Die Zufalle des Herzens
Verwandten seiner Frau.«
»Natürlich kann sie das.« Damit drehte sich Dana zu ihrer Nichte um und bemerkte deren Haar – kurz und hochstehend, in ihrer ursprünglichen Lebkuchenfarbe, die nur an den Spitzen noch von einem dunkleren Ton verdeckt war. »Du hast’s gemacht, Alder!«
»Ja, allmählich hat’s genervt. Die Spitzen waren ganz gesplisst.« Als ob das der Grund gewesen wäre. Typisch Alder! Dana musste sie in den Arm nehmen. Sie setzte sich zu ihnen an den Tisch, um eine Einkaufsliste für das Thanksgiving-Essen zusammenzustellen. Ein Truthahn stand nicht darauf.
»Wir machen einen Auberginenauflauf mit Parmesan«, sagte Connie. »Und Tofu.«
»Prima«, sagte Dana, denn es machte ihr wirklich nichts aus. An Thanksgiving würden sie zu viert sein. Nicht dieselben vier wie letztes Jahr – Morgan, Grady und Kenneth würden ihren Truthahn zusammen mit Tina und Goofy in der Liberty Tavern im Magic Kingdom essen.
Trotzdem , dachte sie. Es ist eine gute Besetzung . Und dafür war sie dankbar.
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N eben dem Tofu und den Auberginen kaufte Dana einen Truthahn für die McPhersons, außerdem Zutaten für alle anderen feiertagsgeeigneten Beilagen, die ihr einfielen. Gerne hätte sie gewusst, was die McPhersons normalerweise an Thanksgiving aßen. Mochten sie ihre Süßkartoffeln mit Marshmallows überkrustet, wie sie selbst es ihr Leben lang getan hatte? Oder würden sie das als völlig abartig empfinden? Fast hätte sie zum Telefon gegriffen, wollte aber letztlich nicht stören.
Sie stand früh auf, um den Truthahn in den Ofen zu schieben, was einen Anschein von Normalität vermittelte. Es war genau das, was sie immer an Thanksgiving gemacht hatte. Sie ertappte sich sogar dabei, so zu tun, als wären es Morgan und Grady, die anstelle von Alder und Jet länger schliefen.
Dann kam Connie herunter. »Jetzt brauchst du nur noch eine Zigarette, die dir von den Lippen baumelt, und Haarklammern auf dem Kopf, dann bist du Mom«, sagte sie, während sie sich auf einen Küchenstuhl fallen ließ.
»Das nehme ich mal als Kompliment.«
»Dieser Truthahn stinkt. Wie kannst du den Gestank von brutzelndem Fleisch ertragen?«
»Ich kann’s einfach, Connie«, sagte Dana, die Bratenspritze in der Hand. »Und der hier ist noch nicht mal für mich, deshalb lass uns lieber das Thema wechseln, bevor wir uns an Thanksgiving noch in die Haare kriegen.«
»Wie auch immer«, sagte Connie. Dana beschloss, das als versöhnliche Geste zu betrachten.
»Ich hatte einen Albtraum mit Dad«, sagte Connie. »Hast du auch schon mal welche? Wo du ihn siehst, wie er sich vor ein rasendes Auto wirft oder von was richtig Hohem runterspringt?«
Dana machte den Ofen auf, schob das vordere Ende der Spritze unter den Truthahn, drückte den Balg zusammen und ließ los, worauf das Röhrchen sich mit Bratensaft füllte. »Manchmal«, sagte sie.
»Wie zum Beispiel?«
»Ich weiß es nicht.« Sie begoss den Truthahn bewusst langsam, damit der Ofen nicht vollgespritzt wurde.
»Komm schon.«
»Ich sag doch, ich weiß es nicht.«
»Du hast auch welche – willst nur nicht drüber sprechen.«
Dana machte die Ofentür zu und stand auf. »Nein. Ich habe keine Lust auf Diskussionen über Albträume mit unserem abwesenden Vater oder über die Tatsache, dass meine Kinder nicht hier sind. Und ich will auch nicht über meine völlig desolaten Finanzen reden oder über die Aussicht, vermutlich bald arbeitslos zu sein.« Unter lautem Geklapper warf sie die Bratenspritze in die Spüle. »Herrgott noch mal, Connie, kannst du mich nicht ein einziges Mal in Ruhe lassen – nur für heute?«
Gegen Mittag fuhren Jet und Alder mit Dana zu den McPhersons, um ihnen das Essen zu bringen.
»Wir haben einen Haufen Sachen hier, deshalb habe ich mir Helferinnen mitgebracht«, sagte sie zu Mary Ellen, die ihnen die Tür aufmachte. Dana stellte die Mädchen vor, und dann fingen sie an, Sachen aus dem Auto ins Haus zu tragen. »Außerdem habe ich mich ein wenig über die Regeln hinweggesetzt. Eigentlich sollen wir alles in Einwegbehältern anliefern, aber da ich wusste, dass Sie es gerne hübsch haben würden, habe ich einfach alles servierfertig mitgebracht. Und wehe, Sie spülen irgendwas! Ich komme später alles wieder abholen.«
Die McPherson-Kinder saßen im Wohnzimmer und schauten einen Film. Der ältere Junge und Laura, die Vierjährige, saßen an den beiden Enden des Sofas, den Blick gespannt auf den Fernseher gerichtet. Dana sagte »Hallo«, und Laura
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