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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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sein kann, wo’s etwas nützt. Wenn die ascischen Pentadaktylen über Nacht kämen, würden sie die Seile kappen, so daß die Flieger davonflögen.«
    Hierauf lächelten die Katzen-Frauen und kicherten insgeheim.
    »Das Seil ist nur zum Landen. Ohne es brauchte unser Flieger eine ausreichende Entfernung, um mittels Vorwärtsbewegung nach unten zu kommen. Da er weiß, wir sind unten, läßt er nun das Tau fallen, wie ein Mann in einem Teich die Hand jemand entgegenstreckt, der ihn herausziehen will. Er hat Verstand, siehst du. Nicht wie Mamillian – einen Verstand, den wir eingebaut haben, der ihm aber immerhin gestattet, selbsttätig Schwierigkeiten zu meiden und herunterzukommen, sobald er unser Signal vernimmt.«
    Die untere Hälfte des Fliegers bestand aus undurchsichtigem schwarzem Metall, auf das eine so klare Kuppel aufgesetzt war, daß sie fast unsichtbar blieb – vermutlich aus dem gleichen Material wie das Dach des Botanischen Gartens. Ein Geschütz ähnlich jenem, welches das Mammut getragen hatte, lugte aus dem Heck hervor, und ein zweites, doppelt so großes ragte aus dem Bug.
    Der Autarch führte eine Hand zum Mund und flüsterte offenbar etwas hinein. Eine Öffnung tat sich in der Kuppel auf (wie wenn eine Seifenblase ein Loch bekommen hätte), und eine silberne Hängeleiter, dünn und fein wie eine Spinnwebe, senkte sich herab. Die halbnackten Männer hatten zu ziehen aufgehört. »Glaubst du, du schaffst es nach oben?« fragte der Autarch.
    »Ich muß mich mit den Händen hochziehn«, gab ich ihm zur Antwort.
    Er kletterte mir voraus, und ich folgte ihm tolpatschig, wobei ich das verwundete Bein hinterherschleppte. Die Sitze, lange Bänke, die beidseitig entlang des runden Rumpfes verliefen, waren mit Pelz ausgeschlagen; dennoch fühlte sich dieses Fell kälter als jedes Eis an. Hinter mir verkleinerte sich die Öffnung und verschwand.
    »Wir haben hier drinnen Oberflächendruck, so hoch wir auch steigen. Mach dir nichts daraus, wenn’s dir scheinbar die Kehle zuschnürt.«
    »Ich fürchte, das ist alles so neu, daß ich gar nicht dazu komme, Angst zu haben, Sieur.«
    »Möchtest du dein altes Bacele sehn? Sie sind ein ganzes Stück rechts von hier, aber ich will versuchen, sie für dich zu finden.«
    Der Autarch hatte sich an die Armaturen gesetzt. So gut wie die einzigen Maschinen, die ich bisher gesehen hatte, waren diejenigen von Typhon und Baldanders und die Gerätschaften, die Meister Gurloes im Matachin-Turm verwendete. Es waren die Maschinen, nicht das Ersticken, was ich fürchtete; aber ich kämpfte diese Furcht nieder.
    »Als Ihr mich gestern abend gerettet habt, habt Ihr mir zu verstehen gegeben, Ihr hättet nicht gewußt, daß ich in Eurem Heer sei.«
    »Ich zog Erkundigungen ein, während du schliefst.«
    »Und wer uns an die Front schickte, das wart Ihr?«
    »Gewissermaßen … Ich gab den Befehl, der eure Verlegung zur Folge hatte, obschon es nichts mit deinem Bacele direkt zu tun hatte. Aber verübelst du mir das? Als du dich freiwillig gemeldet hast, hast du doch nicht etwa geglaubt, du müßtest gar nie kämpfen?«
    Wir rasten in die Höhe. Fielen, wie ich einst befürchtet hatte, mitten in den Himmel hinein. Aber ich besann mich auf den Rauch, den blechernen Klang des Horns, die Reiter, welche die Geschosse zu blutrotem Brei zermalmten, und mein ganzes Entsetzen wandelte sich zu Zorn. »Ich wußte nichts vom Krieg. Wieviel wißt Ihr? Habt Ihr je wirklich an einer Schlacht teilgenommen?«
    Er blickte über die Schulter zu mir zurück und funkelte mich aus seinen blauen Augen an. »An tausend. Du bist zwei – nach gängiger Zählweise. Wieviel, schätzt du, bin ich?«
    Es dauerte lange, bis ich ihm eine Antwort gab.
     

 
Agias Erbarmen
     
    Zunächst glaubte ich, es könnte nichts Seltsameres geben als zu sehen, wie die Armee sich über die Felder der Urth ausbreitete und gewissermaßen wie eine Girlande unter uns ausgebreitet lag, von blitzenden Waffen und Harnischen strotzend und bunt schillernd; mit den geflügelten Anpiels darüber, die fast so hoch wie wir flogen und im Morgenwind kreisten.
    Dann gewahrte ich etwas noch Seltsameres. Es war das Heer der Ascier, eine Streitmacht in wäßrigem Weiß und trübem Schwarz, starr, wie die unsrige beweglich war, aufgestellt am nördlichen Horizont. Ich ging nach vorn, um es zu betrachten.
    »Ich könnte sie dir von noch näher zeigen«, meinte der Autarch. »Aber was du sehen würdest, wären nur Menschengesichter.«
    Ich war mir

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