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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Folterer gewesen bist und Autarch zu werden versprachst. Du hast sowieso viel mehr zu fürchten. Bald werden die Sklaven von Erebus, die dich hier gefangengehalten haben, deine Flucht entdecken; und Erebus würde diese ganze Armee und viele mehr in den Abgrund stürzen, um dich zu erwischen. Komm!« Er zog mich auf die Brücke.
     

 
Der Sandgarten
     
    Dieses Schiff wurde von Händen bewegt, die ich nicht sehen konnte. Ich hatte gedacht, wir würden emporschweben wie der Flieger oder wie der grüne Man in irgendeinem Korridor der Zeit verschwinden. In Wirklichkeit aber stiegen wir so rasch in die Höhe, daß mir übel wurde; daneben vernahm ich das Bersten mächtiger Stämme.
    »Du bist jetzt der Autarch«, erklärte mir Meister Malrubius. »Weißt du das?« Seine Stimme schien sich mit dem Pfeifen des Windes im Takelwerk zu vermischen.
    »Ja. Mein Vorgänger, dessen Sinn nun einer der meinen ist, kam auf dieselbe Weise wie ich ins Amt. Ich kenne die Geheimnisse, die Befehlswörter, obgleich ich noch keine Zeit hatte, mir dazu Gedanken zu machen. Bringst du mich zum Haus Absolut zurück?«
    Er schüttelte den Kopf. »Du bist noch nicht bereit. Du glaubst, alles, was die alten Autarchen gewußt haben, stehe dir nun zur Verfügung. Da hast du recht – freilich beherrschst du es noch nicht gut genug, und wenn die Prüfungen kommen, wirst du vielen begegnen, die dich erschlagen, solltest du zaudern. Du bist in der Zitadelle von Nessus aufgewachsen – wie lauten die Worte für ihren Kastellan? Wie sind die Menschenaffen in der Schatzmine zu bändigen? Welche Sprüche öffnen die Gewölbe im Geheimen Haus? Du brauchst es mir nicht zu sagen, denn dies sind die Geheimnisse deines Standes, und ich kenne sie ohnedies. Aber kennst du sie, ohne lange überlegen zu müssen?«
    Obgleich ich die erforderlichen Sprüche im Kopf hatte, kam ich in Bedrängnis, als ich sie mir vorsagen wollte. Wie kleine Fische entschlüpften sie mir immer wieder, so daß ich zuletzt nur die Achseln zucken konnte.
    »Und noch etwas hast du zu tun. Ein Abenteuer mehr, abgesehen vom Wasser.«
    »Was?«
    »Wenn ich’s dir sage, kommt’s nicht dazu. Sei unbesorgt. Es ist ganz einfach, in einem Atemzug überstanden. Aber ich muß viel dazu erklären und habe nicht viel Zeit dafür. Glaubst du an die Ankunft der Neuen Sonne?«
    Wie ich in mir selbst nach den Befehlswörtern gesucht hatte, so suchte ich dort nach einer Antwort darauf; freilich glückte mir das auch nicht besser. »Mein Leben lang wurde mir das beigebracht«, sagte ich. »Aber meine Lehrer – der echte Malrubius war einer davon – glaubten wohl selbst nicht daran. Ob ich daran glauben soll, weiß ich also nicht.«
    »Wer ist die Neue Sonne? Ein Mensch? Wenn ein Mensch, wie kann es dann möglich sein, daß alles, was grünt und blüht, bei seinem Nahen wieder ein sattes Grün bekommt und die Kornspeicher wieder voll werden?«
    Es war wirklich eine Qual, auf Dinge angesprochen zu werden, die ich in der Kindheit aufgeschnappt hatte, während mir allmählich klar wurde, daß ich die Republik geerbt hatte. Ich sagte: »Die Neue Sonne wird der Schlichter sein, der wiedergekehrte – ihr Avatara, der Gerechtigkeit und Frieden spendet. In Bildern wird er dargestellt mit einem leuchtenden, sonnengleichen Gesicht. Ich war Lehrling der Folterer, kein Akoluth, und das ist alles, was ich weiß.« Ich raffte wegen des kalten Windes meinen Mantel zusammen. Triskele kauerte zu meinen Füßen.
    »Und was braucht die Menschheit mehr? Gerechtigkeit und Frieden? Oder eine Neue Sonne?«
    Hierauf versuchte ich zu lächeln. »Mir ist in den Sinn gekommen, daß du zwar kaum mein alter Lehrer sein kannst, vielleicht aber seine Persönlichkeit aufgenommen hast wie ich die Chatelaine Thecla. Wenn ein Klient ins äußerste Extrem getrieben wird, sehnt er sich nach Wärme und Nahrung und Linderung seiner Pein. Frieden und Gerechtigkeit kommen erst nachher. Regen steht für Gnade und Sonnenschein für Güte, aber Regen und Sonnenschein sind besser als Gnade und Güte. Denn sonst würden sie das, wofür sie stehen, herabsetzen.«
    »Im großen ganzen hast du recht. Der Meister Malrubius, den du gekannt hast, lebt in mir, und dein alter Triskele ist dieser Triskele. Aber das ist nun unwichtig. Wenn Zeit bleibt, wirst du’s erfahren, ehe wir gehn.« Malrubius schloß die Augen und kratzte sich das graue Haar auf seiner Brust, wie er es immer getan hatte, als ich noch einer der jüngsten Lehrlinge war. »Du hattest

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