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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ersparen, tat er dies für Lea. Im Geiste sah er sie schon als junge Frau hinter der Theke stehen, ihre feuerroten Haare zu einem dicken Zopf gebunden, mit einem Lächeln für jeden Kunden. Die schweren Arbeiten würde er natürlich weiterhin übernehmen, schließlich wollte er auch in Leas Jugendjahren noch nicht zum alten Eisen gehören! Aber vielleicht konnte sie später einmal die schriftlichen Dinge erledigen, das Ein- und Ausgabenbuch führen, mit den Lieferanten abrechnen? Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. Es wurde Zeit, nach Hause zu kommen. Zeit, »Leonards« zu öffnen. Wahrscheinlich warteten die ersten Kunden schon vor der Tür auf ihn. Seine Schritte wurden immer schneller.
    Völlig arglos bog er in die Gasse ein, in der das Haus mit dem weiß-roten Ladenschild stand. Keine böse Vorahnung bereitete ihn auf die Katastrophe vor, die ihn dort erwartete. Seine Nase nahm den starken Geruch nach verbranntem Holz wahr, ohne daß seinem Gehirn dabei die unselige Verbindung gelang. Selbst als er vor den lodernden Flammen stand, in denen die Umrisse seines Hauses nur noch schemenhaft zu erkennen waren, konnte er einfach nicht fassen, was er sah. Was geschah. Er war wie gelähmt. Er hörte dieSchreie der Menschen um ihn herum, er sah Leute von einem Haus zum nächsten rennen, Wassereimer in der Hand, und starrte geradeaus ins Leere. Jemand schrie ihn an, ein anderer zog ihn am Ärmel, irgendwo begann eine Frau schrill zu kreischen.
    Der Feuerteufel!
    Barbara.
    Lea!
    Mit einem Schrei, der dem eines tödlich verwundeten Tieres glich, löste Leonard sich endlich von der Stelle, an der er so reglos gestanden hatte. Auf einmal konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Er prallte mit einem Mann zusammen, stieß ihn grob zur Seite. Je näher er an das brennende Haus herankam, desto heißer schlugen ihm die Flammen entgegen. Nichts mehr war zu spüren von der eisigen Kälte des Morgens. Heiliger Vater im Himmel! Alles durfte wahr sein, aber nicht das! Jede Strafe würde er ertragen können, nur diese eine nicht. Lea. Lea. Lea. Nur noch ihr Name dröhnte in seinem Kopf, wurde wie ein Echo von seinem Herzen zurückgeworfen. Er dachte nicht an Barbara, nicht daran, wie das Feuer entstanden sein mochte. Er dachte nicht an die Gefahr für sein eigenes Leben, als er in die brennende Hölle stieg, die sein Zuhause gewesen war. Er dachte nicht an den Verlust von »Leonards« oder daran, wie er einen Teil davon in Sicherheit bringen konnte.
    Er mußte Lea retten.

35
    D ie Nacht des Jahreswechsels hatte sich Sonia nicht unbedingt freiwillig zum Grübeln ausgesucht.
    Sie seufzte. Warum nur hatte sie beim Gedanken an die letzten Wochen das Bedürfnis, sich zu winden wie ein Fisch an der Angel?
    In den letzten Tagen hatte das Stuttgarter Theaterhaus einem Taubenschlag geglichen: Boten waren ein und aus gegangen, die Blumenbouquets, Präsente oder Einladungen zu verschiedenen Feierlichkeiten überbrachten. Die Premiere des neuen Stückes war besser über die Bühne gegangen als die meisten Beteiligten erwartet hatten. Wieder einmal sonnte sich das Stuttgarter Theaterensemble im Glanz des überschwenglichen Lobes. Bei einem heimlichen Blick durch die angelehnte Tür von Melias Boudoir hatte Sonia der blanke Neid gepackt: Der Raum glich einem Blütenmeer, in dem Melias Ankleide und ihr Spiegeltisch wie kleine Inseln unterzugehen drohten. Dessen nicht genug: Nach jeder Abendvorstellung wurde sie von einer anderen Kutsche abgeholt, um sich in den besten Häusern Stuttgarts weiter feiern zu lassen. Sonia würdigte sie dabei mit keinem Blick. Wenn sie sich zufällig in einem der langen Gänge trafen, tat Melia so, als wäre sie Luft für sie. Sonia nahm dies wütend aber hilflos zur Kenntnis. Genauso wie die Tatsache, daß ihr kurzer Auftritt als Haremsdame ihr weder Ruhm noch besondere Bewunderungeingebracht hatte. Von herrschaftlichen Einladungen ganz zu schweigen!
    Deshalb saß sie auch heute abend wieder in ihrer Dachkammer, ohne daß sich irgendein anderes Theatermitglied zu ihr gesellt hätte. Die alte Garde der Schauspieler hatte noch nie viel Interesse an ihr gehabt, Gustav Bretschneider einmal ausgenommen. Das wußte sie. Gustav selbst hatte sich längst mit einer anderen Gespielin getröstet, deren Liebesschreie allabendlich nach der Spätvorstellung aus seinen Räumen drangen. Nicht,

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