Die Zuckerbäckerin
geworden. So oder ähnlich hatten alle Antworten geklungen. Aber blieb den Frauen denn etwas anderes übrig, als solche Schreiben zu verfassen? Sie konnten wohl kaum einen lebenslangen Groll gegen die Königin hegen?
Auch daà der Vorfall ihr Wilhelm wieder näher gebracht hatte, erfreute Katharina nicht sonderlich. Hinter seinem Lächeln, seinen tröstenden Worten glaubte sie einen leisen Hauch von Genugtuung zu erkennen. Doch kaum hatte sich dieser böse Gedanke in ihr Hirn eingeschlichen, kämpfte Katharina schon gegen ihn an. Wie konnte sie ihrem Gatten weniger als die ehrlichste Anteilnahme unterstellen? SchlieÃlich ermunterte er sie immer wieder, nicht aufzugeben, sich nicht von einem kleinen Rückschlag entmutigen zu lassen. Er hatte sogar angeboten, ihren nächsten Unternehmungen nicht nur seinen königlichen Segen, sondern auch Hilfestellung in Form von zusätzlichen Beratern zu geben. Trotzdem fiel es ihr schwerer als sonst, Wilhelm zuzuhören, vor allem, wenn er über seine neuesten Schachzüge gegenüber dem Landtag berichtete. Noch immer war keine Einigung über eine neue Verfassung in Sicht, doch scheinbar hatte er Mittel und Wege gefunden, seine Ziele auch ohne die Zustimmung seiner Gegner durchzusetzen. Dementsprechendgut war jetzt seine Laune. Gönnerisch tätschelte er Katharinas Hand.
»So laà dir doch von dieser unseligen Angelegenheit nicht den Appetit verderben! Manchmal muà man eben einen Umweg gehen, um ans gesteckte Ziel zu gelangen! Du kannst mir glauben, geliebte Katharina, als ich Anfang Juni mit meinem KompromiÃversuch abermals gescheitert bin, war ich auch recht entmutigt. Welche Zugeständnisse hatte ich immerhin gegenüber den ständischen Wünschen gemacht! Und was hat es mir genützt? Nichts. Weil sie nicht darauf eingegangen sind. Nun, ich habe meine Lektion daraus gelernt! Sollen sich die Herren im Landtag ruhig weiter über unsere Verfassung streiten. In der Zwischenzeit werde ich die gesamte Staatsverwaltung reorganisieren â und dies nach meinen Vorstellungen!« Er lachte. »Daà ich den Freiherrn von Malchius dafür gewinnen konnte, war ein Glücksfall sondergleichen. Für ihn wie für mich!«
»Freiherr von Malchius?« Katharina zwang sich, Wilhelms Worten zumindest ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl ihr die ganzen unseligen Verfassungskämpfe allmählich gestohlen bleiben konnten! In ihren Augen standen lediglich die Eitelkeiten erwachsener Männer der neuen, modernen Verfassung im Weg â und sonst gar nichts! »War das nicht der frühere Finanz- und Innenminister von Jerome Bonaparte?«
»Das war einmal.« Mit einer abfälligen Handbewegung wischte Wilhelm den Namen seines Schwagers wie eine lästige Fliege vom Tisch. »Doch der Mann ist ein Genie! Elf Organisationsedikte hat er bezüglich der Zentralverwaltung inzwischen vorbereitet, und für die Lokalverwaltung sind fünf weitere vorgesehen. Sind diese erst einmal in die Tat umgesetzt, können sie von mir aus in die neue Verfassung schreiben, was ihnen gefällt.« Doch dannverschwand sein zufriedenes Grinsen, und wütende Linien gruben sich in seine blassen Wangen.
»Das alles hätte schon Jahre früher geschehen können! Durch Vaters Eigensinn und Borniertheit ist kostbare Zeit verlorengegangen. Immer nur geradeaus schauen, nie einmal nach links oder rechts â das war seine Art!« Er warf einen Blick auf das Portrait des Verstorbenen, welches in einer langen Reihe von Bildern an der riesigen Wand des Speisesaales hing. »Es wird nicht mehr lange dauern, bis auch Bayern und Baden administrative Neuerungen, die weitreichende wirtschaftliche Besserungen zum Ziele haben, durchführen. Doch bis es soweit ist, hat Württemberg seine AuÃenhandelsverbindungen so ausgebaut, daà uns keiner mehr überholen kann. Und dann wird unsere Zukunft rosig sein!« Zufrieden lehnte er sich zurück. Martini trat an den Tisch und schenkte aus einem kleinen Kännchen schwarzen, dicken Mocca nach. GenüÃlich nahm Wilhelm einen Schluck. »Friedrich würde Augen machen, wenn er wüÃte, welche ungeahnten Fähigkeiten in seinem Sohn, dem er so gar nichts zutraute, stecken!«
Katharina schaute auf. Wilhelms Worte waren von einem solchen Haà durchtränkt, daà allein das Zuhören schmerzte. Wie war es nur möglich, gegen den eigenen, zudem
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