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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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erzählen, wenn sie vernommen wird?«
    Â»Daß ich sie nicht vergewaltigt habe!« rief er aus. »Ich habe sie nie auch nur gedrängt. Das wird sie ihnen erklären, wenn sie es nicht schon getan hat. Sie wird nicht zulassen, daß man mich verurteilt. Sobald die Polizei mit ihr spricht und sich die Wahrheit herausstellt, wird man mich freilassen.«
    Kendall teilte sein Vertrauen in Kimberley Johnsons Loyalität nicht. Vielleicht hatte Herman Johnson, als er seine Tochter in flagranti mit Michael Li erwischte, das Mädchen durch seine aggressive Reaktion so eingeschüchtert, daß sie die Polizei, den Staatsanwalt und die Geschworenen anlügen würde, nur um dem Zorn ihres Vaters zu entgehen.
    Kendall hatte schon Zeugen zu ihrem eigenen Schutz Meineide schwören sehen, bei denen viel weniger auf dem Spiel stand. Vor allem, wenn die Bedenken der Johnsons gegen Michael Li auf rassistische Vorurteile zurückzuführen waren, hatte Kim möglicherweise Angst, von ihrer Familie ausgestoßen zu werden, falls sie zugab, daß sie aus freien Stücken mit Michael geschlafen hatte.
    Und selbst wenn Kim ihren Eltern gestand, daß sie Michael liebte, war nicht ausgeschlossen, daß man sie zum Lügen zwingen würde. Vielleicht wollten ihre Eltern nicht, daß sich die Affäre ihrer Tochter mit einem jungen Mann asiatischer Abstammung herumsprach, auch wenn dieser Mann Jahrgangsbester seiner Schule war und eine glänzende Zukunft vor sich hatte.
    Kendall schalt sich, weil sie den Johnsons, die sie kaum kannte, Bigotterie unterstellte. Aber sie rechnete mit dem Schlimmsten. Höchstwahrscheinlich würden sie alles nur Erdenkliche unternehmen, um zu beweisen, daß Michael Li ihre
Tochter vergewaltigt hatte. Und Kim würde wahrscheinlich mitmachen, um einen Skandal zu vermeiden und um den drohenden Strafen zu entgehen.
    Doch Kendall wollte nicht, daß ihr Mandant ihre bösen Vorahnungen bemerkte. Es war wichtig, der Situation etwas Positives abzugewinnen. »Bestimmt werden Ihre Klassenkameraden aussagen, daß Sie und Kim ein Paar sind. Ihre Lehrer werden sich lobend über Ihren Charakter äußern. Alles in allem spricht eine Menge für uns.«
    Sie schob den Notizblock in die Aktentasche und stand auf. »Ich hoffe, daß Mr. Johnson seine Klage zurückzieht. Falls er das nicht tut, werde ich für morgen Ihre Kautionsverhandlung beantragen.«
    Der Junge war fest überzeugt, daß es nicht soweit kommen würde. »Kim liebt mich genauso wie ich sie. Sie wird ihnen die Wahrheit sagen. Dann wird ihrem Vater gar nichts anderes übrigbleiben, als die Anzeige zurückzuziehen.«
    Kendall wünschte, sie könnte ebenso zuversichtlich sein.
    Â 
    Nie verließ sie das Gerichtsgebäude, ohne an Bama zu denken. Der Obdachlose mußte den Ort auf einem Güterzug verlassen haben. Wenigstens hatten sie und Roscoe sich das so zusammengereimt.
    Â»Ich schätze, den hält’s nirgendwo lange«, hatte der Hausmeister geantwortet, als Kendall ihn gefragt hatte, ob ihm auch aufgefallen sei, daß Bama nicht mehr auf seinem Posten auf der Treppe vor dem Gericht saß. »Eines Morgens ist er plötzlich von irgendwoher aufgetaucht. Und ich schätze, dahin ist er auch wieder verschwunden. Irgendwohin. Werd ihn vermissen«, fügte er bedauernd hinzu.
    Mittlerweile war Bama schon über eine Woche verschwunden. Als sie nach dem Gespräch mit Michael Li aus dem Gericht
kam, wurde sie schmerzlich an die kurzen Wortwechsel mit ihm erinnert. Sie fehlten ihr. Er hatte sie morgens als erster begrüßt und sie abends als letzter verabschiedet. Er war ihr fast ein Freund geworden.
    An diesem Nachmittag hatte sie das Gefühl, von allen Freunden verlassen zu sein.
    Ihr Büro war nach der Randale der Crooks noch nicht wieder völlig instand gesetzt. Sie glaubte immer noch, daß die beiden dahintersteckten, obwohl sie keine Beweise dafür hatte und die Polizei, wie nicht anders zu erwarten, keine weiteren Nachforschungen anstellte.
    Die Unordnung in ihrem Büro verursachte ihr plötzlich Platzangst. Das Treffen mit Michael Li hatte sie deprimiert. Deshalb beschloß sie, mit der Beweisakte im Fall Lynam zu Mrs. Lynams Haus zu fahren, um den erdrückenden Mauern zu entfliehen. Die frische Luft würde ihr guttun, hoffte sie, und während der Fahrt hätte sie endlich Zeit, ungestört nachzudenken.
    Sie fühlte sich

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