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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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undankbare Gedanke ein, daß Lili vielleicht doch zu den etwas weniger wagemutigen Köchinnen gehörte. Doch die hohen Künste der Zuckerbäckerei waren nun einmal am sparsamen Stuttgarter Hof nicht gefragt, wie Lili selbst schon angemerkt hatte. Und außerdem, war es nicht auch eine Kunst, die ländlich-einfachen Süßspeisen in Lilis ausgezeichneter Qualität herzustellen? Plötzlich spürte Eleonore, wie ihr beim Gedanken an Lilis Fruchttörtchen das Wasser im Mund zusammenlief. Nachdem sie Sonia durch mehrere, immer gleich aussehende Schulräume gefolgt war, ein Musikzimmer und einen Raum begutachtet hatte, in dem die Schülerinnen mit bunten Bällen und Reifen spielen durften, reichte es ihr. Außer ihnen war kaum noch jemand hier. Dafür war der Festschmaus im Schulhof – dem Klingen der Gläser und den aufgeregten Stimmen nach – schon voll im Gange. Wahrscheinlich hätte niemand etwas dagegen, wenn auch sie sich von dem Büfett bedienten. Eleonore stand der Sinn nach einem kühlen Glas Fruchtpunsch und einemHeidelbeer- oder Kirschtörtchen. Trotzdem folgte sie Sonia noch die Treppe hinauf in den nächsten Unterrichtsraum, der sich in ihren Augen kaum von den vorherigen unterschied. Daß Sonia zugunsten der Schulbesichtigung auf Lilis Leckerbissen verzichtete, zeigte doch, wie sehr sie die Mädchen um ihre Chance beneidete. Im stillen beschloß Eleonore, Johann bei der nächsten Gelegenheit darum zu bitten, Sonia in die Hofküchenbibliothek mitnehmen zu dürfen. Sicherlich würde er ihr diesen Wunsch nicht verwehren, und dann stünde auch Sonia die Schatztruhe der Bücher offen. Ein stilles Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Könnte sie doch nur Leonard davon berichten, welch gute Wende es mit Sonia genommen hatte! Sobald er in seiner neuen Heimat angekommen und ansässig geworden war, wollte er ihr seine Anschrift mitteilen. Glücklich dachte Eleonore, daß sie sich dann endlich für seine unermüdlich eintreffenden Briefe bedanken und ihm selbst ihr Herz öffnen konnte.
    Es dauerte einen Augenblick, bis sie die seltsamen Geräusche wahrnahm, die vom Schulhof hochdrangen. Schrille Schreie, vermischt mit gurgelndem Würgen. Frauen keuchten, und Mädchen weinten. Ein Überfall? Eine Schrecksekunde lang standen die beiden Schwestern wie angewurzelt da, dann rannten sie beide zum nächsten Fenster und beugten sich, so weit es ging, hinaus. Was sie sahen, war ebenso erschreckend wie unheimlich: Ungeachtet ihrer edlen Roben und der anderen Gäste standen Frauen und Mädchen kopfübergebeugt da und übergaben sich. Zusammengekrümmte Leiber sanken zu Boden. Wer noch stehen konnte, wurde von bösen Krämpfen geschüttelt und hielt sich den Bauch.
    Am nächsten Tag wurde Lili unter dem Verdacht der Giftmischerei ins Staatsgefängnis auf den Hohenasperggebracht, wo sie wenige Wochen später an einer verschleppten und nicht behandelten Lungenentzündung starb. Eleonore wurde von Johann zur neuen Zuckerbäckerin berufen.

18
    N och Wochen später gelang es Katharina nicht, das Grauen dieses Tages zu vergessen. Wieder und wieder sah sie im Geiste die ungläubigen Gesichter der Frauen vor sich, die ihr vertraut hatten und die dieses Vertrauen beinahe mit dem Tod bezahlen mußten. Ganz so schlimm war es am Ende nicht gewesen, doch ein paar Tage hatten die Damen wirklich leiden müssen. Eine schwere Lebensmittelvergiftung hatte Katharinas eiligst herbeigerufener Leibarzt bei all jenen festgestellt, die Kuchen und Torten von dem Büfett gegessen hatten. Es war purer Zufall gewesen, daß Katharina selbst nicht zu den Unglücklichen gehörte. Sie, die sonst von Süßem nicht genug bekommen konnte, war von einer der Mütter auf dem Weg zum Büfett aufgehalten worden. Als die Frau endlich wieder von ihrer Gastgeberin abließ, war die Katastrophe schon geschehen. Ob die Süßspeisen nun vergiftet gewesen oder lediglich verdorben waren, machte im Grunde genommen keinen Unterschied. Es wäre die Aufgabe der Zuckerbäckerin gewesen, schlechtgewordene Zutaten sofort wegzuwerfen und nicht für die Zubereitung von Speisen für die königliche Tafel zu verwenden. An Gift mochte Katharina immer noch nicht glauben. Scheinbar hatte es in den letzten Wochen mehrere kleine Zwischenfälle in der Zuckerbäckerei gegeben, wie eine der beiden Schwestern unter

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