Die Zeugin
Job in South Carolina hörte. Ich hoffte, daà ich hier für Gerechtigkeit kämpfen könnte, ohne mich ständig fragen zu müssen, wieviel Profit meiner Kanzlei dadurch entging. Ich respektiere das Gesetz. Und ich stehe zu der altmodischen, traditionellen Ãberzeugung, daà es für alle Menschen und nicht nur für Rechtsgelehrte gilt.
Ãbrigens starb die Frau, bevor ihr Fall vor Gericht kam. Sie starb, ohne ihre Kinder noch einmal sehen zu dürfen. Deshalb nehme ich es mir so zu Herzen, wenn ich einen Fall verliere. Es ist, als hätte ich sie wiederum verraten.«
Nach kurzem Schweigen meinte Gibb leise: »Eine traurige Geschichte, Kendall. Aber du darfst nicht glauben, daà du versagt hast, nur weil der Richter Billy Joe nach Columbia geschickt hat.«
»Unter den gegebenen Umständen war das unnötig. Das steht in keinem Verhältnis zu seinem Vergehen.«
»Nun, ich bin bloà ein schlichter Sportartikelhändler, kann mir nicht anmaÃen zu erklären, wie H. W. zu dieser Entscheidung gelangt ist«, schränkte Gibb ein. »Er ist auch nur ein Mensch. Natürlich bist du enttäuscht, aber sein Urteil sagt nicht das geringste über deine Fähigkeiten aus. Du hast dein Bestes gegeben. Mehr kann niemand von dir erwarten.«
Das tat ihr gut. Sie lächelte tapfer. »Danke, daà du zu mir hältst, Gibb.«
»Dad ist ein Magier, wenn es darum geht, die Dinge in den richtigen Blickwinkel zu rücken. Er hat immer recht.«
Kendall stellte sich hinter Matts Stuhl und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Ich brauche einen Freund. Wollen wir wieder Freunde sein?«
Er legte den Kopf in den Nacken. »Was meinst du?«
Sie beugte sich über ihn und küÃte ihn auf die Stirn. »Danke, daà du mich retten wolltest. Ich wuÃte gar nicht, daà du so schneidig und tapfer sein kannst. Es tut mir leid, wenn du den Eindruck hattest, ich wüÃte deinen heldenhaften Einsatz nicht zu schätzen.«
»Schon verziehen.« Sie küÃten sich, dann legte er ihre Hände über seiner Brust zusammen und hielt sie fest. »Dad, sollen wir ihr von der Ãberraschung erzählen, die wir uns für dieses Wochenende ausgedacht haben?«
»Ãberraschung?« Sie stürzte sich auf diese Ankündigung.
Es war ein grauenhafter Tag gewesen. Morgen würde es nicht viel besser werden, weil sich bis dahin die Nachricht ihrer Niederlage herumgesprochen hatte. Alle Welt würde darüber reden. Bama, der Vagabund, hatte es schon gewuÃt, als sie an diesem Nachmittag aus dem Gerichtsgebäude gekommen war.
»Wirklich schade, Frau Anwältin«, hatte er gesagt. »Aber nächstes Mal gewinnen Sie.« Sein erhobener Daumen munterte sie nur wenig auf. Im Gegenteil, seine Armseligkeit hatte sie nur noch mehr deprimiert.
Tief im Herzen wuÃte sie, daà sie ihr Bestes gegeben hatte, trotzdem belastete sie eine solche Niederlage. Wenn sie verlor, hatte sie immer das Gefühl, all die Menschen zu enttäuschen, die ihr vertrauten â ihre Mandanten, deren Familien, ihre GroÃmutter, sogar ihre toten Eltern.
Die Niederlage heute war besonders bitter gewesen, aber sie lag hinter ihr. Sie würde sich den Fall Crook eine Lehre sein lassen und sich mit neuer Kraft auf den nächsten stürzen. Sie würde härter arbeiten. Geschickter vorgehen. Sie war fest entschlossen weiterzumachen.
Langsam begann sich ihre Stimmung aufzuhellen. Die Vorstellung von einem entspannten Wochenende bezauberte sie. »Was habt ihr beide geplant?« fragte sie.
»Matt hat mir erzählt, daà du ihm in letzter Zeit zusetzt, weil du uns begleiten möchtest.«
»Als zusetzen würde ich das nicht bezeichnen«, zierte sie sich.
»Wie wärâs mit piesacken, bearbeiten oder beknien?«
Sie versetzte Matt aus Spaà einen Schubs in die Magengrube, woraufhin er übertrieben aufstöhnte.
Gibb schien froh, daà die familiäre Harmonie wiederhergestellt war, und lächelte sie nachsichtig an. »Sollen wir es dir jetzt verraten oder nicht?«
Kendall setzte eine todernste Miene auf. »Jetzt oder nie!«
»Am Samstag ist Vollmond.«
Sie sah ein Diner im Kerzenschein in einer gemütlichen Pension in den Bergen, vielleicht auch eine Mondscheinfahrt auf dem See vor sich.
»Vollmond im November kann nur eines bedeuten«, verkündete Matt und spannte sie damit noch mehr
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