Die Zufalle des Herzens
auch! Das hat mir gerade noch gefehlt – ich krieg gleich die Krise!«
»Keine Sorge«, sagte Polly. »Es könnte sich ja auch als unglaublich toll herausstellen. Vielleicht erkennt dieser Typ, welches Glück er hat, und möchte dich wie eine Prinzessin behandeln. Du bist ein guter Fang, Dana. Vergiss das nicht. Du bist der gute Fang.«
»Sind wir erst mal mit allen durch?«, fragte Tony sie an diesem Nachmittag, eine Hand auf die Rückenlehne ihres Schreibtischstuhls gelegt, während er auf ihren Computerbildschirm starrte.
»Ja, wissen Sie, hier in Ihrem Terminplan haben Sie einen weißen Fleck, wo anscheinend nichts passiert.« Dana tippte mit dem Ende ihres Kugelschreibers auf den Bildschirm. »Soll ich da nachbessern, wenn ich neue Termine mache?«
»Bloß nicht!« Er schmunzelte. »Das ist mein Puffer. Normalerweise gleiche ich damit einen Termin aus, der besonders lang gedauert hat, oder ziehe jemanden vor, der zu früh gekommen ist. Aber hin und wieder …« Er schloss die Augen und gab ein leises Schnarchen von sich, »halte ich auch ein kleines Schläfchen! Rufen Sie einfach kurz, wenn der nächste Patient auftaucht.«
Sie dachte, er machte einen Witz, doch als sie später seine Tür aufstieß, saß er, den Kopf an der Rückenlehne ruhend, auf dem großen Polsterstuhl. Sein Gesicht hatte nicht dieses erschlaffte Aussehen eines kürzlich Verschiedenen, das Leute oft haben, wenn sie im Sitzen schlafen, und Dana dachte, er sei vielleicht beim Meditieren. Doch als sie seinen Namen flüsterte, rührte er sich nicht. »Tony«, rief sie eindringlicher. Wieder nichts. Sie durchquerte den Raum und legte ihm die Hand auf den Arm. Seine Augenlider hoben sich zuckend, und er lächelte zu ihr auf, als erwachte er gerade aus der Schlussszene eines wunderbaren Traums.
»Entschuldigung«, sagte sie leise und ließ ihn allein, damit er sich vor seinem nächsten Patienten noch etwas sammeln konnte.
Als sie an diesem Abend vom Praxisparkplatz fuhr, fragte sie sich, worüber er wohl gelächelt hatte, welche Vorstellung eine so zufriedene Miene auf sein Gesicht hatte zaubern können. Und sie überlegte, ob sie wohl je so eng befreundet sein würden, dass sie es sich erlauben könnte, ihn zu fragen.
Als Dana kam, um Grady abzuholen, wurde sie von Amy Koljian an der Tür begrüßt. »Sie sehen fern«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Nein, überhaupt nicht.« Dana lächelte dankbar. Es machte ihr nichts aus, dass ihr Sohn hirnlose Werbung für Kriegsgerät in Kindergröße und ungesunde Mikrowellensnacks angeschaut hatte. Immerhin war er in der Obhut eines Erwachsenen gewesen.
»Sie haben sich schwergetan, etwas zu finden, was sie beide machen wollten«, erklärte Amy mit einem bedauernden Seufzen. »Das Gezanke der beiden hat mich so zermürbt, dass ich schließlich nachgegeben habe.«
Gezanke? Grady zankte nicht mit seinen Freunden. »Das tut mir leid«, sagte Dana erstaunt. »Ich hoffe, Grady hat keine Schwierigkeiten gemacht.«
Amy zuckte die Schultern und schüttelte leicht den Kopf, was so viel wie Weiß der Geier? signalisierte, jedoch nicht, dass Grady keine Schwierigkeiten gemacht hatte. Auf dramatische Weise atmete sie ein, als wollte sie etwas bemerken, besann sich aber eines Besseren und ließ die Luft wieder entweichen. Dann atmete sie kurz durch. »Ich hab mich nur gefragt, ob Grady sich vielleicht an Timmys Erfolg stört. Beim Football, wissen Sie. Coach Ro bevorzugt ihn irgendwie.«
Das wurmte Dana in zweierlei Hinsicht: Jack ging absolut fair mit den Jungs um, und Grady war vielleicht nicht der beste Spieler der Mannschaft, leistete aber ganz sicher seinen Beitrag. »Oh, ich glaube nicht, dass Jack irgendjemanden besonders bevorzugt. Der Quarterback ist eine herausragende Position.« Rasch fügte sie hinzu: »Und Timmy macht das großartig.«
»Jack?«, sagte Amy. »Ist das sein Vorname? Ich glaube, den habe ich noch nie gehört.«
Dana hätte sich in den Hintern beißen können. »Er steht auf der Mannschaftshomepage«, sagte sie, hatte für die Antwort jedoch eine Sekunde zu lang gebraucht und war sich sicher, dass Amy in dieser Zeit begonnen hatte, sich selbst die Frage zu beantworten, wie Dana mit den persönlichen Daten des Trainers so vertraut geworden war. »Ich hole schnell Grady«, sagte sie und ging auf das Wohnzimmer zu, aus dem eine Kinderstimme aus dem Fernsehen befahl: »Versuch’s! Es ist hammermäßig!«
Sie dankten Amy – Dana übermäßig, Grady verhalten
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