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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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erdenkliche Unterstützung zugesagt, ob Haushälterin oder Kindermädchen, obwohl er überzeugt war, daß sie ihren Beruf und die Mutterschaft ohne große Probleme unter einen Hut bringen könnte.
    Sie verwendete keine Verhütungsmittel, aber zu ihrer Enttäuschung hatte ihr monatlicher Zyklus die Regelmäßigkeit des Mondes.
    Der Gedanke an den Mond ließ sie in die Gegenwart zurückkehren.

    Â»Ich hätte nicht gedacht, daß sie so hilflos und ... nackt aussehen«, beendete sie ihren Satz kleinlaut und deutete auf die Kadaver hinter ihr.
    Â»Anfangs sehen sie auch nicht so aus.« Matt versuchte erfolglos, seine Erheiterung zu verbergen. »Sie werden hierhergebracht und getötet, normalerweise durch einen Kopfschuß. Die Schlagader wird angestochen, und sie bluten aus. Dann wird die Haut mit kochendem Wasser überbrüht, und man kann die Borsten abschaben. Das braucht viel Zeit, deshalb erledigen das sonst ein paar bezahlte Hilfskräfte. Meistens Leute aus den Bergen. Dafür, daß sie die Schmutzarbeit tun, erhalten sie ein paar Dollar, die Reste und die Köpfe.«
    Kendalls Knie wurden weich. »Die Köpfe?«
    Â»Sie kochen sie und machen Sülze daraus – Schweinskopfsülze.«
    Â»Matt!«
    Sie drehten sich beide um und sahen Gibb neben zwei der baumelnden Kadaver stehen. Er war ähnlich ausstaffiert wie sein Sohn und winkte ihn zu sich.
    Â»Ich komme, Dad.« Matt sah Kendall zweifelnd an. »Und dir fehlt wirklich nichts?«
    Â»Es geht schon. Ich habe bloß noch nie gesehen ...«
    Â»Kendall, das ist nicht so gruselig, wie du tust. Sogar die Kinder schauen gern dabei zu.«
    Â»Nein, es ist wirklich aufregend.« Er und Gibb hatten geglaubt, ihr eine große Freude zu machen. Sie wollte nicht undankbar erscheinen. »Wahrscheinlich muß ich mich einfach erst daran gewöhnen.«
    Â»Matthew!«
    Â»Komme schon, Dad!«
    Matt gab ihr einen kurzen Kuß und eilte zu seinem Vater. Kendall atmete durch den Mund, um gegen die Übelkeit anzukämpfen.
Sie konzentrierte sich darauf, tief ein- und ganz langsam wieder auszuatmen. Die Luft war hier dünner als unten im Ort. Sie brauchte nur ein bißchen Sauerstoff, sonst nichts.
    Matt drehte sich zu ihr um. Sie raffte sich zu einem schüchternen Winken und halbwegs munteren Grinsen auf. Während Gibb einen der Kadaver festhielt, zog Matt die Messerklinge durch den Hals des Schweins und durchtrennte Muskeln und Gewebe, bis der Kopf nur noch an der Wirbelsäule hing. Dann reichte er das Messer seinem Vater zurück, packte den Kopf mit beiden Händen und drehte ihn ruckartig ab.
    Als sich der Kopf löste, fiel Kendall in Ohnmacht.
    Â 
    Sie spürte die spöttischen Blicke der ganzen Gemeinde, als sie dem Kirchendiener zur dritten Bank von vorn folgte, wo sie, Matt und Gibb jeden Sonntagmorgen saßen.
    Sobald sie sich niedergelassen hatte, schlug sie ihr Gesangbuch auf und gab vor, darin zu lesen, um sich nicht dem mitleidigen Lächeln der Männer und den verächtlichen Blicken der Frauen stellen zu müssen, die sie bestimmt alle für ein zartbesaitetes Mimöschen hielten.
    Am liebsten hätte sie laut losgebrüllt: »Ich falle sonst nie in Ohnmacht!«
    Natürlich tat sie nichts dergleichen, aber Matt spürte ihre Verkrampftheit doch. Er beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte: »Entspann dich, Kendall.«
    Â»Ich kann nicht. Alle wissen, was gestern früh passiert ist.«
    Auf der Ladefläche von Gibbs Pick-up war sie wieder zu Bewußtsein gekommen, umringt von besorgten Menschen, die ihr die Wange tätschelten, die Handgelenke massierten und sich über ihre empfindliche Konstitution ausließen. Sie wäre am liebsten im Boden versunken.
    Â»Du machst dir zuviel daraus«, wies Matt sie zurecht. »Selbst
wenn sich herumgesprochen hätte, daß du in Ohnmacht gefallen bist – na und?«
    Â»Es ist mir peinlich!«
    Â»Das braucht es dir nicht zu sein. Du hast wie eine richtige Frau auf diese neue Erfahrung reagiert. Außerdem hast du mir dadurch Gelegenheit gegeben, die Sache von neulich wettzumachen. Ich habe dich wie ein tapferer Ritter zum Wagen getragen und mich um dich gekümmert.« Er lächelte. »So hilflos siehst du wirklich niedlich aus!«
    Sie hätte einwenden können, daß das Adjektiv niedlich bei einer offiziellen Strafverteidigerin nicht gerade

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