Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
Vom Netzwerk:
Schachbrett mit mechanischer Beschwingtheit vorwärts. Die Cherkajer waren weiter zurückgefallen und standen nun hinter einer Reihe Peltasten, nur mehr ein kurzes Stück vor uns. Ich konnte deutlich ihre Gesichter erkennen. Es waren ausschließlich Männer mit Bart, insgesamt an die zweitausend; aber sie hatten bei sich etwa ein Dutzend juwelengeschmückter Mädchen, die in vergoldeten Kanzeln auf dem Rücken schabrackenbedeckter Arsinoitherien ritten.
    Diese Mädchen waren dunkeläugig und dunkelhäutig wie die Männer, erinnerten mich jedoch mit ihren üppigen Leibern und schmachtenden Blicken an Jolenta. Ich machte Daria auf sie aufmerksam und fragte, ob sie wisse, womit sie kämpften, da ich keine Waffe sehe.
    »Möchtest eine, mh? Oder zwei. Ich wette, sie gefallen dir.«
    Mesrop meinte augenzwinkernd: »Ich hätt’ auch nichts dagegen, ein paar davon zu besteigen.«
    Daria lachte. »Sie würden sich wehren wie Alraunen, wenn einer von euch sich ihnen näherte. Sie sind heilig und unantastbar, die Töchter des Krieges. Hast du schon einmal so ein Tier, auf dem sie reiten, aus der Nähe gesehn?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie greifen schnell an und lassen sich von nichts aufhalten, stürmen aber immer geradeaus – unmittelbar auf das Ärgernis zu und ein, zwei Ketten darüber hinaus. Dann bleiben sie stehen und kommen zurück.«
    Ich sah zu. Ein Arsinoitherium hat zwei mächtige Hörner – nicht zwei einzelne wie ein Stier, sondern eines, das sich vom Stirnbein aus teilt wie an einer Hand der abgespreizte Zeige- und Mittelfinger. Sie griffen an, wie Daria gesagt hatte, wobei sie den Kopf senkten, so daß die Hörner dicht über dem Boden standen. Die Cherkajer ordneten ihre Reihen und stürmten wieder voran mit ihren schmalen Lanzen und gegabelten Degen. Die hintendreinzottelnden Arsinoitherien rannten schwerfällig an, senkten den schwarzgrauen Kopf zum Boden und stellen den Schwanz auf, während die großbusigen, dunkelhäutigen Jungfern aufrecht unter ihrem Baldachin standen und sich an den vergoldeten Stäben festklammerten. Anhand der Körperhaltung dieser Damen ließ sich erahnen, daß ihre Schenkel drall wie das Euter einer Milchkuh und rund wie ein Baumstamm waren.
    Die Tiere bahnten sich geradeaus durch das Kampfgetümmel und bohrten sich tief – wenn auch nicht zu tief – in das Schachbrett. Die ascischen Infanteristen beschossen die Seiten der Tiere, die wohl bald brennendem Horn oder Cuirbouilli glichen; sie versuchten, auf ihren Kopf zu klettern und wurden hoch in die Luft geschleudert; sie wollten die grauen Flanken besteigen. Die Cherkajer eilten rasch zur Hilfe, und das Schachbrett schwankte hin und her und verlor ein Karree.
    Während ich das Getümmel aus sicherer Entfernung verfolgte, fiel mir wieder ein, daß ich mir eine Schlacht wie ein Schachspiel vorgestellt hatte. Offenbar hegte noch jemand den gleichen Gedanken und ließ ihn unbewußt Gestalt annehmen.
    »Wie hübsch sie sind«, fuhr Daria fort, um mich zu necken. »Werden mit zwölf erwählt und mit Honig und reinen Ölen ernährt. Ich habe gehört, ihr Fleisch ist so zart, sie können sich nicht auf den Boden legen, ohne blaue Flecken zu bekommen. Also werden ihnen stets Daunenkissen hinterhergetragen, auf denen sie ruhen können. Wenn diese verlorengehen, müssen sich die Damen in den Schlamm legen, der sich ihren Rundungen anpaßt. Die Eunuchen, die für sie sorgen, vermischen ihn mit Wein, der über einem Feuer erhitzt worden ist, damit sie gut schlafen und nicht frieren.«
    »Wir sollten absteigen«, meinte Mesrop, »um unsre Tiere zu schonen.«
    Aber ich wollte das Schlachtgeschehen verfolgen und weigerte mich, obwohl von unserer ganzen Kolonne bald nur mehr Guasacht und ich im Sattel saßen.
    Die Cherkajer waren abermals zurückgeschlagen worden und gerieten nun in das zuckende Feuer einer unsichtbaren Artillerie. Die Peltasten stürzten zu Boden und bedeckten sich mit ihren Schilden. Neue Karrees ascischer Infanterie rückten aus dem Wald an der nördlichen Talseite nach. Der Strom schien kein Ende zu nehmen; mir war, als hätten wir eine unerschöpfliche Übermacht vor uns.
    Dieses Gefühl verstärkte sich, als die Cherkajer ein drittes Mal angriffen. Ein Geschoß fuhr in ein Arsinoitherium und zerriß es mitsamt der Schönheit auf seinem Rücken in blutige Fetzen. Die Infanterie feuerte nun auf diese Jungfern; eine wurde versengt und schrumpfte zusammen, während Kanzel und Baldachin in Flammen aufgingen. Die Karrees

Weitere Kostenlose Bücher