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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Tränen bemerkt hatte, während sie auf den Arzt warteten. In dem ganzenDurcheinander war Sonias Bemerkung untergegangen, doch fielen ihre Worte Katharina später wieder ein. Als sie den Hauptkoch Johann darauf ansprach, mußte er mit zerknirschter Miene zugeben, daß tatsächlich ein verbrannter Kuchen auf Lilis Konto ging. Von mehr wisse er jedoch nicht, doch müsse er in diesem Zusammenhang Eleonore und ihr Geschick lobend erwähnen, die wahrscheinlich aus falsch verstandener Loyalität mehr als einmal die Unzulänglichkeiten der Zuckerbäckerin verdeckt oder wiedergutgemacht hatte.
    Die Entscheidung, Eleonore zur neuen Zuckerbäckerin zu ernennen, war daraufhin die natürlichste Sache der Welt gewesen.
    Wenigstens etwas Gutes war also aus der unglückseligen Geschichte entstanden … Daß das Mädchen etwas im Kopf hatte, hatte Katharina schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt. Trotzdem konnte sie sich nicht so recht daran erfreuen.
    Wie jeden Samstag, hatte der Hofzeremonienmeister den Speiseplan für die nächste Woche neben ihr Gedeck legen lassen. Lustlos studierte sie die Auflistung der Speisen, ohne eine Änderung darin vorzunehmen. Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen blickte Wilhelm vom anderen Tischende zu Katharina hinüber, die mit dem Speiseplan in der Hand ins Leere schaute.
    Es gab noch etwas, das ihr den Appetit gründlich verdarb. Maria Feodorownas Brief brannte wie glühende Kohlen in der seitlichen Tasche ihres dunkelblauen Kleides. Zu bedeutend war ihr der Inhalt erschienen, als daß sie den Brief so einfach offen hätte herumliegen lassen. War dies der richtige Augenblick, um Wilhelm davon zu berichten? Vor allem: War der Inhalt des Briefes überhaupt geeignet, Wilhelms Haß auf Friedrich zu mindern? Oder würde er, wenn er erst einmal um die schrecklichen Umstände des Todes seiner Mutter wußte, den Verstorbenen nur um so mehrverfluchen? Hätte sie doch nur die Toten ruhen lassen, wie Maria Feodorowna ihr angeraten hatte! Doch dazu war es nun zu spät. Sie konnte das traurige Geheimnis nicht mehr vergessen. Und sie trug schwer daran. Sie dachte an das Bildnis der Frau, die sie nie kennengelernt hatte. In einem schweren, goldenen Rahmen hing es direkt hinter Wilhelms Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer. Der Platz war nicht zufällig gewählt worden. Wilhelm mußte sich nur umdrehen, um in das Antlitz seiner Mutter zu blicken. Das Bild zeigte sie im zarten Alter von sechzehn Jahren, kurz nach ihrer Heirat mit dem wesentlich älteren Friedrich. In der Tradition der alten Künstler war sie in einer prächtigen und aufwendigen Robe gemalt worden, die in einem seltsamen Kontrast zu ihrem beinahe noch kindlichen Gesicht stand. Wie so viele der alten Bilder wirkte auch dieses unecht und leblos. Mit einem Buch in der rechten Hand stand sie vor einem Marmorsockel, auf dem ein üppiges Blumenbukett dekoriert war. Geschickt hatte der Maler einen Lichtstrahl auf Augustes Gesicht gezaubert, so daß die Schönheit des Blumengebindes neben ihrem jugendlichen Antlitz fast völlig erblaßte. Daß es dabei den Blick des Betrachters auch auf Augustes leeres Lächeln, die von unerträglicher Langeweile gezeichneten Augen und ihre ein wenig hilflos in die Höhe gezogenen Augenbrauen lenkte, schien er übersehen zu haben. Jedenfalls machte das Mädchen keinesfalls den Eindruck einer jungen und glücklichen Braut, sondern vielmehr den eines Kindes, das sich in einem dunklen Wald verlaufen hatte und sich nun ratlos fragte, wohin es laufen sollte.
    Je länger Katharina darüber nachdachte, desto unschlüssiger wurde sie: Sollte sie Wilhelm von ihren Nachforschungen und deren Ergebnis erzählen, oder sollte sie Auguste Karolines Tod um seinetwillen mit dem Schleier des ewigen Schweigens verhüllen?
    Sie blickte zu Wilhelm hinüber, der sich lustvoll seinem Mahl widmete. Das Unschuldslamm! Er schob Katharinas Verdruß allein auf die Sache mit den vergifteten Speisen. Wenn es nur so wäre! Katharina seufzte leise.
    Lange Entschuldigungsschreiben waren an alle Leidtragenden des Unglücks gesendet worden, und fast alle hatten mit verständnisvollen Worten geantwortet. Schließlich war es nicht Katharinas Schuld gewesen – bei der Hitze dieses Sommers konnte man regelrecht zusehen, wie gute Speisen von einer Stunde auf die andere verdarben. Und außerdem waren alle wieder gesund

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