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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Jahre schätzte, drehte eine Pirouette auf dem Vorderrad und flitzte heran.
    Â»Was ist mit Ihrem Bein?«
    Â»Hab’ ich mir bei einem Autounfall verletzt.«
    Â»Ihren Kopf auch?«
    Â»Ja, meinen Kopf auch. Wo sind wir hier? Sind wir in Tennessee?«
    Der Junge brachte sein Rad abrupt zum Stehen, sah dem Mann erfahren in die Augen und grinste dann breit. »Niedlich. Sie sind high, stimmt’s?« Er formte Daumen und Zeigefinger zu einem Ring, drückte die Spitzen gegen die Lippen und sog, als würde er an einem Joint ziehen.
    Â»Ich bin nicht high. Ich will bloß wissen, wo ich mich befinde.«
    Die Antwort kam in Bühnenflüsterton. »In Katmandu, Sir. Sagen Sie mal, sind Sie nicht ein bißchen zu alt zum Kiffen? Ich meine, Sie sind doch mindestens vierzig.«
    Â»Ja, uralt, ein Dinosaurier. Also, wie heißt dieses verdammte Nest hier?«
    Â»Mann, Sie sind vielleicht drauf.« Der Junge brachte sein Fahrrad in sicheren Abstand, stieg wieder auf und raste davon.
    Â»He, warte!«
    Der Junge zeigte ihm den Stinkefinger.
    Ã„ngstlich sah er sich um, ob jemand den Wortwechsel mitbekommen hatte. Er war nicht sicher, ob er wollte, daß man die
Polizei auf einen zerschrammten Fremden hinwies, der komische Fragen stellte. Er wollte nur zum Postamt, um herauszufinden, wo genau er war und ob eines der Fahndungsplakate an der Wand sein Gesicht zur Schau stellte.
    Er versuchte, die verbleibende Entfernung abzuschätzen, und gelangte zu dem Ergebnis, daß das Postamt weiter weg war, als er geglaubt hatte. Der Versuch, in der glühenden Hitze den Parkplatz zu überqueren, hatte ihn völlig entkräftet.
    Wieviel Zeit blieb ihm, bevor sie zum Auto zurückkehrte? Wie lange würde sie für ihren Einkauf brauchen? Was wollte sie außer seinem Bier noch besorgen? Sie hatte es nicht besonders eilig gehabt, als sie in den Laden verschwand ...
    Plötzlich sah er Kendall wieder vor sich, bevor sie den Supermarkt betreten hatte. Sie trug Kevin, ihre Handtasche, und die Wickeltasche. Die Wickeltasche. Wozu brauchte sie die Wickeltasche, wenn sie nur ein paar Minuten einkaufen wollte?
    Er kehrte um und humpelte zurück, so schnell es seine Krükken erlaubten. »Du gottverdammter Idiot«, schnaufte er. »Wie konntest du sie nur aus den Augen lassen?«
    Er hatte die vage Ahnung gehabt, daß sie sich absetzen wollte. Deshalb hatte er darauf bestanden, mitzufahren. Aber wie hatte er nur glauben können, das würde sie davon abhalten, das zu tun, wozu sie offensichtlich fest entschlossen war? Er hatte ihr geradewegs in die heimtückischen kleinen Hände gespielt.
    Seine Leichtgläubigkeit und seine Behinderung verfluchend, zwang er sich, schneller zu hüpfen.
    Â 
    Â»O mein Gott. Mein Gott.« Erst als sie sich wimmern hörte, merkte Kendall, daß sie laut gesprochen hatte.
    Mit gesenktem Kopf wich sie von dem Zeitungsstand zurück, weg von dem riesigen Foto ihres Gesichts auf der Titelseite. Dann stürzte sie in Richtung Hinterausgang.

    Sie mußte das Weite suchen, bevor sie erkannt wurde. Waren die fünf Minuten schon um? Mrs. Williams würde bereits auf sie warten. Kendall war klar, daß die Frau wahrscheinlich wieder abfuhr, wenn sie nicht rechtzeitig am Treffpunkt erschien.
    Dann kam ihr ein weiterer, entsetzlicher Gedanke: Was war, wenn Mrs. Williams die Morgenzeitung gelesen hatte und sie entlarvte?
    Dieses Risiko würde sie eingehen müssen, beschloß sie. Sie hatte keine andere Wahl. Genau wie sie befürchtet hatte, war die Menschenjagd eröffnet – und sie war die Beute.
    Draußen kniff sie die Augen zusammen und hielt sich dicht an der Wand. Er würde sie vom Auto aus nicht sehen können, aber...
    Â»Wohin des Wegs?«
    Kendall fiel das Herz in die Hose. Sie wirbelte herum. Er lehnte erschöpft auf seinen Krücken. Seine Brust hob und senkte sich schwer unter den keuchenden Atemzügen. Aus seinem Haar tropfte Schweiß.
    Â»Warum bist du nicht im Wagen geblieben?«
    Â»Warum kommst du zu dieser Tür raus? Das Auto steht auf der anderen Seite.«
    Â»Ã„h, also, ich habe drinnen wohl die Orientierung verloren.«
    Â»Aha. Und warum hast du nichts gekauft?«
    Warum hatte sie nichts gekauft? Denk nach, Kendall! »Kevin hat Milch gespuckt, sobald wir drinnen waren. Ich glaube, es geht ihm nicht gut. Er ist quengelig und nervös, vielleicht wegen der Hitze.«
    Â»Ich

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