zu schließen, ohne ihr eine Gelegenheit zu lassen, ihre vorzubringen. Aber jeder Jurastudent
wußte, daß es besser war, sich nur auf die wichtigsten Streitpunkte zu konzentrieren. Hier konnte sie tatsächlich nachgeben. Es war nicht so, daß er irgendwelche

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