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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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hätte.
    Ahnte Matt etwas? Wohl kaum. Es war nicht ungewöhnlich, daß sie kurz nach Tagesanbruch aus dem Haus ging. Sie kam oft vor dem offiziellen Arbeitsbeginn ins Büro, um sich ungestört ihren Akten widmen zu können.
    An diesem Morgen war sie allerdings in die Praxis ihres Gynäkologen gefahren. Matt wollte sie erst einweihen, nachdem sie die medizinische Bestätigung hatte, daß das langersehnte Burnwood-Baby endlich empfangen worden war.
    Sie hatte den Arzt und seine Helferinnen beschworen, ihr Geheimnis zu wahren. In Prosper verbreiteten sich Neuigkeiten in Windeseile. Matt sollte die gute Nachricht nicht von jemand anderem erfahren, ehe sie Gelegenheit hatte, sie selbst zu überbringen.
    Vielleicht beim Mittagessen? Ja, sie würde ihn anrufen und sich irgendwo mit ihm treffen. Oder vielleicht würde sie bis heute abend warten und es ihm bei einem Abendessen im Kerzenschein verraten.
    Es war noch früh, als sie am Gericht eintraf. Außer ihrem stand noch kein Wagen auf dem Parkplatz. Als sie ins Gebäude und durch die verlassenen Gänge auf ihr Büro zuging, hatte sie das Gefühl, über dem Boden zu schweben.

    Als sie um die Ecke bog, sah sie, daß in ihrem Büro Licht brannte. Auch Roscoe war also schon an der Arbeit. Sie streckte den Kopf durch die offene Tür, aber statt ihm einen guten Morgen zu wünschen, entfuhr ihr: »O mein Gott!«
    Der Hausmeister wäre vor Schreck fast gestorben, doch als er Kendall sah, verwandelte sich seine entsetzte Miene in Mitgefühl. »Ich wollte eigentlich alles gereinigt haben, bevor Sie kommen, Mrs. Burnwood.«
    Das Büro war verwüstet. Jemand hatte die Glasscheibe in ihrer Tür eingeschlagen, und Splitter übersäten den Boden. Aktenschränke waren aufgebrochen worden, deren Inhalt überall im Raum verstreut lag. Die Gesetzbücher hatte man aus den Regalen gezogen.
    Die beiden von ihr liebevoll gepflegten Usambaraveilchen waren kopfüber auf die Schreibunterlage gestürzt worden. Abgesehen von ihren zerfransten Blättern und einem Häufchen schlammiger Blumenerde gähnte Leere auf ihrem Schreibtisch. Alles Arbeitsmaterial war zu Boden gefegt, zerfetzt, zertreten, zerbrochen worden. Aus den Polstern ihres ledernen Schreibtischsessels quoll die Füllung.
    Â»Wer war das?« wollte sie wissen.
    Â»Glauben Sie, es ist das Werk dieser miesen Crook-Zwillinge?«
    Ja, das glaubte sie, aber sie äußerte ihren Verdacht nicht, sondern rief die Polizei. Kurz darauf trafen zwei Beamte ein. Routinemäßig nahmen sie die Ermittlungen auf, Kendall merkte ihnen jedoch an, daß sie diesem Vandalismus keine große Beachtung schenkten. Nachdem sie überall Fingerabdrücke genommen hatten, folgte sie den Beamten in den Flur, wo Roscoe sie nicht hören konnte.
    Â»Haben Sie verwertbare Abdrücke gefunden?«
    Â»Schwer zu sagen«, antwortete der eine. »Wahrscheinlich
stammen sie alle von Ihnen, Ihrer Sekretärin und dem alten Nigger.«
    Der andere Beamte machte eine Kinnbewegung in Richtung Büro. »Woher wollen Sie wissen, daß nicht er es war?«
    Kendall war so schockiert über die rassistische Unterstellung, daß sie die Frage erst gar nicht verstand. »Mr. Calloway?« fragte sie ungläubig. »Was für ein Motiv sollte er denn haben?«
    Die Beamten tauschten angesichts solcher Einfalt einen vielsagenden Blick.
    Einer meinte: »Wir lassen es Sie wissen, wenn wir irgendwas von Bedeutung rausfinden, Mrs. Burnwood. Haben Sie sich in letzter Zeit Feinde gemacht?«
    Â»Jede Menge«, antwortete sie spitz. »Vor allem unter Ihren Kollegen.«
    Sie hatte nichts zu verlieren. Man würde ihre Anzeige routinemäßig aufnehmen und sie dann vergessen. Es würde keine weiteren Nachforschungen geben. Bei der Polizei war sie nicht eben beliebt. Sie hatte zu viele Polizisten im Kreuzverhör zur Strecke gebracht.
    Â»Vielen Dank für Ihre Mühe.«
    Noch während sie ihnen nachschaute, wußte sie, daß der Fall damit erledigt wäre, es sei denn, sie würde sich selbst darum kümmern, was sie aber wegen Matt nicht vorhatte. Wenn er von dem Vorfall erfuhr, würde er vielleicht seine Drohungen wahrmachen, den Crooks ernsthaften Schaden zuzufügen.
    Â»Roscoe, helfen Sie mir, hier sauberzumachen?« fragte sie, als sie wieder ins Büro trat.
    Â»Damit habe ich doch schon angefangen.«
    Â»Danke. Die Akten müssen

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