Die Zufalle des Herzens
wieder zu Hause zu sein, in seinem eigenen Bett zu schlafen, seine Frau und sein Lieblingskissen wiederzuhaben. An diesem Kissen hatte er einen Narren gefressen. Dana war es gelungen, über die meisten von Kenneths Macken hinwegzusehen – seine heftige Aversion gegen Vergnügungsparks zum Beispiel.
Die Glückseligkeit jedoch, die sich auf seinem Gesicht ausbreitete, wenn er seinen von der Reise ermatteten Kopf auf dieses Kissen legte … die ging Dana auf höchst sonderbare Weise unter die Haut. Als freute er sich mehr über das Kissen als über das Wiedersehen mit ihr . Wenn er unterwegs war, stopfte sie es in den Schrank, holte es aber sofort heraus, wenn er nach Hause kam. Dämliches Kissen. Und sie war auch dämlich, weil sie Energie darauf verschwendete, ein unbelebtes Objekt zu hassen.
Dieses Kissen war längst weg. Bei Kenneths Auszug war es mit der ersten Wagenladung mitgegangen. Wenigstens darüber war Dana froh. Als das Kissen unter dem Arm ihres zukünftigen Exmannes entschwand, hatte sie sich eine zuckerfreie Limonade eingeschenkt und ihm zugeprostet. Einen Moment lang hatte sie sogar vor sich hin gelächelt und den sinnlosen Sieg genossen, obwohl sie den Krieg verlor.
Durch irgendeine Bewegung im Haus wurde Dana wach. Ein Geräusch hörte sie nicht, aber unter ihrer Schlafzimmertür schien die Luft in die falsche Richtung zu wehen. Dann drehte sich der Türknauf und ein matter Lichtschimmer von dem kleinen Nachtlicht im Flur beleuchtete die Umrisse einer Gestalt. Zu groß für ein Kind, aber zu klein für einen Erwachsenen.
Morgan. Sie schlüpfte unter die Decke auf der ehemaligen Seite ihres Vaters. »Schlecht geträumt?«, murmelte Dana.
»Hab noch gar nicht geschlafen.«
»Oh, mein Liebling«, seufzte Dana. Warum konnte Morgan sich nicht einfach hinlegen, ihren Körper zur Ruhe kommen lassen und in die Leere abtauchen? Niemand brauchte Leere in diesen Tagen mehr als Morgan, und niemand bekam weniger davon als sie.
»Vermisst du Dad manchmal?«, fragte Morgan.
Dad vermissen? Wie lautete die richtige Antwort auf diese Rätselfrage aus dem Mund eines Fast-Teenagers? »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen, mein Schatz.«
»Hab mich halt gefragt«, flüsterte Morgan.
»Na ja …«, versuchte Dana Zeit zu schinden. Sie hatte bei Polly zwei Gläser Wein getrunken. Konnte diese Befragung nicht bis morgen warten?
»Und, tust du’s?«
»Hm … in gewisser Hinsicht.«
»In welcher Hinsicht?«
»Ich glaube, ich vermisse es, einen Ehemann zu haben.« Das stimmte. Lieber bei der Wahrheit bleiben oder einer engen Verwandten davon. Morgan wurde gereizt, wenn Dana mit etwas konterte, was sie »Zahnfee-Antworten« nannte.
»Was vermisst du denn genau?«
Ja, was genau? Hilfe mit den Kindern, Unterstützung bei der Haus- und Gartenarbeit, Begleitung zu Abendessen und Partys. Sex. Jemanden zum Reden. Mehr Dinge, als sie sich einzugestehen bereit war.
»Es war schön, seine Hilfe zu haben. Alles allein zu machen ist anstrengender.«
»Fühlst du dich nicht allein?«
Allein . Dana mochte das Wort nicht einmal denken. Trotz der Tatsache, dass sie nur selten einen Moment für sich hatte, war ihr oft, als hätte man sie zu Isolationshaft verurteilt.
»Also, ja oder nein?«
»Manchmal, ja.«
»Glaubst du, dass du je noch einmal heiratest?«
Dana konnte Morgan im Dunkeln kaum sehen. Es war, als würde ihr eigenes Bewusstsein sie befragen. »Irgendwann vielleicht. Darüber denke ich aber nicht besonders viel nach.«
»Warum nicht?«
Weil die Chancen nicht gut standen. Männer in ihrem Alter fuhren auf jüngere Frauen ab. Eine Fünfundvierzigjährige – selbst ohne Kinder – war heutzutage schwer verkäuflich. Und da sie ja nun auch noch Kinder hatte, waren ihre Maßstäbe höher. Nicht für sie selbst, aber für Morgan und Grady. Was sie sagte, war: »Einfach zu viel zu tun, nehme ich an.«
»Ist Polly deine beste Freundin?«
»Sie ist eine sehr liebe Freundin …«
»Aber ist sie auch deine beste Freundin?«
»Ja, vielleicht schon. Sie ist sehr lieb zu mir.« Worauf war Morgan aus? Wozu diese ganze Sorge um das gesellschaftliche Leben ihrer Mutter?
»Glaubst du, sie würde sich je von dir abwenden?«
»Warum fragst du?«
»Ich weiß nicht … Ich glaube, Darby und ich sind irgendwie keine Freundinnen mehr.« Jetzt klang Morgans Stimme leiser und angespannter. »Sie antwortet nicht mal, wenn ich Hi sage.«
»Bist du denn sicher, dass sie dich gehört hat?«
Morgan gab ein kurzes,
Weitere Kostenlose Bücher