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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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auf die Folter.
    Â»Was denn?« hauchte sie atemlos.
    Â»Schlachtfest!«

12. Kapitel
    Gibb traf bereits vor der Morgendämmerung ein und drängte zum Aufbruch. Kendall wurde in die eisige Frühluft hinausgescheucht. Der Atem dampfte in dicken Wolken vor ihren Gesichtern, als sie zu Gibbs Pick-up marschierten und in die Kabine kletterten. Sie bibberte in ihrem Mantel und klemmte sich die behandschuhten Hände unter die Achseln, um sie warm zu halten.
    Matt drückte sie an sich. »Kalt?«
    Â»Ein bißchen. Aber mir wird schon warm werden.« Sie war auf eigenen Wunsch hier, sie hatte dabeisein wollen. Daher würde sie sich nicht beklagen.
    Â»Bevor es Kühlgeräte gab, konnte man die Schweine nur bei Temperaturen um den Gefrierpunkt schlachten«, erläuterte Gibb, während er den Pick-up die Auffahrt hinuntersteuerte. »Sonst wäre das Fleisch schlecht geworden.«
    Â»Das klingt vernünftig.«
    Â»Darum wurde das Schlachten zu einer Herbsttradition. Wir mästen die Schweine den ganzen Sommer über mit Mais.«
    Â»Wir?«
    Â»Nicht wir selbst«, schränkte Matt ein. »Wir haben einen Bauern, der sie für uns mästet.«
    Â»Ich verstehe.«
    Â»Der Schinken an unserem Hochzeitsabend stammte von einem unserer Schweine«, verkündete Matt stolz.
    Sie grinste schief: »Ich hatte ja keine Ahnung, daß ich einen Freund der Familie verspeise.«
    Er und Gibb lachten. Matt sagte: »Hast du vielleicht geglaubt,
das Fleisch wird in den Vakuumpäckchen gezüchtet, die man im Supermarkt kauft?«
    Â»Die Vorstellung ist mir jedenfalls angenehmer.«
    Â»Bist du sicher, daß du kein Stadtmädchen bist?«
    Seine Bemerkung erinnerte sie an das, was die Crooks zu ihr gesagt hatten, und rief ihr wieder ins Gedächtnis, daß Billy Joe heute nach Columbia überstellt werden sollte. Er war jetzt schon ein Hitzkopf und Unruhestifter mit einem gehörigen Minderwertigkeitskomplex. Zudem hatte er keinen Zweifel daran gelassen, daß er sich nicht analysieren lassen wollte. Sie befürchtete, daß die R & E in seinem Fall verheerende Konsequenzen haben würde. Eine düstere Vorahnung überkam sie.
    Matt drückte sie fester an sich, weil er glaubte, sie zittere vor Kälte.
    Â 
    Die Lichtung lag in einer abgelegenen, dichtbewaldeten Gegend und war nur über einen holprigen, schmalen Waldweg zu erreichen, der von der Straße abzweigte. Als sie eintrafen, hatten sich bereits mehrere Dutzend Familien dort versammelt.
    Die Atmosphäre erinnerte an ein Volksfest. Die klare Luft roch nach dem Rauch der vielen Lagerfeuer, über denen in riesigen Kesseln Wasser kochte.
    Kinder spielten zwischen den Bäumen Fangen. Die Teenager hatten sich in einer dichten Traube um das Heck eines Pick-ups geschart. Sie lärmten und lachten.
    Die Burnwoods wurden lautstark begrüßt, als sie aus Gibbs Truck stiegen. Jemand streckte Kendall einen Henkelbecher hin. Sie nippte glücklich an dem heißen Kaffee und wollte sich eben dafür bedanken, als sie die Kadaver sah.
    Die Schweine waren einzeln mit dem Kopf nach unten an den Fußsehnen aufgehängt worden, durch die man eine dünne Stange gezogen hatte. Jede Stange ruhte auf zwei gegabelten Pfosten.
    Es waren so viele, daß sie gar nicht den Versuch unternahm, sie zu zählen. Und doch konnte sie den Blick nicht von dem Schreckensbild abwenden.
    Â»Kendall? Liebes?«
    Matt klang besorgt. Er legte ihr die Hand auf die Wange und drehte ihr Gesicht in seine Richtung. Er hatte schwarze Gummihandschuhe übergestreift, die sich kalt und fremd auf ihrer Haut anfühlten. Außerdem trug er einen Overall, eine lange Gummischürze und kniehohe Gummistiefel.
    Der Boden unter seinen Füßen war fast blank. Die paar Grashalme, die hier noch wuchsen, waren niedergetrampelt worden. In dem Dreck zeichneten sich, wie auf dem Overall ihres Mannes, zahllose rostbraune Flecken ab.
    Sie deutete darauf und fragte ängstlich: »Ist das Blut?«
    Â»Hier nehmen wir gewöhnlich unsere Jagdbeute aus.«
    Sie schluckte mühsam.
    Â»Du siehst blaß aus, Kendall. Ist alles in Ordnung?«
    Â»Mir ist ein bißchen flau.«
    Â»Darf ich hoffen, daß es sich um morgendliche Übelkeit handelt?
    Â»Leider nein«, antwortete sie bedrückt.
    Sie war darüber genauso enttäuscht wie er. Er wünschte sich sehnlichst ein Kind und hatte ihr deshalb alle nur

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